MANNHEIM (dpa-AFX) - Aktien bleiben im neuen Jahr Experten zufolge attraktiv - trotz Risiken für die Weltwirtschaft durch die Politik des neuen US-Präsidenten Donald Trump. Die gesunkene Inflation erlaubte es den großen westlichen Notenbanken, die Leitzinsen zu senken, was Aktien gegenüber festverzinslichen Anleihen in einem besseren Licht erscheinen lässt. Allerdings sei die Wall Street für Anleger nicht unbedingt die erste Wahl, wie Fachleute auf einem Treffen der Fondsbranche in Mannheim sagten. Vielmehr lohne sich ein Blick nach Europa und Asien.
Grundsätzlich sei das Börsenumfeld weiter positiv, sagte Fondsmanager Jens Ehrhardt von DJE Kapital. In den USA aber seien die Bewertungen bereits "etwas überhypt". Schließlich hätten in den vergangenen zwei Jahren fast nur die wenigen großen Technologiewerte die Börsen angetrieben und damit den ganzen restlichen Markt mit nach oben gezogen. Das Resultat: "Die Stimmung am US-Aktienmarkt kocht über!" Gewisse Kursrückschläge seien von daher denkbar.
Insofern sei der Kurssturz bei US-Techwerten am Montag der letzten Januar-Woche aufschlussreich für die Anleger gewesen, ergänzte Bert Flossbach, Mitgründer des Vermögensverwalters Flossbach von Storch. Zu Wochenbeginn hatte das chinesische KI-Start-up DeepSeek für Furore gesorgt, es könnte den etablierten Unternehmen aus dem Bereich Künstliche Intelligenz Konkurrenz machen. Dessen neuestes KI-Modell soll kosteneffizient sein und womöglich mit weniger starken KI-Chips auskommen als die großen KI-Modelle der etablierten Anbieter.
Interessant war nun Flossbach zufolge die Beobachtung, welche Werte am Montag in Europa im Gegenzug gestiegen seien, nämlich Aktien von Konsumgüterherstellern, Premium-Autobauern und Pharmakonzernen. In all diesen Sektoren seien die Anleger untergewichtet gewesen, sodass sich zu Wochenbeginn die Bewertungen beiderseits des Atlantiks etwas an die Normalität angeglichen hätten. Flossbachs Fazit lautet deshalb: "In Europa findet man einfacher Top-Werte als in den USA."
Ähnlich zuversichtlich äußerten sich die Experten der Fondsgesellschaft DWS: "Europa braucht sich nicht zu verstecken, denn es gehört zu den innovativsten Regionen in der Welt." Und Deutschland rangiere auf dem 133 Ökonomien umfassenden Global Innovation Index immerhin auf Platz 9.
Luca Pesarini, Chefanlagestratege der Investmentgesellschaft Ethenea, setzt dennoch weiter auf US-Aktien. Seiner Meinung nach eröffnen die von Trump angestrebten Steuersenkungen und Deregulierungen, insbesondere im Bankensektor, verschiedene Investmentchancen - nicht nur in der Finanzbranche, sondern auch bei Pharma- und Technologiewerten.
Alles in allem sollte die US-Wirtschaft Pesarini zufolge vergleichsweise stark wachsen, während die Inflation dennoch relativ konstant bleiben dürfte. Denn zum einen sei es das erklärte Ziel von Präsident Trump, die Energiekosten zu senken, was auch die Teuerung insgesamt unter Kontrolle halten dürfte. Zum anderen hat Trump zwar gedroht, seine nationalen Interessen mit potenziell preistreibenden Importzöllen durchsetzen zu wollen; doch die Zölle könnten auch zur Verhandlungsmasse werden, wenn allein die Androhung dieses Instruments genügt, um seine "America First"-Politik durchzusetzen.
Für die Fondsgesellschaft Fidelity International rückt auch Asien im Allgemeinen und China im Besonderen in den Fokus, auch wenn die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt und deren Aktienmarkt immer noch unter den Folgen der Immobilienkrise leiden. "China abzuschreiben, halte ich für einen großen Fehler", sagte Kapitalmarktstratege Carsten Roemheld. Denn Trump habe sich Peking gegenüber zuletzt überraschend milder geäußert als noch vor seiner Amtseinführung. Zudem seien chinesische Aktien nun niedrig bewertet, und in dem Land werde viel an Hochtechnologien gearbeitet - was nicht zuletzt das Beispiel DeepSeek zeige./la/ajx/mis
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-Afx