DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Beim Konsumgüterkonzern Henkel stehen Umsatz und Profitabilität schon länger unter Druck. Die Belastungen im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie setzen dem Unternehmen nun zusätzlich zu. Konzernchef Carsten Knobel ist dennoch zuversichtlich, dass Henkel gut durch die Krise kommt und setzt den im vergangenen Jahr eingeleiteten Umbaukurs fort. Was bei dem Unternehmen los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

LAGE BEI HENKEL:

Henkel steuert bislang vergleichsweise solide durch die Corona-Krise. Zwar haben die Umsätze gelitten, Kurzarbeit oder Stellenstreichungen stehen jedoch derzeit nicht auf der Agenda. So hatte der Konzern nach jüngsten Aussagen von Henkel-Chef Knobel während des Lockdowns immer mehr als 80 Prozent seiner etwa 180 Standorte weltweit in Betrieb gehalten. Inzwischen läuft die Produktion wieder durchgängig. Finanziell steht das Unternehmen gut da. Im Gegensatz zu anderen Konzernen hat Henkel zudem seine Dividende nicht gestrichen. Staatshilfen brauchen die Düsseldorfer nicht.

Doch auch Henkel steht vor Problemen, insbesondere im margenträchtigen Klebstoffgeschäft, welches ungefähr die Hälfte des Henkel-Geschäfts ausmacht. Hier bekommt das Unternehmen vor allem die Schwäche in der Autoindustrie zu spüren. Die Branche hatte während des Lockdowns viele Werke heruntergefahren. Kurzfristig seien diese Umsatzausfälle nicht zu kompensieren, sagte Knobel jüngst in einem Interview. Dennoch sieht der Manager keinen Grund für einschneidende Veränderungen in diesem Geschäft. Es gebe im Autobereich langfristig ein hohes Potenzial für Klebstoffe, vor allem bei den Elektroautos. Im Vergleich zu den Autos mit Verbrennungsmotor würden hier mehr Klebstoffe gebraucht. Der Wert liege mehr als doppelt so hoch.

Auch die Schließung der Friseursalons hat bei Henkel Spuren hinterlassen. Das Geschäft mit Haarpflege-Produkten für die Salons ist im Zuge der Krise stark zurückgegangen. Robust zeigte sich bislang das Geschäft mit Wasch- und Reinigungsmitteln. Das Konsumgütergeschäft steht bei Henkel derzeit im Fokus. Der Konzern hatte bereits vor der Krise hinter Marken mit insgesamt einer Milliarde Euro Umsatz ein Fragezeichen gesetzt. Von der Hälfte will sich Henkel trennen - entweder durch Verkauf oder Einstellung. Den Rest will Knobel wieder in die Spur bringen.

Im ersten Quartal waren die Erlöse insgesamt lediglich um 0,8 Prozent auf 4,9 Milliarden Euro gesunken. Die Corona-Pandemie belastete den Umsatz dabei mit 100 Millionen Euro. Negative Währungseffekte insbesondere in den Schwellenländern drückten dabei auf die Entwicklung ebenso wie sinkende Preise in den Konsumentengeschäften. Richtig gespürt haben dürfte Henkel die Auswirkungen von Corona im Ende Juni abgelaufenen zweiten Quartal - insbesondere im Friseurgeschäft und in der Klebstoffsparte.

Konkurrent Beiersdorf gab schon einmal einen kleinen Vorgeschmack: Die Umsätze der Hamburger sanken in den Monaten April bis Juni bereinigt um Zu- und Verkäufe sowie Währungseffekte nach vorläufigen Berechnungen um 10,7 Prozent auf 3,5 Milliarden Euro, sowohl im Konsum- als auch im Klebstoffgeschäft verzeichnete Beiersdorf organisch prozentual zweistellige Rückgänge.

Henkel wird am 6. August über das Quartal und dort auch über die Entwicklung der Ergebnisse berichten. Offen ist, ob sich das Unternehmen eine neue Prognose zutraut. Seinen ursprünglichen Ausblick hatte das Management zurückgezogen. Henkel hatte 2020 auf dem Investorentag Anfang März als "Übergangsjahr" bezeichnet. So ging der Dax -Konzern wegen Investitionen sowie eines schwächeren konjunkturellen Umfelds vor allem im Klebstoffgeschäft bereits von sinkenden Ergebnissen aus.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Marktexperten haben das zweite Quartal schon weitgehend abgehakt. Sie blicken bereits nach vorne und erhoffen sich Aussagen zur weiteren Entwicklung. Wirklich interessant seien vor allem die Signale für die zweite Jahreshälfte, kommentierte jüngst Jeremy Fialko von der britischen Bank HSBC, der die Aktie derzeit auf "Halten" gesetzt hat. Auch Nik Oliver von der Schweizer UBS sieht die Quartalszahlen eher als "Nichtereignis". Vielmehr dürften die Anleger auf die Aussichten für das zweite Halbjahr und 2021 achten.

Umsatz und Ertrag sollten unter Druck geraten sein, schätzt auch JPMorgan-Analystin Celine Pannuti. Jörg Frey von Warburg Research nennt das Quartal schon jetzt eines "zum Vergessen". Coronabedingt dürfte der Umsatzrückgang stärker ausfallen als im Auftaktquartal. Ab 2021 rechnet der Experte aber wieder mit einer Margenerholung. Ähnlich sieht es Molly Wylenzek vom Analysehaus Jefferies, die für das kommende Jahr mit einer "deutlichen Erholung" rechnet.

Vorsichtig bleibt die britische Bank Barclays, bei der Iain Simpson alte Probleme von Henkel in Erinnerung ruft. Zwar müsse man aufgrund der Covid-19-Krise für das zweite Quartal auf Gegenwind eingestellt sein, doch größere Sorge bereite ihm der fortgesetzte Marktanteilsverlust im US-Konsumgüterbereich über alle Henkel-Kategorien hinweg, schrieb er jüngst in einer Studie.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Die Henkel-Aktie ist wie andere Konsumgütertitel auch durch die Corona-Krise schwer gebeutelt worden. Notierte die Aktie Anfang Februar noch bei mehr als 96 Euro, rutschte sie bis Mitte März auf ein Tief von etwas über 62 Euro ab - so wenig hatte das Papier seit Anfang 2013 nicht mehr gekostet.

Seitdem erholte sich der Kurs mit einigen kleineren Rücksetzern sukzessive. Derzeit steht die Aktie bei knapp 85 Euro. Damit kommt das Papier im laufenden Jahr auf ein Minus von etwa 8 Prozent. Henkel kommt damit auf eine Marktkapitalisierung von rund 34 Milliarden Euro. Das reicht für einen Platz im Mittelfeld des Dax. Der Rivale Beiersdorf bringt es auf einen Börsenwert von etwas mehr als 25 Milliarden Euro.

Henkel-Aktionäre hatten es in den vergangenen Jahren ohnehin nicht leicht. Zwar legte der Kurs der Vorzugsaktien bis Mitte 2017 kräftig zu und erreichte im Juni des Jahres bei knapp 130 Euro den höchsten Stand seiner Börsenhistorie. Danach ging es jedoch - unter teils heftigen Schwankungen - sukzessive abwärts. So zeigten sich Anleger enttäuscht von der zunehmenden Wachstumsschwäche im Konzern. Investitionen, die das Wachstum ankurbeln sollten, zahlten sich nicht in dem raschen Maße aus wie erhofft und drückten zudem auf die Profitabilität./nas/tav/mis

Quelle: dpa-Afx