(neu: Analysten im vorletzten und letzten Absatz)

MONTABAUR (dpa-AFX) - Der tagelange Netzausfall seiner Tochter 1&1 und der verzögerte Umzug vieler Kunden auf das neue Netz belasten United Internet schwer. Umsatz und Ergebnis seien dadurch ungeplant belastet, teilten beide Unternehmen am Donnerstagabend in Montabaur mit. Zudem musste 1&1 nach eigenen Angaben mehr Geld für den Aufbau des eigenen Handynetzes ausgeben als geplant. Das alles wirft Zweifel bei Analysten auf, ob es tatsächlich ein viertes Netz in Deutschland geben wird. Die Aktienkurse beider Unternehmen gerieten am Freitag unter Druck.

Die United-Internet-Aktie rutschte um sieben Prozent ab. Das 1&1-Papier notierte sechs Prozent niedriger. Der Kurs der United-Internet-Tochter Ionos bewegte sich kaum.

Im Mai hatte ein fehlerhaftes Software-Update das 1&1-Mobilfunknetz tagelang lahmgelegt und dem Konzern Tausende Sonderkündigungen eingebrockt. Konzernchef Ralph Dommermuth schätzte die Zahl der Kündigungen infolge des Ausfalls auf 50.000. Zudem preschte der Konkurrent Telefonica Deutschland (O2) mit besonders guten Angeboten vor, zuletzt verzeichnete das Unternehmen netto ein Plus von gut 200.000 Verträgen. Unter diesem Druck leidet auch der britische Vodafone-Konzern .

Wegen des anhaltend harten Wettbewerbs stutzte der 1&1-Vorstand im Herbst dann sein Wachstumsziel: Nach Abzug von Kündigungen rechnete er seither noch mit 100.000 bis 200.000 neuen Vertragskunden im Gesamtjahr. Zuvor hatten noch an beiden Enden der Spanne jeweils 100.000 Kunden mehr auf dem Zettel gestanden. Auf Basis vorläufiger Zahlen entschieden sich rund 130.000 Neukunden für 1&1-Produkte.

Auf Konzernebene stieg der Umsatz des vergangenen Jahres unterdessen um knapp zwei Prozent auf 6,3 Milliarden Euro - damit hatten sowohl das Management als auch Analysten im Mittel gerechnet. Das moderate Wachstum erklärte sich United Internet damit, dass der Konzern weniger Endgeräte wie Smartphones und Tablets verkaufte.

Im Tagesgeschäft lief es hingegen nicht so wie erhofft: Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stagnierte bei knapp 1,3 Milliarden Euro und blieb damit hinter den Erwartungen von Vorstand und Branchenkennern. Nach Darstellung von 1&1 verzögert sich der Umzug von Kunden auf das eigene Netz zudem, weil ein Ausbaupartner nicht genug Komponenten vorrätig hatte. Erst ab Oktober sei die Migration von Bestandskunden "wieder umfangreich aufgenommen" worden, sodass geplante Kosteneinsparungen größtenteils nicht möglich waren.

1&1 will für das fehlerhafte Update und die Verzögerungen beim Kundenumzug von seinem Partner entschädigt werden. Branchenkreisen zufolge handelt es sich dabei um den japanischen Rakuten-Konzern . Verhandlungen über entsprechende Entschädigungszahlungen seien bislang nicht abgeschlossen. Bis zur geplanten Vorlage der endgültigen Geschäftszahlen für das vergangene Jahr am 27. März dürften sich die Parteien nicht einigen, hieß es. Insidern zufolge geht es um einen hohen zweistelligen Millionenbetrag.

Deutsche-Bank-Analyst Keval Khiroya verwies darauf, dass 1&1 aufgrund der zunehmenden Komplexität beim Netzaufbau und des aggressiven Preiskampfs die Pläne zum Aufbau eines eigenen Netzes überdenken könnte. Eine Kehrtwende - etwa hin zu einem Modell als Großhandelspartner, einer Konsolidierung oder einem Gemeinschaftsunternehmen - hätte wohl erhebliches Potenzial für den derzeitigen Aktienkurs. Der Mix aus Ausbaukomplikationen, Problemen bei der Kundenmigration und dem verschärften Wettbewerb dürfte bei Investoren Fragen darüber aufwerfen, inwiefern die Kosten für den Netzaufbau und die damit erhofften Erträge gerechtfertigt sind, schrieb Goldman-Sachs-Analyst Andrew Lee. Nach dem Schulterschluss mit Vodafone dürfte ein Szenario ohne eigenes Netz "erhebliche Rendite- und Kurssteigerungen" ermöglichen. UBS-Branchenkenner Polo Tang ist in seinem Urteil da ganz klar: Er erachtet den Netzaufbau klar als "unnötig"./ngu/stw/mis/jha/

Quelle: dpa-Afx