FRANKFURT (dpa-AFX) - Nach dem starken Jahresstart an den Börsen sind laut HQ Trust temporäre Rückschläge an den Aktien- und Rentenmärkten wahrscheinlich. Michael Heise, der Chefvolkswirt des Vermögensverwalters, begründete dies am Montag in Frankfurt mit der immer noch hohen Inflation und der Unsicherheit über den Kurs der Geldpolitik im Kampf gegen die Teuerung. "Die Märkte unterschätzen, dass es noch keine Entwarnung für die Notenbanken gibt", sagte der Experte.
Die Inflation dürfte Heise zufolge zwar in der Eurozone und in den USA ihre Höchststände überwunden haben. So seien in Europa die Energiepreise wieder deutlich rückläufig und in den Vereinigten Staaten sei das Lohnwachstum gedämpft. Wegen der immer noch beträchtlichen, schwankungsärmeren Kerninflation (ohne Energie und Lebensmittel) aber dürften die wichtigsten Notenbanken die Leitzinsen erst einmal weiter erhöhen, wenn auch in gedrosseltem Tempo.
Heise rechnet vor diesem Hintergrund mit einer etwas restriktiveren Gangart der Notenbanken als der Gesamtmarkt. Nach Auffassung des HQ-Trust-Fachmanns könnte zum Beispiel die US-amerikanische Fed die Leitzinsen noch viermal um jeweils 0,25 Prozentpunkte erhöhen. Die Europäische Zentralbank (EZB) könnte die Leitzinsen noch zweimal um jeweils 0,5 Punkte und dann zweimal um 0,25 Punkte erhöhen. Die Fed entscheidet am Mittwoch über ihren Kurs und die EZB am Donnerstag.
Für 2023 insgesamt aber ist Heise zuversichtlich gestimmt: "Wir erwarten für die Weltwirtschaft eine Abschwächung der Konjunktur, aber keine tiefe Rezession." Denn die Arbeitsmärkte seien robust, und staatliche Entlastungsmaßnahmen zur Abfederung der hohen Energiepreise wirkten stabilisierend.
Zudem sind die Auftragsbestände der Unternehmen Heise zufolge hoch und die Lieferengpässe hätten sich entspannt. Ferner hätten die Analysten zwar die Gewinnerwartungen für dieses Jahr etwas nach unten revidiert, rechneten aber immer noch mit einem leichten Wachstum.
Unter dem Strich gibt es laut Heise zwar immer noch Belastungsfaktoren für die Börsen. So bleibe die Unsicherheit über die Energieversorgung bestehen und die Risiken mit Blick auf die Corona-Pandemie seien noch nicht völlig überwunden. Auf lange Sicht aber sei bei den aktuellen Gewinnrenditen die Risikoprämie für Aktien gegenüber Anleihen immer noch ordentlich./la/jsl/jha/
Quelle: dpa-Afx