MÜNCHEN (dpa-AFX) - Bei Protesten gegen die Automesse IAA Mobility in München ist es zu Auseinandersetzungen mit der Polizei gekommen. Die Beamten setzten am Freitag mehrmals Schlagstöcke und Pfefferspray gegen Demonstranten ein. Aktivisten und Politiker kritisierten das Vorgehen, während die Polizei es verteidigte. Die IAA-Gegner besetzten ein Haus, das allerdings wieder geräumt wurde, demonstrierten auf mehreren der Open Spaces genannten Aktionsflächen der Automesse in der Innenstadt und blockierten zeitweise erneut eine Autobahn. In der Nacht zuvor wurde das Privathaus von VW
In der Karlstraße, nahe der Altstadt, besetzten Aktivisten am Freitag vorübergehend ein Haus. Als ein Protestzug vor dem Gebäude stoppte, kam es Beobachtern zufolge zum Einsatz von Schlagstöcken und Pfefferspray. Eine Person, die auf einen Baum kletterte, wurde verletzt. Wie genau und wie schwer sei unklar, sagte der Grünen-Landtagsabgeordnete Florian Siekmann, der die Proteste als "Parlamentarischer Beobachter" begleitet hatte. Allerdings sei ein Rettungswagen im Einsatz gewesen. Im Laufe des Nachmittags wurde das Gebäude nach Angaben der Aktivisten von der Polizei geräumt.
Die Polizei äußerte sich zunächst nicht zu möglichen Verletzten aufseiten der Aktivisten, bestätigte aber, dass Beamte im Einsatz verletzt wurden.
Bereits am frühen Vormittag hatte es Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und der Polizei gegeben, die insgesamt mit bis zu 4500 Beamten zur Messe im Einsatz ist. Einem Polizeisprecher zufolge sollen IAA-Gegner versucht haben, eine Polizeiabsperrung an der Theresienwiese zu durchbrechen.
Auf der Fläche, auf der normalerweise das Oktoberfest stattfindet, befindet sich ein Camp der IAA-Kritiker, von dem aus Hunderte Aktivisten und andere Demonstranten aufgebrochen waren. Die Polizei war mit einem Großaufgebot am Ort, die Zahl der Beamten überstieg Beobachtern zufolge die der Demonstranten deutlich.
Ohne direkten Zusammenhang zu diesen Ereignissen wurden am Haus von VW-Chef Diess Schmierereien entdeckt, wie ein Sprecher des Unternehmens in Wolfsburg sagte. Zuvor hatte das Wirtschaftsportal "Business Insider" über den Fall berichtet. "Diess enteignen" habe demnach etwa auf der Tür gestanden. Außerdem sei ein Zettel mit Anschuldigungen gegen einen "Vertreter des deutschen Autokapitals" angeklebt worden. Der Manager habe Strafanzeige erstattet.
Am Freitag gab es Aktionen von IAA-Gegnern auch auf den Open Spaces am Königsplatz und am Odeonsplatz sowie bei einem Bosch-Werk.
Zudem blockierte eine Gruppe von Klimaaktivisten kurzzeitig die für die Messe eingerichtete Sonderspur BlueLane auf der Autobahn A94, die an der Messe vorbeiführt. Aktivisten hatten bereits am Dienstag an mehreren Autobahnen im Raum München Banner angebracht und sich an einigen Brücken abgeseilt. Die Fernstraßen mussten deswegen vorübergehend gesperrt werden. Die Kriminalpolizei in Erding ermittelt in dieser Sache gegen insgesamt 15 Personen.
Insgesamt sieht sich die Münchner Polizei in ihrem Einsatzkonzept bestätigt: Es sei "genau richtig, niederschwellig sowohl Kontrollen durchzuführen als auch hier mit starken Kräften vor Ort zu sein", sagte ein Sprecher. Die Schlagstock- und Pfeffersprayeinsätze begründeten sie damit, dass im Fall der Theresienwiese das Durchbrechen der Absperrung auch eine Form von Gewalt darstelle. Im Fall der Karlstraße damit, dass Beamte gegen Hauswände gedrückt worden seien und sich hätten Raum verschaffen müssen.
Klimaaktivisten kritisierten dagegen das Vorgehen der Polizei und sprachen von "massiver Gewalt" seitens der Polizei, von der man sich aber "nicht einschüchtern" lassen wolle.
Auch auf politischer Ebene ist die Debatte über die Proteste angekommen: Die Grünen-Abgeordnete Claudia Köhler, die die Proteste ebenfalls beobachtete, kritisierte das Vorgehen der Polizei auf der Theresienwiese als "unangebracht". Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Landtag, Katharina Schulze, kündigte auf Twitter an, den Einsatz der Polizei parlamentarisch aufzuarbeiten.
Dagegen hatte CSU-Generalsekretär Markus Blume bereits am Mittwoch getwittert: "Brückenkletterer bleiben bis Messeende eingesperrt! So läuft's in Bayern!" Am Freitag entschied das Landgericht Landshut allerdings, dass fünf Aktivisten frei kommen sollen. Es gab ihrer Beschwerde gegen die Gewahrsamnahme recht. Der Entschluss ist aber noch nicht rechtskräftig. Zuerst hatte der "Münchner Merkur" über die Entscheidung berichtet./ruc/kne/rol/DP/zb
Quelle: dpa-Afx