(neu: Aktienkurs aktualisiert, Aussagen vom Management aus Pressekonferenz zu Kundenverhalten und Polyplus-Übernahme)

GÖTTINGEN (dpa-AFX) - Lagerbereinigungen bei den Kunden und der weitgehende Wegfall des Coronageschäfts haben den Pharma- und Laborausrüster Sartorius im ersten Quartal schwer belastet. Zudem sorgten höhere Kosten für eine geringere Profitabilität. Dabei schnitt Sartorius schwächer ab, als Analysten es erwartet hatten. Konzernchef Joachim Kreuzburg geht aber davon aus, dass die Normalisierungseffekte im zweiten Halbjahr keine wesentliche Rolle mehr spielen werden, wie es bei der Zahlenvorlage am Donnerstag in Göttingen hieß. Die Jahresziele für 2023 bestätigte er deshalb. Der Aktienkurs brach dennoch ein.

Am Nachmittag setzte die Aktie mit einem Minus von über 11 Prozent auf gut 342 Euro als Schlusslicht im Dax ihren Abwärtstrend seit Februar fort. Dabei zog sie auch die Papiere von Merck KGaA und dem Dialyseanbieters FMC mit runter.

Sartorius' Auftragseingang sank im ersten Quartal bereinigt um Wechselkurseffekte fast ein Drittel auf 765 Millionen Euro. JPMorgan-Analyst Richard Vosser wertete in einer ersten Reaktion insbesondere die überraschend träge Nachfrage in der Sparte Bioprocess Solutions (BPS) negativ. Hier bietet der Konzern auch Technologien für die Herstellung von Biopharmazeutika sowie Impfstoffen an. Sie macht den Großteil von Sartorius Geschäft aus. Die schwachen Auftragseingänge in dem Segment sorgen Vosser zufolge für Unsicherheit in puncto Geschäftsverlauf 2023, woran auch die Bestätigung der Jahresziele nichts ändere.

Sartorius-Chef Kreuzburg berichtete in einer Telefonkonferenz mit Journalisten, dass sogar Großkunden momentan weniger bestellten, teilweise sogar gar nichts. Viele Unternehmen hatten sich wegen der Lieferkettenprobleme in den vergangenen Monaten die Lager gefüllt, nun werden die Bestände abgebaut und genau das bekommt Sartorius zu spüren.

Branchenexperten waren nicht davon ausgegangen, dass es Sartorius im Auftaktquartal so schmerzlich trifft. Kreuzburgs Ansicht nach bewegten sich die Quartalsergebnisse aber im Rahmen seiner Erwartungen. Dafür spricht ihm zufolge auch die bestätigte Jahresprognose. Die Reaktion an der Börse führte er stattdessen darauf zurück, dass Sartorius traditionell relativ früh in der Berichtssaison Zahlen vorlegte und dabei häufig die erste Überraschung zu spüren bekomme. Die Anleger seien dann auf die vorherrschenden Gegebenheiten in der Branche bereits vorbereitet, sodass die Konkurrenz in Sartorius' "Windschatten" davon womöglich weniger abbekäme.

Bei Sartorius sind mit dem Kursrutsch die in den ersten Wochen des Jahres eingefahrenen Gewinne nun dahin. Von den einstigen Höchstständen über 600 Euro gegen Ende 2021, als die Pandemie bei Sartorius für eine Sonderkonjunktur gesorgt hatte, hat die Aktie sich weit entfernt. Anleger, die seitdem investiert sind, müssen einen Abschlag von rund 45 Prozent verbuchen.

Beim Umsatz erzielten die Göttinger im Auftaktquartal insgesamt mit 903 Millionen Euro 13 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Ohne die Berücksichtigung des Coronageschäfts lag der Rückgang im mittleren einstelligen Prozentbereich, hieß es.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) erreichte 272 Millionen Euro und blieb damit 22 Prozent hinter dem Vorjahreswert zurück. Die entsprechende Marge lag bei 30,1 nach 34,1 Prozent. Unterm Strich verdiente Sartorius mit 93 Millionen Euro sogar weniger als die Hälfte im Vergleich zum Vorjahr.

Für 2023 rechnet der Vorstand weiter mit einem gedrosselten Wachstumstempo. Der Umsatz soll auf Basis konstanter Wechselkurse im unteren einstelligen Prozentbereich steigen. Rechnet man das coronabezogene Geschäft heraus, soll der Umsatz im oberen einstelligen Prozentbereich zulegen.

Vergangenes Jahr hatte Sartorius noch prozentual zweistellige Zuwächse verbucht. Dabei rechnet das Management damit, im laufenden Jahr nahezu keinerlei Umsatz mehr aus Geschäften rund um Corona zu erzielen. Rund ein Prozentpunkt Wachstumsbeitrag soll aus Akquisitionen kommen.

Die operative Marge für das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) soll sich 2023 auf dem Niveau des Vorjahres bewegen, als sie 33,8 Prozent erreicht hatte.

Im Laufe des Jahres steht bei Sartorius sodann der Abschluss der Akquisition von Polyplus an. Die Übernahme des französischen Unternehmens gilt mit 2,4 Milliarden Euro als größte in der Unternehmensgeschichte. Welcher Ergebnisbeitrag daraus erwartet werden kann, ist Kreuzburgs Aussagen zufolge noch offen und deshalb auch, ob die Jahresprognose angepasst werden wird.

Für die Finanzierung der Übernahme sieht der Manager langfristige Instrumente wie Bonds als Möglichkeit, schloss aber auch eine Kapitalerhöhung bei Sartorius Stedim nicht aus. Die Aktien der Biotechnologie-Tochter sind an der französischen Börse notiert./lew/knd/mis

Quelle: dpa-Afx