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DANBURY/PULLACH (dpa-AFX) - Der weltgrößte Gasekonzern Linde kommt durch die Corona-Pandemie bislang besser als erwartet. Nach einem Gewinnplus im dritten Quartal erhöhte Linde Anfang November die Messlatte für den Jahresgewinn, obwohl das Unternehmen im Mai noch wegen der weltweiten Corona-Krise sein Gewinnziel gekappt hatte. Zudem erhöht Linde die Dividende für das Schlussquartal und legt erneut ein milliardenschweres Aktienrückkaufprogramm auf. Großes Potenzial sieht der Konzern im Geschäft mit so genanntem grünen Wasserstoff, das er kräftig ausbauen will. Zudem stellt der Konzern Weichen für eine Nachfolge für den derzeitigen Unternehmenschef Steve Angel. Die wichtigsten Punkte für das Unternehmen, was Experten sagen und wie es für die Aktie läuft.

DAS IST LOS BEI LINDE:

Linde ist seit der Fusion mit dem US-Konkurrenten Praxair 2018 der weltgrößte Anbieter von Industriegasen. Der Konkurrent der französischen Air Liquide beliefert die Auto-, Öl-, Chemie- und Metallindustrie genauso wie Lebensmittelhersteller und Krankenhäuser. Den Löwenanteil der Umsätze und Gewinne erwirtschaftet Linde in der Region Amerika, jeweils gut 20 Prozent der Erlöse kommen aus Europa und Asien. Weltweit beschäftigt die Linde plc 80 000 Mitarbeiter. Hauptaktionäre sind angelsächsische Investoren.

Durch die Corona-Krise kommt Linde bislang besser als erwartet. Nach einem Gewinnplus im dritten Quartal erhöhte der Dax -Konzern Anfang November die Prognose für den Jahresgewinn. Es bestehe zwar eine erhebliche Unsicherheit in Bezug auf das Umfeld, sagte Unternehmenschef Angel bei Vorlage der Zahlen. Er vertraue aber auf das Geschäftsmodell und die Leistungskultur, um das Ergebnis und die Barmittel über Jahre hinweg weiter zu steigern.

Für 2020 peilte Linde zuletzt einen um Sondereffekte bereinigten Gewinn je Aktie von 8,05 bis 8,10 US-Dollar an, nach 7,34 Dollar im Vorjahr. Im Mai hatte Linde wegen der weltweiten Corona-Krise das ursprüngliche Gewinnziel von 8,00 bis 8,25 Dollar gekappt und sogar im schlimmsten Fall mit einem Rückgang gerechnet. Auch für 2021 ist Linde-Chef Angel zuversichtlich. "Stabile Volumen vorausgesetzt, bin ich zuversichtlich, dass wir beim Ertrag erneut zweistellig zulegen können", sagte er jüngst dem "Handelsblatt".

Am Unternehmenserfolg will Linde die Aktionäre mit einer höheren Dividende und einem milliardenschweren Aktienrückkaufprogramm beteiligen. Linde verfüge über eine robuste Bilanz und einen anhaltenden Liquiditätsüberschuss, hieß es Ende Januar. Deswegen soll es ein neues Aktienrückkaufprogramm von bis zu fünf Milliarden US-Dollar geben. Es soll das noch bis zum 1. Februar laufende Programm über bis zu sechs Milliarden Dollar ersetzen. Zudem kündigte Linde an, die Quartalsdividende um 10 Prozent auf 1,06 US-Dollar je Aktie zu erhöhen.

Seit dem Zusammenschluss trimmt Angel den Konzern auf Profitabilität. Dies kam Linde 2019 zugute - trotz schwacher Konjunktur erzielte der Konzern mehr Gewinn. Künftig will der Linde-Chef das Geschäft mit Wasserstoff stark ausbauen. Linde erzielt laut Angel schon heute mehr als zwei Milliarden Dollar Umsatz mit Produktion, Vertrieb, Speicherung und Anwendung von Wasserstoff. "Und angesichts der erwarteten Investitionsvorhaben von mehr als 100 Milliarden Dollar denke ich, dass sich unser Wasserstoffgeschäft in Zukunft vervierfachen könnte", sagte er vor wenigen Monaten. Gerade bei großen Transportmitteln wie Lastwagen, Zügen, Fähren und Bussen werde sich Wasserstoff zuerst durchsetzen.

Linde baut auch schon für eine Zeit ohne Angel als Unternehmenschef vor. Wenn alles gut läuft, könnte Vorstandsmitglied Sanjiv Lamba schon in rund einem Jahr den Chefsessel übernehmen, schrieb das "Handelsblatt" jüngst unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen. Lamba, der bereits vor der Fusion mit Praxair bei Linde im Vorstand saß, leitet seit Januar das operative Geschäft. "Das nächste Jahr wird für Lamba das entscheidende sein", sagte Linde-Verwaltungsratschef Wolfgang Reitzle dem Blatt.

Direkt bestätigen wollte er die Spekulationen um die Neubesetzung auf dem Chefsessel nicht. Der Verwaltungsrat werde rechtzeitig über die Nachfolge Angels entscheiden, sagte er. Wenn Lamba in den kommenden ein bis zwei Jahren Linde-Chef wird, dann dürfte Angel Verwaltungsratschef werden. So wollen es beide Fusionspartner. Linde legt am 5. Februar die Bilanz für das Gesamtjahr 2020 vor.

DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:

Die meisten Branchenexperten sind mit Blick auf die Linde-Aktie positiv gestimmt. Von den zehn im dpa-AFX-Analyser seit November gelisteten Experten empfehlen sieben die Anteilsscheine zum Kauf. Drei Analysten sprechen sich dafür aus, die Papiere zu halten. Kein Experte rät zum Verkauf.

Für Analyst Markus Mayer von der Baader Bank sind die Ergebnisse im dritten Quartal "sehr stark" ausgefallen. "Sie fielen auch bei weitem besser aus als die der Wettbewerber." Mayer lobte dabei die fortlaufenden Effizienzverbesserungen und das vorsichtige Preismanagement. Die angehobenen Gewinnziele bedeuteten mit Blick auf die Markterwartungen für das Jahresergebnis je Aktie nun einen Spielraum nach oben von etwa 4 Prozent.

"Deutlich besser als erwartet", nannte Jonas Oxgaard vom Analysehaus Bernstein das dritte Quartal. Die Stärke des operativen Ergebnisses (Ebitda) gehe sowohl auf höher als prognostizierte Umsätze als auch auf die Ausweitung der Margen zurück. Für Analyst Anthony Manning von der Privatbank Berenberg zeigte das dritte Jahresviertel, dass Linde auch unter schwierigen Rahmenbedingungen solide Ergebnisse liefern kann. Es sei beeindruckend gewesen, in welchem Ausmaß das Unternehmen die Schätzungen übertroffen habe.

Die Anhebung der Dividende lässt laut Thorsten Strauß von der NordLB darauf schließen, dass der Industriegaskonzern sein Gewinnziel für 2020 erreicht hat und gute Zukunftsperspektiven sieht. Auch die zusätzlichen Aktienrückkäufe seien aus Aktionärssicht positiv zu beurteilen, da sie den Gewinn je Aktie steigerten. Beide Maßnahmen zusammen haben Analyst Peter Spengler von der DZ Bank zufolge einen Wert von rund 4,7 Milliarden Dollar pro Jahr.

Von der Covid-19-Pandemie sei Linde nur wenig betroffen, so Spengler. Der Konzern generiere zwei Milliarden Dollar mit konventionellen Wasserstoff aus Erdgas. Darüber hinaus betreibe Linde mehr als 80 Elektrolyseanlagen mit einer Gesamtkapazität von 40 Megawatt (MW) zur Herstellung von grünem Wasserstoff. Abhängig von der Nachfrage nach Brennstoffen und technologischen Fortschritt erwarte das Dax-Unternehmen, die Kostenlücke zwischen sauberen und konventionellen Wasserstoff bis 2030 zu schließen. Aufgrund des robusten Geschäftsmodells mit einem stabilen Gesundheitsgeschäft und der guten Positionierung in dem wichtigen Wachstumsmarkt "Grüner Wasserstoff" empfiehlt Spengler die Aktien weiter zum Kauf.

Für Analyst Andrew Stott von der Schweizer Großbank UBS gehört Linde weiter zum Kreis der favorisierten Aktien im Chemiesektor. Der Experte rechnet damit, dass sich Aktien von Industriegase-Konzernen und Herstellern konsumentennaher Chemikalien mittelfristig überdurchschnittlich entwickeln werden. Analyst Tim Jones von der Deutschen Bank sieht beim Aktienkurs mittelfristig Luft nach oben bis mindestens 330 Euro.

SO LIEF DIE AKTIE ZULETZT:

Im Zuge des Corona-Crashs musste die Linde-Aktie bis Mitte März kräftig Federn lassen. Innerhalb weniger Wochen knickte ihr Kurs um gut 37 Prozent auf 130,45 Euro ein. Doch der Einbruch ist schon wieder Geschichte. Nachdem sich vor allem die Industrieunternehmen schneller als erwartet von den Folgen der Pandemie erholt haben, legte die Linde-Aktie wieder kräftig zu - und kletterte Mitte November auf das Rekordhoch von 226,40 Euro. Zuletzt lag der Kurs mit knapp 210 Euro wieder etwas darunter, aber immer noch auf dem Niveau aus dem Februar 2020.

Die Aktien sind seit einiger Zeit gefragt - der Zusammenschluss von Praxair und Linde hat sich für die Investoren bislang ausgezahlt. Seit Ende Oktober 2018 wird die Aktie des fusionierten Unternehmens Linde Plc im Dax gehandelt und hat seitdem mehr als 40 Prozent gewonnen - damit liegt das Papier in diesem Zeitraum im Dax-Spitzenfeld.

Die Anteile der Linde Plc knüpften mit ihrer Entwicklung bisher nahtlos an die Gewinne der Anteile an der Linde AG an. Diese hatten sich seit dem Sommer 2016, als die beiden Unternehmen zum ersten Mal über einen Zusammenschluss gesprochen hatten, um fast 40 Prozent verteuert.

Linde ist mit einem Börsenwert von derzeit 109 Milliarden Euro nach dem Softwarekonzern SAP (133 Mrd Euro) und Siemens (116 Mrd) die Nummer drei im Dax, vor Volkswagen (88 Mrd) und Allianz (80 Mrd).

Mitte August 2016 - also vor den ersten Berichten über eine Fusion mit Praxair - kam Linde gerade mal auf etwas mehr als 25 Milliarden Euro Börsenwert und lag damit noch in der unteren Hälfte des deutschen Leitindex./mne/ngu/fba/zb

Quelle: dpa-Afx