FRANKFURT (dpa-AFX) - Trotz der Gefahren neuer Corona-Varianten können Anleger am deutschen Aktienmarkt recht zuversichtlich in die Zukunft blicken. Experten zufolge sind die Chancen gut, dass der Leitindex Dax
Der Dax pendelt aktuell noch in einer recht engen Spanne zwischen 15 300 Punkten und dem Mitte Juni erreichten Rekordhoch von etwas mehr als 15 800 Punkten. Von diesem Niveau aus traut nun etwa die Baader Bank dem Dax bis Ende des Jahres einen Anstieg auf bis zu 16 300 Punkte zu. Zwar stehen diese und ähnliche optimistische Prognosen unter dem Vorbehalt, dass sich die Pandemie nicht wesentlich verschlimmert, doch zumindest hat das jüngst wieder aufgetauchte Inflationsgespenst wohl erst einmal einen Gutteil seines Schreckens verloren.
"Die Inflation wird in der zweiten Jahreshälfte wahrscheinlich für Nervosität an den Märkten sorgen. Aber wir glauben, dass es letztlich nicht so einfach ist, die Zentralbanken von ihrer derzeitigen Tendenz für eher spätere als frühere Straffungen abzubringen", schreiben die Marktstrategen der US-Bank JPMorgan mit Blick auf die Angst der Anleger vor schnell steigenden Zinsen und im Zuge dessen fallenden Aktienkursen. Damit könnten die Billiggeldfluten der Notenbanken die Kursrally bis auf Weiteres am Laufen halten.
Die Furcht vor Geldentwertung zählt zu den "Urängsten" vor allem der deutschen Anleger. Sie reicht zurück bis in die frühen 1920er-Jahre, als in der Weimarer Republik die Hyperinflation grassierte und die Wirtschaft zusammenbrach. Heutzutage herrscht die Sorge vor, dass insbesondere die tonangebende US-Notenbank zur Bekämpfung der Inflation eine schärfere Gangart einschlagen und zum Beispiel die Zinsen früher als gedacht erhöhen könnte. Dies würde Aktien im Vergleich zu Anleihen weniger attraktiv machen und Finanzierungskonditionen tendenziell auch für Unternehmen in Europa verschlechtern.
Im bisherigen Jahresverlauf hat die Inflationsangst den Börsenmotor immer wieder mal ins Stocken gebracht. Marktverwerfungen wie zuletzt im Jahr 2018 blieben bislang jedoch aus. Denn zwar haben die US-Währungshüter deutlich gemacht, dass die Suche nach einem Weg aus der Krisenpolitik begonnen hat. Noch sehen die Notenbanker den starken Anstieg der Lebenshaltungskosten aber als vorübergehenden Effekt an, haben also keine Eile mit dem langsamen Ausstieg auf der ultralockeren Geldpolitik.
Und auch in der Eurozone zeichnen sich keine allzu scharfen Bremsmanöver seitens der Europäischen Zentralbank ab. Vielmehr haben sich die Währungshüter jüngst beim Thema Inflation mehr Spielraum verschafft.
"Trotz zwischenzeitlicher Inflationshitze bewahren die Notenbanken zinsseitig weiter kühlen Kopf", schreibt Robert Halver, Leiter Kapitalmarktanalyse bei der Baader Bank. "Trotz viel Stabilitätsakrobatik, die dem Erhalt ihrer Glaubwürdigkeit geschuldet ist, gilt wie bei Hunden: Sie bellen, aber beißen nicht." So gehe es der Europäischen Zentralbank auch darum, die teils hoch verschuldeten Länder der Eurozone politisch zusammenzuhalten.
Derweil kann die Ausbreitung der ansteckenderen Delta-Variante des Virus den Wirtschaftsaufschwung gefährden. "Die Delta-Variante lässt inzwischen in fast allen europäischen Ländern die Infektionszahlen wieder steigen", mahnen die Experten der Commerzbank. Damit steige der Druck auf die Politik, die Corona-Beschränkungen wieder zu verschärfen.
Wichtig ist vor diesem Hintergrund laut Analyst Frank Wohlgemuth von der National-Bank in Essen ein weiterhin hohes Impftempo. Die in den letzten Tagen und Wochen zu beobachtende gewisse Impfmüdigkeit der Bevölkerungen sei daher mit Sorge zu sehen.
Der Ende September anstehenden Bundestagswahl blicken die Anleger derweil recht gelassen entgegen. Umfragen zeigen aktuell einen großen Vorsprung der Union, so dass die CDU wieder den Kanzler stellen könnte. Die Grünen hingegen haben zuletzt den Meinungsforschern zufolge an Beliebtheit eingebüßt, rangieren in der Sonntagsfrage aber noch auf Platz zwei.
"Aus heutiger Sicht dürfte das nach Wahlumfragen wahrscheinlichste Regierungsbündnis, eine 'Große Koalition 2.0' aus den zurzeit führenden Lagern, von Marktteilnehmern positiv gesehen werden, stimmen doch die beteiligten Parteien bezüglich einiger der wichtigsten Themen, etwa Klimaschutz oder Europa, in großen Teilen überein", schreibt Martin Lück, Leiter Kapitalmarktstrategie in Deutschland, der Schweiz, Österreich und Osteuropa bei dem Vermögensverwalter Blackrock. Ein für die Finanzmärkte bedrohliches Linksbündnis aus Grünen, SPD und Linken hingegen sei Stand heute sehr unwahrscheinlich./la/ck/mis/jha/
--- Von Lutz Alexander, dpa-AFX ---
Quelle: dpa-Afx