FRANKFURT/BERLIN (dpa-AFX) - Die Steuer auf Flugtickets von deutschen Abflugorten steigt zum 1. Mai erneut. Das hat Folgen für Urlauberinnen und Urlauber. Zugleich befürchten Reiseveranstalter und Airlines Belastungen in Millionenhöhe und langfristige Probleme durch die Entscheidung der Ampel-Koalition. Die Steueranhebung ist Teil des Maßnahmenpakets, mit dem die Bundesregierung nach einem Urteil des Bundesverfassungsgerichts Milliardenlöcher im Haushalt stopfen will.
Werden Pauschalreisen und Flugtickets künftig teurer?
Wahrscheinlich, denn grundsätzlich müssen Wirtschaftsunternehmen wie Airlines oder Reiseanbieter immer versuchen, zusätzliche Kosten an ihre Kunden weiterzugeben. Steuern und Abgaben machen aber nur einen Teil des Preises einer Pauschalreise aus. Zu Buche schlagen vor allem die Kosten für den Einkauf von Hotelkontingenten und Flugkapazitäten. Wie sich diese entwickeln hängt auch von der allgemeinen Preisentwicklung im jeweiligen Urlaubsland ab. Bei den reinen Flugtickets wirkt sich die Konkurrenzsituation aus, die auf der jeweils gebuchten Strecke herrscht. Ist dort nur ein Anbieter unterwegs, werden die höheren Steuern voraussichtlich im vollen Umfang an die Kunden weitergegeben, was bei scharfer Konkurrenz nicht so einfach wäre.
Wie stark steigen die Steuersätze?
Die Erhöhung betrifft sämtliche Passagierflüge, die von deutschen Flughäfen abheben. Vom 1. Mai an liegen die Steuersätze je nach Endziel der Flugreise zwischen 15,53 und 70,83 Euro pro Ticket. Bislang waren in drei Entfernungsklassen zwischen 12,48 Euro und 56,91 Euro fällig. Die Steigerung zu den erst 2020 kräftig erhöhten Sätzen beträgt zwischen 22,5 und 24,5 Prozent. Bei Europaflügen übertrifft der neue Steuersatz den historischen Tiefstand vom Jahresbeginn 2019 um mehr als das Doppelte. In der EU erheben nur 9 von 27 Mitgliedsstaaten eine Ticketsteuer. Die deutsche Abgabe gehört mit zu den höchsten.
Welcher Steuersatz wird zu meinem Ziel fällig?
Die Steuersätze sind zwar grundsätzlich nach Entfernung gestaffelt, die tatsächliche Entfernung zwischen Start und Ziel spielt aber keine direkte Rolle. Stattdessen hat der Gesetzgeber in Anlagen zum Luftverkehrssteuergesetz Länder aufgelistet, für die der jeweilige Satz gilt. In der niedrigsten Klasse mit 15,53 Euro sind alle europäischen Staaten enthalten einschließlich der Türkei und Russland sowie Algerien. Hier sind typische Urlaubsflüge nach Mallorca ebenso abgedeckt wie ein Geschäftsflug nach London. 39,34 Euro werden fällig bei Flügen in viele afrikanische und asiatische Länder, die bis zu 6000 Kilometer entfernt sind. Typische Ziele sind hier beispielsweise Dubai, Tel Aviv oder Addis Abeba. Für noch längere Flüge etwa nach China oder in die USA beträgt die Ticketsteuer dann 70,83 Euro.
Können Veranstalter und Airlines von ihren Kunden nachträglich die Steuern nachfordern?
Das entsprechende Steuergesetz ist erst Ende März in Kraft getreten, also zu einem Zeitpunkt, zu dem bereits etliche Flugtickets und Pauschalreisen für die Zeit nach dem 1. Mai verkauft waren, die nun unter den erhöhten Steuersatz fallen. Erst ab dem 28. März durften die Unternehmen die höheren Ticketsteuern in ihre Endpreise einberechnen. Die irische Gesellschaft Ryanair
Bei Flugtickets sieht der Bundesverband der Deutschen Luftverkehrswirtschaft (BDL) dennoch keine rechtliche Grundlage für Nachforderungen. Entsprechend hat zum Beispiel die Lufthansa
Anders sieht die Rechtslage für Reiseveranstalter aus: Sie dürfen unter bestimmten Bedingungen die nachträglich erhöhten Kosten an ihre Touristen weitergeben. "Der Vertrag muss das vorsehen und zugleich einen Hinweis darauf enthalten, dass auch umgekehrt der Reisende eine Senkung des Reisepreises verlangen kann, wenn beispielsweise der Kerosinpreis sinkt", erläutert Felix Methmann vom Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv). Erhöhungen nach Vertragsabschluss seien unter diesen Voraussetzungen möglich bei höheren Treibstoffkosten, Erhöhung von Steuern und sonstigen Abgaben für vereinbarte Reiseleistungen oder Änderung der für die Pauschalreise geltenden Wechselkurse. Der Veranstalter müsse die Berechnung der Preiserhöhung offenlegen und die Urlauber spätestens 20 Tage vor Reisebeginn darüber informieren. Veranstalter wie Branchenprimus Tui
Haben die Veranstalter ihre Kunden zur Kasse gebeten?
Die Veranstalter haben die Mehrkosten selbst getragen, sagt der Präsident des Deutschen Reiseverbands (DRV), Norbert Fiebig. "Die sehr kurzfristige Erhöhung der Ticketsteuer bereits zum 1. Mai und damit noch vor Beginn der Hauptreisezeit führt nach unseren Berechnungen zu einer Mehrbelastung bei den Reiseveranstaltern von rund 21 Millionen Euro", sagt Fiebig. "Diese zusätzlichen Kosten können nicht auf die Reisenden umgelegt werden, da eine nachträgliche Erhöhung der Reisepreise bei Pauschalreisen de facto nicht möglich ist", meint er mit Blick auf die damit verbundenen Bedingungen.
Welche langfristigen Folgen befürchten die Touristiker?
Fiebig kritisiert, dass Reisen durch Entscheidungen der Politik immer teurer werde. So könnten ab kommendem Jahr beispielsweise die Luftsicherheitsgebühren um 50 Prozent angehoben werden. "Der Urlaub musste durch Inflation und gestiegene Energiekosten ohnehin schon Preissteigerungen hinnehmen und zusätzlich verteuern auch die politischen Entscheidungsträger das Reisen immer weiter."
Wie viel bringt die Steuererhöhung dem Staat?
Die 2011 von der schwarz-gelben Regierung eingeführte Ticketsteuer brachte im Jahr 2022 knapp 1,2 Milliarden Euro Einnahmen für den Staat ein. In diesem Jahr sollen durch die höhere Ticketsteuer rund 400 Millionen Euro mehr Steuern in die Staatskasse fließen. Für die Folgejahre rechnet die Regierung mit Mehreinnahmen von 580 Millionen Euro.
Welche längerfristigen Folgen drohen im Luftverkehr?
In den vergangenen Jahren wurde nicht nur die Luftverkehrsteuer mehrfach erhöht. Gleichzeitig stiegen die Kosten für die Passagier- und Gepäckkontrollen, für die Leistungen der Fluglotsen auf der Strecke wie beim Starten und Landen und für die Abfertigung an den Flughäfen. Beim Start eines Mittelstreckenjets vom Typ Airbus
Dass Deutschland ein teures Pflaster für Passagierflüge geworden ist, hat den Branchenverbänden zufolge auch langfristige Auswirkungen. Während das Sitzplatzangebot hierzulande erst rund 80 Prozent des Vor-Corona-Niveaus erreicht, wird in den meisten anderen europäischen Ländern längst wieder so viel geflogen wie vor der Pandemie.
Billiggesellschaften wie Ryanair, Easyjet
Quelle: dpa-Afx