DUISBURG (dpa-AFX) - Schon früh hat der Stahlhändler Klöckner & Co auf Digitalisierung gesetzt. Die Strategie beginnt sich nun auszuzahlen. Der neue Vorstandsvorsitzende, Guido Kerkhoff, will diese Entwicklung weiter vorantreiben. Dies soll sich den Plänen des früheren Thyssenkrupp -Chefs zufolge bis 2025 auch deutlich im Gewinn niederschlagen. Die derzeitige Stahlknappheit treibt unterdessen die Preise nach oben, führt aber auch zu Lieferengpässen. Was bei Klöckner & Co los ist, was Analysten sagen und was die Aktie macht.

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Kerkhoff, der den seit 2009 amtierenden Konzernchef Gisbert Rühl nach der Hauptversammlung Mitte Mai abgelöst hat, setzte gleich zu Beginn eine erste Duftmarke und legte seine Pläne für das Unternehmen bis 2025 vor. Er will den Digitalisierungskurs seines Vorgängers intensivieren. So sollen die wesentlichen Digital- und IT-Kompetenzen unter einheitlicher Leitung gebündelt werden. Dabei strebt Klöckner eine größere Effizienz an. Automatisierung, erhöhte Kosten- und Prozesstransparenz sowie eine schlankere Verwaltung sollen die Profitabilität weiter steigern. Beim bereinigten operative Ergebnis (Ebitda) will Kerkhoff so das Vor-Pandemie-Niveau bis 2025 mehr als verdoppeln.

Kerkhoff sieht Klöckner als "digitalen Vorreiter" in der Branche. Bis 2025 will Klöckner die "führende digitale Plattform" für Stahl und weitere Werkstoffe in Europa und Amerika werden. Das Produkt- und Serviceportfolio sowie das Partnernetz sollen ausgebaut werden.

Der neue Chef ist in der Branche kein Unbekannter: Bei Thyssenkrupp wirkte er jahrelang als Finanzvorstand und übernahm dort 2018 den Chefsessel, als der Konzernlenker Heinrich Hiesinger nach Unstimmigkeiten mit den Großaktionären das Handtuch warf. Dort agierte Kerkhoff jedoch glücklos: Nach dem Aus der Stahlfusion mit dem europäischen Arm des indischen Konkurrenten Tata Steel scheiterte er mit einem radikalen Strategiewechsel und nahm nach gerade mal einem Jahr an der Spitze seinen Hut.

Bei Klöckner knüpft er nun an die Strategie seines Vorgängers an. Mit dieser will das Unternehmen wieder wachsen, "vornehmlich organisch und über dem Marktniveau", hieß es bei der Vorstellung. Mögliche Zukäufe seien dabei allenfalls opportunistischer Natur. Gespräche mit Thyssenkrupp über eine Zusammenlegung mit dessen Stahlhandelsgeschäft verneint der Stahlhändler weiterhin.

Die stark schwankungsfreudige Branche befindet sich derzeit im Aufwind. Im ersten Quartal hatte Klöckner dank gestiegener Preise deutliche Zuwächse bei Umsatz und Ergebnis erzielt. Dabei profitierte das Unternehmen von der derzeit herrschenden Materialknappheit, sie hatte verbunden mit langen Lieferzeiten zu deutlichen Preissteigerungen geführt. Diese Entwicklung dürfte nach Einschätzung des Unternehmens zunächst weiter anhalten.

Die Lieferketten seien nahezu "leergefegt", hatte Ex-Chef Rühl bei der Zahlenvorlage erklärt. Die Stahlpreise seien daher im ersten Quartal sowohl gegenüber dem Vorquartal als auch im Vergleich zum Vorjahresviertel erheblich gestiegen. In den USA sei diese Entwicklung noch stärker ausgeprägt als in Europa. Die Steigerungen setzten sich dabei aktuell fort, wenn auch in leicht abgeschwächter Form. Laut dem Klöckner-Management gibt es zum Teil Lieferzeiten bis in das vierte Quartal hinein.

Die Stahlhersteller hatten im vergangenen Jahr im Zusammenhang mit der Corona-Pandemie ihre Produktion zum Teil massiv heruntergefahren. Klöckner zufolge agierten sie trotz der sich erholenden Nachfrage nun mit Vorsicht, um nicht erneut Überkapazitäten zu riskieren.

DAS SAGEN ANALYSTEN:

Marktbeobachter sind derzeit überwiegend optimistisch, was Klöckner angeht. Die im dpa-AFX-Analyser vertretenen Analysten, die zuletzt ihre Einstufung aktualisiert haben, empfehlen die Aktie überwiegend zum Kauf. So lobten sie einhellig die Zahlen im ersten Quartal sowie die erwartete weitere Entwicklung. Der neue Chef kassiert dabei erst einmal Vorschusslorbeeren.

Die Investmentbank Warburg Research etwa hat Mitte Mai die Bewertung von Klöckner bei einem Kursziel von 14 Euro mit "Buy" aufgenommen. Der Stahlhändler sei einer der Vorreiter in der Digitalisierung der Branche, so Analystin Cansu Tatar. Die Bewertung der Papiere sei attraktiv. Auch das Analysehaus Jefferies stuft das Papier mit Kaufen ein, das Kursziel liegt mit 13,80 nur ein wenig niedriger. Der digitale Wandel habe in den vergangenen Jahren bereits klar im Fokus gestanden, heißt es dort. Nun werde es darum gehen, diesen Erfolg in beschleunigtes Kundenwachstum umzulenken und auch die eigenen Angebote und Dienstleistungen zu erweitern, sagte Analyst Alan Spence.

Dieser hatte zuvor bereits die Entwicklung im ersten Quartal gelobt, die über den Erwartungen ausgefallen war. Angesichts eines ebenso robusten Ausblicks auf das zweite Quartal habe er die starken Preistrends klar unterschätzt, räumte der Experte ein.

Auch bei Independent Research kommt die wirtschaftliche Entwicklung gut an, auch wenn Analyst Sven Diermeier zu denjenigen gehört, die die Aktie zum Halten empfehlen. Klöckner habe starke Kennziffern vorgelegt und dürfte 2021 das höchste operative Ergebnis (Ebitda) seit 2008 ausweisen. Zu den Zahlen erläuterte Deutsche-Bank-Analyst Lars Vom-Cleff, dass der Duisburger Stahlhändler ganz erheblich von der starken Branchenkonjunktur profitiere. Das betreffe sowohl die Nachfrage als auch die Preise. Auch die Digitalisierung mache sich bezahlt.

DAS MACHT DIE AKTIE:

Das Papier von Klöckner & Co befindet sich seit Monaten im Aufwind. Die Branchenerholung spielt dabei auch dem Aktienkurs in die Hände. Im März hatte der Kurs erstmals seit 2018 wieder die 10-Euro-Marke geknackt. Ende April wurde ein Jahreshoch von 12,13 Euro erreicht. Aktuell notiert die Aktie mit gut 11,30 Euro darunter. Im laufenden Jahr kommt die Aktie, ausgehend von einem Kurs von gut 8 Euro zu Jahresbeginn, auf ein Plus von rund 40 Prozent.

Dabei waren die Vorzeichen zunächst nicht wirklich günstig. So kämpfte das Unternehmen 2019 mit einer schwächeren Nachfrage und niedrigen Preisen, ausgelöst durch Überkapazitäten in der weltweiten Stahlproduktion. Dies schlug sich auch in den Aktienkursen nieder, die seitdem überwiegend talwärts zeigten. Im Frühjahr 2020 kam dann noch die Corona-Pandemie dazu, die die Aktie im März auf bis unter 3 Euro einbrechen ließ. Danach erholte sich das Papier jedoch sukzessive wieder, so dass sich die Jahresbilanz sehen lassen kann: In den vergangenen zwölf Monaten lag das Plus bei mehr als 180 Prozent.

Auf Fünf-Jahressicht ist die Bilanz nicht mehr ganz so positiv - die Aktie ist derzeit auf dem Niveau wie von vor fünf Jahren. Und an Kurse von über 50 Euro, erreicht vor der Finanzkrise im Sommer 2007, kommt das Papier, dass seit 2006 an der Börse gehandelt wird, bei weitem nicht heran. Mit einer Marktkapitalisierung von rund 1,1 Milliarden Euro gehört Klöckner zu den Leichtgewichten im Kleinwertesegment SDax . Größter Aktionär ist der Unternehmer Friedhelm Loh mit einem Anteil von gut 25 Prozent. Im Dezember vergangenen Jahres hatte er Überlegungen, Klöckner zusammen mit dem US-Finanzinvestor Apollo komplett zu übernehmen, wieder verworfen./nas/ngu/he

Quelle: dpa-Afx