BERLIN (dpa-AFX) - Zumindest bei der Polonaise durch den Essensraum des noblen Schlosshotels im Berliner Grunewald ging es standesgemäß zur Sache. Doch bei aller Freunde über den ersten Titel seit vier Jahren blieb den Profis von Borussia Dortmund
Mit dem fünften Triumph im Wettbewerb nach 1965, 1989, 2012 und 2017 ist der Erfolgshunger der Pokalsieger noch lange nicht gestillt. Schließlich ist das wichtigste Saisonziel für den Bundesliga-Vierten weiter in Gefahr. Noch während das Team auf dem Rasen des Olympiastadions ausgelassen feierte, gab Watzke die Richtung für Trainer Edin Terzic vor: "Jetzt muss er sein erstes halbes Jahr noch krönen mit der Qualifikation für die Champions League", kommentierte er voller Hoffnung. Der im Dezember übergangsweise zum Cheftrainer beförderte Favre-Nachfolger soll auch seine nächste Mission erfüllen und das Team am Sonntag (18.00 Uhr) in Mainz zum Sieg führen.
Der imposante Auftritt im Endspiel machte allen Beteiligten Mut für den Liga-Endspurt. "Ich fühle ganz viel Stolz, weil wir einen sehr guten Weg gegangen sind", sagte Terzic. Nach zuletzt fünf Bundesliga-Siegen in Serie und dem Triumph von Berlin kann die schwierige Saison für den BVB doch noch versöhnlich zu Ende gehen. Terzic gab sich kämpferisch: "Wir haben uns schon auf dem Weg nach Berlin geschworen, dass wir als Pokalsieger noch beide Bundesligaspiele gewinnen wollen."
Der Trainer-Senkrechtstarter, der nach eigenem Bekunden noch nie einen Tropfen Alkohol getrunken hat, erlebte den größten Triumph seiner noch jungen Karriere wie im Rausch. "Seit 2010 bin ich im Mitarbeiterstab von Borussia Dortmund. Ich war hier in Berlin in nahezu jeder Kurve dieses Stadions, um ein Pokalfinale zu sehen. Ich habe mir die Siegerehrung von hinten angeguckt, von der anderen Seite angeguckt. Heute dann selbst auf dem Podest zu stehen, ist unglaublich - ein unbeschreibliches Gefühl", schwärmte der 38 Jahre alte Deutsch-Kroate.
Binnen nur weniger Monate hat Terzic in der Fachwelt ein beachtliches Standing erlangt. Mit dem Pokalsieg dürften die Schlagzeilen über das Interesse anderer Vereine weiter zunehmen. Den Hinweis, dass Erfolg sexy macht, konterte er mit einem Schmunzeln: "Ich schaue jetzt nicht in den Spiegel, und denke, ist der aber sexy. Ich war vorher Co-Trainer, hatte sehr glückliche Jahre und habe keine Angst vor der Zukunft."
Schon in Berlin musste Terzic gleich mehrfach die Frage beantworten, ob es für ihn wirklich eine Option ist, von Sommer an in seiner alten Rolle als Trainer-Assistent dem künftigen BVB-Chefcoach Marco Rose zuzuarbeiten. Genervt winkte er ab: "Das ist ein Tagesgeschäft, wir bekommen ständig auf die Fresse, wenn es nicht läuft, jetzt gönnt uns doch einfach den Abend, um das zu genießen." Von Rose erhielt Terzic direkt eine Gratulation: "Natürlich habe ich das Finale gesehen und mich auch für Dortmund gefreut", sagte Rose vor seinem letzten Heimspiel mit Borussia Mönchengladbach. "Ich habe auch die eine oder andere Nachricht auch an Edin Terzic geschickt."
Watzke stellte berauscht vom mitreißenden Auftritt des Teams Terzic ein formidables Zeugnis aus: "Er hat die Mannschaft im Dezember übernommen, die war halb tot. Und er hat sie zum Leben erweckt, das ist eine Riesenleistung von ihm auf seiner ersten Trainerstation." Noch glaubt der Vereinsboss an einen Verbleib des neuen Trainer-Juwels: "Er hat vor ein paar Wochen seinen Vertrag langfristig verlängert, mit der klaren Erkenntnis, wie es weitergeht. Er ist ein Dortmunder Junge, er spürt den Verein, er atmet den Verein." Dennoch sei man gesprächsbereit, sollte es Terzic zu einem anderen Club ziehen: "Edin hat den Schlüssel in der Hand."
Es spricht für den unter der Regie von Terzic entstandenen neuen Teamgeist, dass die Mannschaft nach dem Abpfiff im Olympiastadion weder einen der beiden Doppeltorschützen Erling Haaland und Jadon Sancho, noch den starken Kapitän Marco Reus in den Mittelpunkt ihrer Jubelfeier stellten. Stattdessen wurde der als unermüdlicher Arbeiter bekannte Pole Lukasz Piszczek wie ein Machtwinner gefeiert. "Ich habe immer gesagt, dass ich den Vertrag verlängert habe, weil ich meine Karriere mit einer Meisterschaft oder mit einem Pokal beenden möchte. Heute haben wir das geschafft", kommentierte der scheidende Piszczek.
Ähnlich selig wie der in Dortmund als Musterprofi verehrte Außenverteidiger wirkte Watzke. Nach den vielen Rückschlägen in dieser Saison machte der Vereinsboss aus seiner Genugtuung über den Titelgewinn keinen Hehl: "Vielleicht wird jetzt irgendwann mal wieder aufgehört zu erzählen, dass wir nicht mehr die Nummer zwei im deutschen Fußball sind. In meiner Amtszeit war es das siebte Pokalfinale. Du schaffst es nicht sieben Mal ins Pokalfinale, wenn du da nicht eine Aussagekraft hast."/bue/DP/jha
Quelle: dpa-Afx