DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Das Geschäft mit Haar- und Hautpflege schwächelt schon länger. Die bislang aufgelegten Maßnahmen reichten nicht aus. Nun zieht der Konsumgüterkonzern Henkel
LAGE BEI HENKEL:
Die Haar- und Körperpflegesparte gilt trotz bekannter Marken wie Fa, Schauma oder Schwarzkopf seit Jahren als Sorgenkind. So hinkt der Bereich den anderen Sparten hinterher und ist zudem das margenschwächste Geschäft. Die Zusammenlegung mit dem wesentlich erfolgreicheren Wasch- und Reinigungsmittelgeschäft mit Topmarken wie Persil oder Pril soll hohe Synergien etwa in Verwaltung, Vertrieb, Marketing und der Lieferkette bringen. Dadurch sollen Mittel für weitere Investitionen in das Geschäft frei werden. Details dazu sowie über mögliche Auswirkungen auf die Mitarbeiter blieb das Management um Carsten Knobel bei der Ankündigung Ende Januar zunächst schuldig.
Die beiden Sparten sollen künftig in dem Bereich "Consumer Brands" mit einem Umsatz von insgesamt rund zehn Milliarden Euro gebündelt werden. Insgesamt sei Henkel "nicht da, wo wir sein wollen", hatte Knobel moniert. Es gebe Probleme in einigen Märkten, Knobel nannte insbesondere Nordamerika. Das Produktportfolio soll jetzt weiter ausgemistet werden. Aus Marken und Geschäften, die nicht mehr zum Kernbereich zählen, will der Konzern aussteigen.
Bis 2021 hatte das Unternehmen Marken mit einem Umsatzvolumen von rund 500 Millionen Euro veräußert oder eingestellt, vor allem im Bereich der Haar- und Körperpflege. Die Sparte von Henkel auch jetzt wieder verstärkt im Blick: Hier sollen die weiteren Maßnahmen im laufenden Jahr beginnen, dabei stehen Knobel zufolge Geschäfte mit einem Volumen von fünf Prozent des Umsatzes zur Disposition. Allerdings gehörten auch weitere Zukäufe zur Strategie und sind auch in Bereichen möglich, die bislang nicht einer der beiden Sparten zugeordnet werden können. Zuletzt hat sich Henkel mit dem asiatisch-pazifischen Friseurgeschäft von Shiseido verstärkt.
Eins soll der Umbau jedoch nicht sein: Eine Vorbereitung zur Aufspaltung des Unternehmens. Sowohl die Klebstoffsparte als auch der fusionierte Konsumgüterbereich bleiben Henkel zufolge integrale Bestandteile des Konzerns. Dazu setzte sich das Management neue mittel- bis langfristige Ziele - die sich jedoch wenig von den bisherigen unterscheiden. Geplant ist ein jährliches Umsatzwachstum aus eigener Kraft von drei bis vier Prozent, wobei das Konsumentengeschäft gleichfalls in diesem Tempo wachsen soll. Das Klebstoffgeschäft soll im besten Fall fünf Prozent pro Jahr wachsen.
Für das laufende Geschäftsjahr ist Henkel zurückhaltend. So dürften die hohen Kosten für Rohstoffe, Materialien und Logistik im schlechtesten Fall erheblich belasten und zu einem Ergebnisrückgang führen. Das Umsatzwachstum dürfte im Vergleich zum Vorjahr schwächer ausfallen. Vorläufigen Zahlen zufolge hatte Henkel den Umsatz 2021 organisch um fast acht Prozent gesteigert und ein deutliches bereinigtes Ergebniswachstum erzielt. Die ausführlichen Zahlen will Henkel am kommenden Mittwoch (23.2.) vorlegen.
DAS SAGEN ANALYSTEN:
Marktexperten reagierten auf die Umbaupläne zunächst zurückhaltend - auch wegen der noch fehlenden Einzelheiten. Jedoch hätten sich einige Analysten offenbar mehr Aggressivität gewünscht. So wurde seit längerem die konglomeratsähnliche Struktur moniert und spekuliert, ob sich Henkel von seinem kompletten Beauty-Bereich trennen könnte. Kritisiert wurde hingegen durchweg der vorsichtige Ausblick für das laufende Jahr.
Die strategischen Schritte des Managements seien richtig, eine größere Neuausrichtung des Portfolios aber vorerst vom Tisch, kommentierte etwa Iain Simpson von der britischen Investmentbank Barclays. Von JPMorgan-Expertin Celine Pannuti hieß es, der Markt habe eigentlich einen bedeutenden Portfolioverkauf erwartet. Sie sieht das Update nun als Startschuss. Die Zusammenführung des Konsumentengeschäfts mache einen positiven Eindruck auf sie, so Analystin Molly Wylenzek von Jefferies. Das Vorgehen belege eine neue Fokussierung des Unternehmens auf die eigene Struktur.
Andere gingen härter mit Henkel ins Gericht. Die Zusammenlegung des Konsumentengeschäfts könne zwar Synergien heben, sei aber letztlich eine Defensivmaßnahme, schätzt etwa Christian Faitz von Kepler Cheuvreux, der die Aktie dennoch auf "Buy" einstuft.
Tom Sykes von der Deutschen Bank geht nicht davon aus, dass dadurch die Probleme des Konzerns gelöst werden können. Im Gegenteil: Er hält sogar eine Verschärfung für möglich. Er sehe nicht, wie sich durch die Fusion das Wachstumsprofil verbessern könne. Die Pläne des Konsumgüterherstellers für die Kehrtwende seien nicht überzeugend, urteilte auch Fulvio Cazzol von der Privatbank Berenberg. "Strategisch fragwürdig", hieß es auch bei Pierre Tegner von Oddo BHF.
Der Konsumgüterhersteller teste die Geduld der Investoren, der Ausblick auf 2022 sei enttäuschend, kritisierte Jörg Frey von Warburg Research in seiner Studie. Der Aktienkurs habe nun aber erheblich Luft nach oben.
Dies ist wohl auch ein Grund, warum sieben von 18 der im dpa-AFX-Analyser vertretenen Experten, die seit der Ankündigung Henkels eine Beurteilung abgegeben haben, die Aktie zum Kauf empfehlen. Der Rest steht dem neutral gegenüber. Das Kursziel der 18 Analysten liegt im Schnitt bei gut 81 Euro, wobei zahlreiche Experten ihre Kursziele auf bis zu 68 Euro kappten. Einer, der weiter eine Kauf-Empfehlung abgegeben hat, ist das Bankhaus Metzler, aber auch hier wurde das Ziel gesenkt. Der enttäuschende Ausblick habe die guten Ergebnisse für 2021 überschattet, so Analyst David Varga. Wenn sich der Staub gelegt habe, werde aber das Erholungspotenzial auffallen.
Ebenfalls mit "Outperform" bewertet die kanadische Bank RBC Henkel, sie senkte jedoch ihr Kursziel deutlich von 100 auf 87 Euro. Die Zahlen für 2021 seien gut, der Ausblick auf 2022 sei schlecht und die mittelfristigen Ziele seien irrelevant, solange nicht wieder Vertrauen geschaffen werde, kommentierte Analyst James Edwardes Jones, der auf "bedeutende Verkäufe" in der Sparte Haar- und Körperpflege "in nicht allzu langer Zeit" hofft.
DAS MACHT DIE AKTIE: (17.2.)
Längere Zeit war die Henkel-Aktie etwas vom Radar der Anleger verschwunden. Bei einem Kurs von knapp unter 100 Euro hatte im April vergangenen Jahres ein Abwärtstrend begonnen, der erst Ende Dezember bei einem Kurs von rund 69 Euro gestoppt werden konnte. Der danach einsetzende Erholungskurs trieb das Papier bis Mitte Januar auf wieder über 82 Euro nach oben. Mit dem Kurszuwachs von bis zu 14 Prozent stand Henkel zu dem Zeitpunkt sogar an der Dax
Der Trend wurde mit der Veröffentlichung der neuen Strategie Ende Januar wieder gebrochen, das Papier sackte an dem Tag zweistellig ab und fiel unter die 70-Euro-Marke. In den Tagen darauf stabilisierte sich der Kurs wieder und notiert derzeit bei knapp 74 Euro. "Die Aktien sind günstig, aber es fehlt an Kurstreibern", urteilte zuletzt Barclays-Analyst Iain Simpson.
Damit kommt die Aktie im Jahresverlauf auf ein kleines Plus von insgesamt knapp vier Prozent. Die Marktkapitalisierung liegt bei knapp 13 Milliarden Euro. In den vergangenen zwölf Monaten hat das Papier jedoch rund 13 Prozent verloren. Und auch längerfristig ist die Bilanz tiefrot. Innerhalb der letzten fünf Jahre hat der Wert fast 40 Prozent eingebüßt. Mitte 2017 hatten sie nach einem über Jahre andauernden Aufwärtstrend ein Rekordhoch von rund 130 Euro erreicht./nas/jcf/he
Quelle: dpa-Afx