FRANKFURT (dpa-AFX) - Gabelstapler waren im vergangenen Jahr durch Corona weniger gefragt als sonst. Die Industrie litt unter der Krise und hielt sich mit Investitionen zurück. Das bekam auch Kion deutlich zu spüren. Allerdings konnte der Konzern an anderer Stelle punkten. Was bei dem Unternehmen los ist, was die Analysten sagen und was die Aktie macht.

DAS IST LOS BEIM UNTERNEHMEN:

Den größten Teil seines Umsatzes macht der Frankfurter MDax-Konzern Kion immer noch mit Flurförderzeugen - ein konjunktursensibles Geschäft, das im vergangenen Jahr gelitten hat. Die Umsätze bei Kion in diesem Segment gingen in den ersten neun Monaten um fast 13 Prozent zurück. Die Corona-Krise hat dafür gesorgt, dass die Industrieunternehmen ihr Geld erst mal zusammen halten wollten. Investitionen wurden vielerorts zurückgefahren.

Auf der anderen Seite hat sich der Boom im Online-Handel mit der Pandemie noch verstärkt. Kunden haben 2020 mehr im Internet eingekauft, das wiederum bedeutet für die Unternehmen, dass es mehr Bestellungen und Retouren zu bewerkstelligen gab. Und an dieser Stelle kommt Kion wieder ins Spiel. Denn das Unternehmen bietet außer Gabelstaplern auch automatische Lager- und Sortiersysteme im Segment Supply Chain Solutions an.

In dieser Sparte sind die Umsätze in den ersten drei Quartalen um fast vier Prozent gestiegen, besonders erfreulich aber sind für das Unternehmen die hohen Auftragseingänge. In einem schwierigen Jahr ließ dieser Punkt die Hessen deutlich besser dastehen. Der Auftragseingang lag deshalb insgesamt über dem im Vorjahreszeitraum.

Die Löcher, die mit der Krise im vergangenen Jahr entstanden sind, konnte der Konzern bisher aber nicht stopfen. Nicht nur die Erlöse insgesamt sanken: Vom Konzernergebnis blieb in den ersten neun Monaten im Vergleich zum Vorjahr weniger als die Hälfte übrig. Im Oktober hieß es von Konzernseite mit Blick auf das Gesamtjahr, eine starke Nachfrage nach automatisierten Lager- und Sortiersystemen und anderer Technik für die Lieferkettenlogistik könne den Rückgang nicht ausgleichen.

Mit der Pandemie ging es Kion wie vielen anderen Unternehmen: Auch hier stand die Produktion im Frühjahr teilweise still, auch Kion hatte wegen hoher Unsicherheiten vorsichtshalber seine Prognose einkassiert. Erst im Oktober sahen die Hessen wieder klarer. Der Vorstand rechnet für das vergangene Jahr mit einem Umsatz von 7,85 bis 8,45 Milliarden Euro.

Damit bleibt Kion voraussichtlich klar hinter den 8,8 Milliarden aus dem Vorjahr zurück. Der um Sondereffekte bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) dürfte 465 bis 545 Millionen Euro erreichen. Das wären etwa 36 bis 45 Prozent weniger als im Vorjahr. Nur bei den Auftragseingängen könnte das Unternehmen auch auf Jahressicht besser abschneiden.

Vorsichtshalber hatte sich Kion wegen der Belastungen durch die Corona-Pandemie im vergangenen Jahr eine Kreditlinie besorgt. Um diese wieder kündigen und seinen Schuldenberg abbauen zu können, hat Kion sich Ende des Jahres mit einer Kapitalerhöhung frisches Geld besorgt. Kion beschäftigt weltweit mehr als 34 000 Mitarbeiter. Zu den Marken des Konzerns gehören unter anderem Linde, Still und Dematic.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Knapp die Hälfte der seit Oktober im dpa-AFX-Analyser gelisteten zwölf Experten rät derzeit zum Kauf der Kion-Aktie. Vier plädieren für "Halten", drei sprechen eine Verkaufsempfehlung aus. Das Kursziel der Analysten liegt im Schnitt bei etwas mehr als 70 Euro. Besonders hohe Erwartungen haben die Schweizer Großbank UBS und die Berenberg Bank.

Beide sehen die Aktie bei mehr als 80 Euro. Dabei lobt Analyst Philippe Lorrain von der Berenberg Bank das schon beachtliche Geschäft im Bereich Lagerautomation und Potenzial zur Selbstoptimierung im Segment Industrial Trucks & Services (IT&S).

Die US-Investmentbank Goldman Sachs dagegen rät zum Verkauf mit einem vergleichsweise niedrigen Kursziel von 56 Euro: Die Konsensschätzungen für den Gabelstaplerhersteller seien zu hoch und die Aktie sei im historischen Vergleich teuer. Noch weniger mit einem Kursziel von 45 Euro traut nur die NordLB den Frankfurtern zu.

Positive Stimmen kamen erst Anfang 2021 von der Bank of America: Der Trend zum elektronischen Handel habe sich zum Ende des vergangenen Jahres verstärkt, schrieb Analyst George Featherstone. Davon profitiere das auf Automatisierung spezialisierte Segment Supply Chain Solutions. Die damit einher gehende bessere Qualität der Geschäftsergebnisse spiegele die Aktienbewertung jedoch noch nicht angemessen wider.

DAS MACHT DIE AKTIE

Corona-Einbruch hin oder her: Die Aktien des Frankfurter Konzerns haben die Pandemie mehr als nur weggesteckt. Mit Blick auf die vergangenen zwölf Monate hat das Papier um mehr als ein Fünftel zugelegt und das trotz des heftigen Crashs im ersten Quartal des vergangenen Jahres. Mittlerweile kostet die Aktie fast 77 Euro, der günstigste Preis für das Papier lag im Jahr 2020 bei 32,97 Euro.

Mit dem inzwischen erreichten Niveau ist sogar wieder das Rekordhoch von knapp 82 Euro aus dem Oktober 2017 in Reichweite gerückt. Kion wurde 2013 vom Finanzinvestor KKR an die Börse gebracht. Die Platzierung gelang dabei nur mit Hilfe des chinesischen Industriekonzerns Weichai Power, der sich kurz davor ein großes Paket gesichert hat und inzwischen rund 45 Prozent der Anteile hält.

Nach einem holprigen Start schlug sich Kion am Kapitalmarkt schnell gut. Ausgehend vom Ausgabepreis von 24 Euro ging es für den Kurs bis zum Herbst 2017 um fast 250 Prozent nach oben. Nach dem Rekordhoch im Herbst 2017 war die Luft raus und in den beiden Jahren danach sackte der Kurs auch wegen des Handelskriegs zwischen China und den USA peu à peu ab - und dann kam noch die Corona-Krise hinzu.

Nach der Erholung der vergangenen Monate ist Kion an der Börse wieder mehr als 10 Milliarden Euro wert./knd/men/fba/zb

Quelle: dpa-Afx