(neu: Details, nur Stiko)
BERLIN (dpa-AFX) - Angesichts der schnellen Ausbreitung der besonders ansteckenden Delta-Variante in Deutschland passt die Ständige Impfkommission (Stiko) ihre Corona-Impfempfehlung an. So sollen Menschen, die eine erste Dosis Astrazeneca
Die Expertinnen und Experten begründen den Rat zur Kombination von Vektor- und mRNA-Impfstoff damit, dass die Immunantwort nach dem Verabreichen von zwei verschiedenen Präparaten der Immunantwort nach zwei Dosen Astrazeneca "deutlich überlegen" sei. Fachleute sprechen von einem heterologen Impfschema. Dieses hatte die Stiko bisher nur jüngeren Menschen angeraten, die bereits eine Erstimpfung mit Astrazeneca bekommen hatten, bevor dieser Impfstoff nur noch für Impfwillige ab 60 Jahren empfohlen wurde.
Die Stiko teilte nicht mit, auf welche Daten zu den Immunantworten sie sich bezieht. In letzter Zeit veröffentlichten mehrere Teams dazu erste Ergebnisse. Wie etwa die Universität des Saarlandes kürzlich mitgeteilt hatte, ergab eine Analyse der Antikörper-Bildung, dass eine kombinierte Astra-Biontech-Impfung ebenso wie eine zweifache Biontech-Impfung eine wesentlich höhere Wirksamkeit zeigte als eine zweifache Astrazeneca-Impfung. "So konnten bei den beiden erstgenannten Varianten etwa zehnmal mehr Antikörper im Blut nachgewiesen werden", hieß es. Die Ergebnisse sind noch nicht in einem begutachteten Fachblatt erschienen. Auch das "Ärzteblatt" berichtete kürzlich anhand weiterer Quellen, dass Impflinge bei diesem Schema eine besonders starke Immunantwort entwickeln könnten.
Die Kehrseite könnten Impfreaktionen sein: Einer "Lancet"-Studie zufolge haben Impflinge bei zwei unterschiedlichen Produkten eine erhöhte Wahrscheinlichkeit für milde und moderate Impfreaktionen nach der zweiten Dosis.
Die Empfehlung zur Kombination von Vektor- und mRNA-Impfstoff gelte ausdrücklich nur für Erstgeimpfte und nicht für Menschen, die bereits zwei Dosen Astrazeneca bekommen haben, hieß es auf Anfrage beim Robert Koch-Institut (RKI). Ob und wann eine Auffrischimpfung für vollständig Geimpfte nötig ist, ist demnach noch nicht klar. Die Stiko werde sich dazu äußern, sobald entsprechende Evidenz vorliegt.
Die Stiko betonte, es sei angesichts der deutlich ansteckenderen Delta-Variante wichtig, die zweite Impfstoffdosis "zeitgerecht wahrzunehmen". Nach nur einer Impfstoffdosis scheine der Schutz gegen Delta "deutlich herabgesetzt" zu sein. Der Schutz vor schweren Krankheitsverläufen durch Delta sei nach vollständiger Impfung im Vergleich zum Schutz vor anderen Corona-Varianten ähnlich gut, hieß es unter Berufung auf Daten aus dem Vereinten Königreich.
Auch beschleunigte zweifache Impfungen mit mRNA-Präparaten sind nun durch die Stiko-Mitteilung gedeckt: Bisher empfahl sie, sechs Wochen zwischen den zwei Dosen verstreichen zu lassen. Im aktuellen Statement schreibt das Gremium, dass im schnellsten Fall nur drei Wochen bei Biontech und vier Wochen bei Moderna vergehen können. Diese Zeiträume sind im Rahmen der Impfstoff-Zulassung gedeckt und wurden teils auch schon von Impfzentren oder Ärzten umgesetzt. Die bisherige Stiko-Empfehlung hatte auch mit knappen Impfstoffmengen zu tun. Die wissenschaftliche Begründung der Stiko wird nach RKI-Angaben für die nächste Woche erwartet.
Ob eine allgemeine Impfempfehlung für Kinder und Jugendliche ausgesprochen wird, werde weiter genau geprüft, sagte Stiko-Leiter Thomas Mertens in einem Interview für die ZDF-Sendung "Maybrit Illner". Er sehe bislang keine Hinweise auf schwerere Krankheitsverläufe durch die Delta-Variante bei Kindern und Jugendlichen. Natürlich wisse die Stiko, dass es vermehrt Fälle geben werde, wenn man sie nicht impfe. Aber die Auswirkungen auf die Zahl der Krankenhausbehandlungen sowohl in dieser Altersgruppe als auch in der Gesamtbevölkerung seien "eher gering".
Das RKI schätzt, dass diese Woche in Deutschland bereits mindestens jeder zweite Corona-Fall auf Delta zurückgeht. Die Mutante werde auch bald in Deutschland vorherrschend sein, nun müssten die absoluten Infektionszahlen möglichst niedrig gehalten werden, sagte Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) am Donnerstag in Berlin. Noch entwickelt sich die Sieben-Tage-Inzidenz bundesweit rückläufig, es wird aber eine Trendwende befürchtet./ggr/vl/DP/nas
Quelle: dpa-Afx