BERLIN (dpa-AFX) - Der Aufstieg in den MDax krönt für Hypoport die Börsen-Rally der vergangenen Jahre. Doch seit rund einem Jahr muss Unternehmenschef Ronald Slabke immer wieder auch mal Rückschläge einstecken. Vor allem sinkende Wachstumsraten ließen das Vertrauen der Aktionäre im vergangenen Jahr auch mal wanken. Doch Slabke - selbst Großaktionär - schafft es immer wieder, den Blick der Anteilseigner von der Schattenseite wegzulenken. Was bei dem Konzern los ist, was Analysten sagen und wie sich der Aktienkurs entwickelt.

DAS IST LOS BEI HYPOPORT:

Eines muss man Slabke lassen: Wenn der Manager prozentual zweistellige Wachstumsraten in Aussicht stellt, wirkt das wie eine Art Mantra. Dass die absoluten bilanziellen Kennziffern beim Finanzdienstleister auch mal hinter den Erwartungen von Analysten und Anlegern zurückbleiben, rückt dabei nicht selten etwas in den Hintergrund.

So war es bei der Vorlage der Zahlen zum vierten Quartal des vergangenen Jahres. Erlöse und operatives Ergebnis blieben hinter den Erwartungen zurück, die Wachstumsrate aber erfüllte die Ansprüche. Und so war es auch, als Hypoport die Ziele für 2021 feststeckte. Die angestrebten Zahlen für Umsatz und operativen Gewinn konnten nicht überzeugen, aber Slabke stellte für "viele weitere Jahre" ein "dynamisches Wachstum" in Aussicht.

In beiden Fällen fiel der Aktienkurs. Doch als es im April erste Indikationen zur Geschäftsentwicklung gab, sprangen die Anleger darauf an. Auch Mitte Juli, als sich das Wachstum bei der hauseigenen Finanzierungsplattform Europace abschwächte, konnte Slabke den Blick auf die positiven Dinge lenken: "Wir konnten in nur leicht wachsenden oder sogar leicht rückläufigen Gesamtmärkten die Volumen unserer B2B-Plattformen deutlich steigern", sagte er mit Blick auf die Zahlen des zweiten Quartals.

Im Firmennetz von Hypoport tummeln sich Unternehmen, die digitale Lösungen für die Kreditwirtschaft, den Wohnungsmarkt und für Versicherungen anbieten. Größtes Segment ist Europace, eine Plattform für Finanzierungen von Immobilien, Bausparprodukte und Ratenkredite. Hypoport war aus der Fusion der 1954 gegründeten Dr. Klein & Co. AG und der Europace AG hervorgegangen. Slabke selbst hatte als Geschäftsführer bei Dr. Klein angefangen und Hypoport 1999 in einem von ihm organisierten sogenannten Management-Buyout übernommen. Das Unternehmen beschäftigt nach eigenen Angaben mittlerweile rund 2200 Angestellte.

Das Geschäftsmodell gruppiert sich in vier Segmente. Über den B2B-Kreditmarktplatz Europace werden Kredite für die Immobilien- und Bauwirtschaft vertrieben. Außerdem bietet Hypoport Unterstützung bei der digitalen Vermarktung, Bewertung und Verwaltung von Immobilien. In dem Segment Privatkunden unterhält Hypoport einen Finanzvertrieb für Verbraucher und betreibt unter anderem die Webseiten Dr. Klein und Vergleich.de. Im vierten Segment bietet Hypoport Unternehmenskunden unter anderem eine Plattform zur Verwaltung von Versicherungspolicen.

Der boomende Immobilien-Markt und die Notwendigkeit der Digitalisierung treiben Hypoport seit vielen Jahren an. Im ersten Quartal musste Hypoport bei der Geschäftsentwicklung jedoch eine Wachstumsdelle einstecken. Im zweiten Jahresviertel ging es aber wieder kräftiger aufwärts.

Dieser Schub kam vor allem aus der Vermittlung von Krediten: Die größte Hypoport-Sparte mit ihrem Kreditmarktplatz Europace steigerte ihren Erlös im zweiten Jahresviertel um 22 Prozent. Und auch das Privatkundengeschäft von Dr. Klein, der Immobilienplattform und die Versicherungsplattform legten von April bis Juni prozentual zuletzt zweistellig zu.

Slabke zeigte sich sicher: "Langfristig schreitet die Digitalisierung von Kredit-, Versicherungs- und Wohnungswirtschaft weiter voran." So stellte er auch für die Jahre nach 2021 bei Umsatz und Ertrag prozentual zweistellige Zuwächse in Aussicht.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Viele Jahre kannten die Papiere von Hypoport eigentlich nur eine Richtung - und zwar steil nach oben. In den vergangenen fünf Jahren hat sich der Aktienkurs des Finanzdienstleisters mehr als versiebenfacht. Doch seit rund einem Jahr ist die Aktie in eine steile Berg-, aber auch Talfahrt übergegangen. Innerhalb der vergangenen 52 Wochen schwankte der Kurs zwischen 400 und 618 Euro.

Nachdem er in der Corona-Krise bis Anfang Oktober 2020 einen monatelangen Höhenflug bis auf 580 Euro hingelegt hatte, brach er binnen gut eines Monats bis auf 400 Euro ein. Wenig später ging es im Februar 2021 auf ein Rekordhoch von 618 Euro nach oben - und bis Ende Juni wieder bis auf rund 416 Euro abwärts. Ab Ende August überschritt die Aktie wieder vorübergehend die 600-Euro-Marke. Dort konnte sie sich aber nicht halten und wurde zuletzt zu rund 590 Euro gehandelt.

Die Anleger scheinen momentan erst mal abzuwarten, ob Hypoport die Vorschusslorbeeren erfüllt. Dabei sind die Aktionäre, die vor fünf Jahren eingestiegen sind und bis heute dabei blieben vermutlich mehr als zufrieden: Sie dürfen sich über eine Kurssteigerung um über 600 Prozent freuen. In den vergangenen drei Jahren hat sich der Aktienkurs immerhin noch mehr als verdreifacht.

Seit dem Jahreswechsel hat das Papier jedoch nur noch um rund 15 Prozent zugelegt und sich damit ähnlich entwickelt wie der SDax , in dem das Papier noch notiert ist. Nach dem Börsengang 2007 war Hypoport erst 2015 aus dem Schattendasein am Kapitalmarkt herausgetreten. Damals ging es innerhalb weniger Monate von etwas mehr als 10 auf 80 Euro nach oben - das war der erste Schub. Ab Mitte 2017 stieg der Kurs dann von 100 Euro stetig an.

Slabke hofft, dass der Aufstieg in den MDax den Papieren noch mal etwas Schub gibt: "Die Eingruppierung unserer Aktien in den zweithöchsten Auswahlindex der Deutschen Börse ist eine klare Bestätigung für den Erfolg unserer Plattformgeschäftsmodelle", ließ er kurz nach Bekanntwerden der Index-Veränderung verlautbaren. Für ihn wäre das gleich doppelt wichtig. Schließlich ist er nicht nur Unternehmenschef, sondern mit knapp 35 Prozent auch Großaktionär. Insgesamt wird Hypoport an der Börse derzeit mit rund 3,8 Milliarden Euro bewertet. Slabkes Anteil ist damit etwa 1,3 Milliarden Euro wert.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Bislang lief die Aktie bei den Analysten eher unter dem Radar, aber dies könnte sich mit dem Aufstieg in den MDax bald ändern. Derzeit gibt es vier von dpa-AFX erfasste Analysten-Meinungen zu Hypoport. Die Experten der Privatbank Berenberg sowie von den Investmentbanken Warburg Research und Pareto Securities raten zum Kauf der Aktie, lediglich das Bankhaus Metzler zum Verkauf.

Metzler-Analyst Jochen Schmitt begründet seine Verkaufsempfehlung vor allem mit Zweifeln, ob Hypoports Geschäftswachstum stark genug ist, um die derzeitige Unternehmensbewertung zu rechtfertigen. Diese Bedenken seien auch angesichts der sich verlangsamenden Wachstumsdynamik wieder aufgelebt, schrieb er Mitte Juli und setzte sein Kursziel von 475 auf 400 Euro herab.

Die drei anderen Analysten sehen die Dinge anders und haben ihre Kursziele noch erhöht. Tim Schuldt von Pareto Securities geht davon aus, dass Hypoports Marktanteil dank der fortschreitenden Digitalisierung weiter zunimmt. Ähnlich argumentiert Marius Fuhrberg von Warburg Research. Banken könnten ihren Kostendruck mit den Lösungen von Hypoport verringern, schrieb er Mitte August. Und auch Gerhard Orgonas von Berenberg begründete sein Kursziel mit dem Wachstumspotenzial des Unternehmens in Verbindung mit höheren Margen.

Das durchschnittliche Kursziel der vier Analysten liegt bei 545 Euro, wobei vor allem das Bankhaus Metzler den Schnitt nach unten zieht. Die drei übrigen Analysten bewegen sich mit ihren Kurszielen sehr nah am jüngsten Kursniveau. Viel Luft nach oben sehen also auch die begeisterten Analysten nicht für die Hypoport-Aktie./lew/stw/zb/stk

Quelle: dpa-Afx