FRANKFURT (dpa-AFX) - Betreiber von Social-Media-Plattformen müssen für rechtsverletzende Inhalte ihrer Nutzer nur unter bestimmten Bedingungen haften. Das entschied das Oberlandesgericht (OLG) Frankfurt am Donnerstag. Demnach können sie nur belangt werden, wenn diese so konkret gefasst sind, dass der Rechtsverstoß offensichtlich ist.
Geklagt hatte der baden-württembergische Antisemitismusbeauftragte Michael Blume. Laut OLG meldete er dem damals noch Twitter genannten Kurznachrichtendienst X mit Anwaltsschreiben eine Vielzahl von Tweets mit aus seiner Sicht rechtsverletzenden Inhalten und forderte zur Entfernung und Unterlassung auf.
X löschte daraufhin den Account eines Nutzers, der sechs der beanstandeten Tweets veröffentlicht hatte. In erster Instanz hatte das Landgericht Frankfurt am Main die Plattform auf den Eilantrag Blumes hin verpflichtet, die Verbreitung von fünf näher benannten Äußerungen des Nutzers über den Kläger zu unterlassen. Dagegen hatte X Berufung eingelegt.
Das OLG wies den Unterlassungsantrag nun ab. Die Beklagte stelle lediglich eine Plattform für Äußerungen Dritter zur Verfügung. Damit hafte sie als Provider für etwaige rechtsverletzende Inhalte erst nach Kenntniserlangung, hieß es zur Begründung. Ein Betroffener müsse die Plattform zunächst mit Beanstandungen konfrontieren, die so konkret gefasst sein müssten, dass der Rechtsverstoß unschwer bejaht werden könne.
Erst dann treffe den Anbieter die Verpflichtung zur weiteren Ermittlung und Bewertung des angezeigten Sachverhalts, entschied der Pressesenat des Gerichts. Blumes Anwaltsschreiben habe keine hinreichende Kenntnis von den Tatsachen vermittelt, aus denen der Plattform eine Rechtsverletzung ohne eingehende rechtliche oder tatsächliche Prüfung erkennbar gewesen sei, erklärte das Gericht. Es sei ohne jegliche Begründung oder Sachverhaltsdarstellung allein von "rechtswidrigen Inhalten" die Rede gewesen.
Ohne Erfolg blieb laut OLG auch Blumes Berufung darauf, dass das von X bereitgestellte Meldeformular kein Textfeld für weitere konkretisierende individuelle Angaben bereitstelle. Das Meldeformular entspreche den Vorgaben des Gesetzes zur Verbesserung der Rechtsdurchsetzung in sozialen Netzwerken (NetzDG) und bezwecke damit in erster Linie eine Kontrolle nach strafbaren Inhalten, stellte das Gericht fest. Zudem wären nähere Angaben sowohl in der Spalte "Inhalt" als auch im Rahmen eines Anhangs möglich gewesen.
Die im Eilverfahren ergangene Entscheidung ist nach Angaben des OLG nicht anfechtbar./nis/DP/men
Quelle: dpa-Afx