DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Fünf agile Divisionen statt zwei Sparten - damit will sich Rheinmetall
DAS IST LOS IM UNTERNEHMEN:
Rheinmetall hat ein Jahr hinter sich, in dem sich das Unternehmen trotz seines anhaltend starken Verteidigungsgeschäfts mit Panzern, Radfahrzeugen, Lkw und Munition nicht von den Folgen der Corona-Krise freimachen konnte. Obwohl die Rüstungssparte einmal mehr beim Umsatz und operativen Ergebnis kräftig zulegte und sich in der Pandemie als Stabilitätsanker erwies, konnte sie die Probleme des Autogeschäfts nicht auffangen.
Das Geschäft mit der Autobranche ist schon länger ein Sorgenkind. Bereits vor der Krise hatten die Düsseldorfer Schwierigkeiten mit der mauen Autokonjunktur, ehe Corona dann mit Wucht zuschlug. Die Erlöse sackten 2020 trotz einer Erholung in der zweiten Jahreshälfte ab, das operative Ergebnis brach ein. Zudem musste der Konzern in der Sparte eine hohe Abschreibung vornehmen, wodurch das Konzernergebnis nach Steuern fast komplett wegbrach. 2019 hatte Rheinmetall noch ein Plus von 354 Millionen Euro erwirtschaftet.
Ungeachtet der Corona-Belastungen blickt Konzernchef Armin Papperger optimistisch nach vorne. Der Manager sieht Rheinmetall für die künftigen Herausforderungen gewappnet und will das brummende Geschäft mit Rüstungs- und Sicherheitstechnik ausbauen.
Helfen soll dabei eine neue Konzernstruktur. Die bisherige Aufteilung in die zwei Sparten Rüstung und Automotive entfällt, stattdessen gibt es nun fünf Divisionen unter direkter Führung des Konzernvorstands. Das soll helfen, den technologischen Austausch zwischen den Bereichen zu forcieren.
Die Neuausrichtung führt das Unternehmen auch weg vom Verbrennungsmotor. So will Papperger sich vom Kolbengeschäft in der Autozulieferung trennen. Denn: Die Nachfrage sinkt perspektivisch, weil diese Teile in Elektroautos nicht mehr gebraucht werden. Dem Manager zufolge gibt es bereits etliche Interessenten für das Kolbengeschäft. Ein Käufer dürfte bis Ende des zweiten oder Anfang des dritten Quartals gefunden sein.
Während der Anteil des klassischen Autozuliefergeschäfts also sinken soll, geht Papperger davon aus, dass Themen wie Elektromobilität in Zukunft von zentraler Bedeutung sein werden. Entsprechend soll ihr Anteil am Geschäft steigen.
Mittelfristig sieht der Konzernchef Rheinmetall auf Wachstumskurs. Der Umsatz im Kerngeschäft soll bis 2025 auf rund 8,5 Milliarden Euro steigen, die mittelfristige Ergebnisrendite wird bei mindestens 10 Prozent erwartet.
Dabei kalkuliert der Manager für 2021 bereits mit einer Erholung von Umsatz und operativer Marge nach dem Corona-Knick 2020 auf Erlöse von knapp 5,9 Milliarden Euro bei einer Marge von 7,3 Prozent.
DAS SAGEN DIE ANALYSTEN:
Seit der Vorlage der 2020er-Bilanz Mitte März haben sich acht der im dpa-AFX-Analyser erfassten Experten näher mit Rheinmetall beschäftigt. Ihr Votum ist nahezu eindeutig: Fast alle attestieren der Aktie einiges an Aufwärtspotenzial und sprechen sich für den Kauf aus.
Dabei traut die US-Investmentbank Goldman Sachs Rheinmetall den größten Sprung zu. Ihr Experte Chris Hallam hat mit einem Kursziel von 142 Euro den höchsten Wert auf dem Zettel. Laut Hallam liegt die Mitte der Zielspanne für 2021 leicht über den ursprünglichen Markterwartungen.
Das Analysehaus Kepler Cheuvreux gibt sich ebenfalls positiv gestimmt. So bleibe das Rüstungsgeschäft die wichtigste Triebfeder, urteilt Analyst Michael Raab. Er kalkuliert im Bewertungsmodell nun mit einer besseren Barmittelabschöpfung. Derweil verweist Christoph Laskawi von der Deutschen Bank darauf, dass der freie Barmittelzufluss (Free Cashflow) im Schlussquartal 2020 stark gewesen sei. Auch mit der Dividende habe Rheinmetall die Erwartungen übertroffen.
Aus Sicht von Christian Cohrs vom Analysehaus Warburg Research ist der Rheinmetall-Ausblick auf 2021 erbaulich. Und auch in den Folgejahren seien die Perspektiven für den Rüstungskonzern und Autozulieferer gut.
Derweil vertritt Sven Weier von der Schweizer Großbank UBS eine klare Meinung: Der starke Cash Flow, die Dividende und der Ausblick belegten, dass die Papiere des Autozulieferers und Rüstungskonzerns unterbewertet seien.
Die einzige Ausnahme bei den ansonsten durchweg positiven Empfehlungen macht Frank Schwope von der NordLB, der bei einem Kursziel von 86 Euro zum Halten rät. Der Experte wurde nach den Jahreszahlen zwar etwas optimistischer, sieht mittlerweile aber ein kleines Kursrisiko.
DAS MACHT DIE AKTIE:
Die Rheinmetall-Aktie hatte den Corona-Crash im vergangenen Jahr deutlich zu spüren bekommen. Bis Mitte März 2020 rauschte sie binnen weniger Wochen auf nur noch etwas mehr als 43 Euro in den Keller, nachdem das Papier Mitte Februar noch rund 100 Euro gekostet hatte. Der Wert hatte sich damit innerhalb von nur gut einem Monat mehr als halbiert.
Eine rasante Erholung führte das Papiere bis Ende Juli bis auf 88,40 Euro - eine Kursverdopplung im Vergleich zum Corona-Crashtief. Maue Quartalszahlen und der Verkauf eines Aktienpakets durch einen Großaktionär drückten den Kurs dann allerdings Ende Oktober wieder bis auf rund 61 Euro.
Ein stark aufgehelltes Börsenumfeld trieb die Titel dann bis Januar auf gut 94 Euro nach oben und damit bis knapp unter das Vor-Krisen-Niveau. Seither tun sich die Papiere mit der Richtungssuche schwer, Anleger warten auf frische Impulse.
Im laufenden Jahr haben die Titel rund 3 Prozent an Wert gewonnen, auf längere Sicht sieht es deutlich besser aus: Seit Ende 2014 beläuft sich das Plus immerhin auf fast 150 Prozent. Zuletzt notierten die Papiere bei rund 89 Euro. Damit sind sie trotz ihrer Erholung seit vom Corona-Crash aber immer noch weit von ihrem Rekordhoch von 119,35 Euro aus dem April 2018 entfernt.
Derzeit kommt Rheinmetall auf eine Marktkapitalisierung von knapp 3,9 Milliarden Euro. Damit liegt der Konzern in Sachen Börsenwert im hinteren Drittel des MDax./eas/mis/fba
Quelle: dpa-Afx