(neu: Zitate von Rückkehrern in Frankfurt)

BERLIN (dpa-AFX) - Der ersten Deutschen sind mit Lufthansa -Sonderflügen aus dem von der islamistischen Hamas angegriffenen Israel nach Hause zurückgekehrt. Die erste Sondermaschine aus Tel Aviv landete mit 370 Passagieren am Donnerstagabend auf dem Frankfurter Flughafen. Ein zweites Flugzeug landete in München. Weitere Flüge sollten noch bis zum morgigen Freitag folgen. Aus der Union wurde dennoch Kritik an der Organisation der Aktion durch das Auswärtige Amt laut.

Mit den ersten drei von vier am Donnerstag geplanten Sonderflügen hätten mehr als 660 deutsche Staatsbürger und deren Familienangehörige ausreisen können, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Insgesamt hätten an dem Tag 950 Deutsche und ihre Angehörigen Israel verlassen - außer den Sonderflügen sei als weitere Option eine Fähre nach Zypern organisiert worden.

Für die Flüge hatten sich Deutsche anmelden können, die sich auf der Vorsorgeliste für Kriseninformationen des Auswärtigen Amts eingetragen haben. Die Lufthansa hatte zugesagt, am Donnerstag und Freitag jeweils bis zu vier Flüge aus Tel Aviv anzubieten: je zwei nach Frankfurt und nach München. Als Abflugzeiten waren an beiden Tagen 13.30 Uhr, 14.30 Uhr, 16.00 Uhr und 17.00 Uhr (Ortszeit) vorgesehen. Es wurde damit gerechnet, dass die Flüge eine Kapazität von insgesamt etwa 1000 Menschen pro Tag haben.

Die zurückgekehrten Passagiere zeigten sich nach ihrer Ankunft erleichtert, einige wurden von Angehörigen empfangen. Er sei sehr erleichtert, nicht mehr mit Raketenangriffen rechnen zu müssen, sagte Christoph Schaefer aus dem bayerischen Erbendorf. Er sei als Urlauber nach Israel gefahren und hätte schon am Sonntag zurückfliegen sollen. "Tel Aviv ist von den größten Einschlägen verschont geblieben", berichtete er. Einzelne Einschläge habe er aber mitbekommen. "200 Meter neben uns ist eine Rakete in eine Wohnung eingeschlagen." Dabei habe es fünf Verletzte gegeben.

Schaefer berichtete über Probleme, sich für den Rückflug zu registrieren. Die Telefonleitung sei immer belegt gewesen. "Aber nach 17 Versuchen irgendwann um 5.00 Uhr morgens habe ich es dann geschafft", sagte er.

Auch die Touristin Marlene Knüpfer war froh, wieder in der Bundesrepublik zu sein. "Es war schon stressig, gerade mit den ganzen Erschütterungen, die man ständig gemerkt hat", sagte sie. Insgesamt habe es zehn Mal Alarm gegeben.

Ein Rückkehrer in Frankfurt sagte: "Ich hoffe, die Sirenen höre ich lange nicht mehr." Er habe keine Angst um sein Leben gehabt, "aber es waren 70, 80 Angriffe, das zehrt schon an den Nerven", sagte er über seine Zeit in Jerusalem und im Norden Israels.

Ein deutscher Student zeigte sich erleichtert darüber, in Sicherheit zu sein, wirkte aber bedrückt beim Gedanken an seine beiden israelischen Mitbewohnerinnen in Tel Aviv. Eine seiner besten Freundinnen sei zum Militär eingezogen worden und irgendwo im Süden Israel. "Ich weiß, ich werde in den nächsten Tagen immer wieder die Listen mit den Namen der Gefallenen im Internet durchsuchen."

Auswärtiges Amt organisiert Ausreise per Fähre

Aus dem deutschen Außenministerium hieß es, nachdem einige Fluggesellschaften die Flüge eingestellt hätten, habe es dafür gesorgt, dass nun doch wieder Sonderflüge der Lufthansa nach Israel flögen. Zugleich wurde betont: "Wir arbeiten weiter an Ausreisemöglichkeiten - per Flugzeug, per Bus, per Schiff." Deutsche Staatsangehörige seien darüber über das sogenannte Elefand-System - die Krisenvorsorgeliste des Ministeriums - informiert worden.

Für die Teilnahme an den Sonderflügen wird nach einem sogenannten Landsleutebrief der deutschen Botschaft in Israel eine Gebühr in Höhe von 300 Euro pro Person fällig. Das Geld soll bei der Buchung über eine Lufthansa-Hotline im Auftrag des deutschen Außenministeriums eingezogen werden. Nach dpa-Informationen stellt die Lufthansa pro Person 550 Euro in Rechnung, 250 Euro übernimmt der Staat.

Unionspolitiker Hardt: Hotline dauernd belegt - "Unwürdiges Chaos"

Der außenpolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Hardt (CDU), kritisierte die Organisation der Sonderflüge. Die Ausreise der Deutschen komme nur schleppend voran. Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) habe "versucht, das Problem der Ausreise mit möglichst wenig eigenem Aufwand an die Lufthansa auszulagern. Das Ergebnis ist anhaltendes Chaos", sagte Hardt der Deutschen Presse-Agentur. Es sei an der Zeit, dass sie "handelt und den Prozess zur Chefsache erklärt".

Sein Fraktionskollege, der verteidigungspolitische Sprecher Florian Hahn, sagte: "Die Lösung, so wie wir als CDU/CSU-Fraktion das auch bereits angeregt haben, wäre allerdings einfach: Unsere Luftwaffe steht und stand bereit, um sofort zu unterstützen. Wer aus ideologischen Gründen nicht auf die naheliegenden und richtigen Lösungen zurückgreifen möchte, ist für Krisenmanagement ungeeignet."

Hardt kritisierte, die Hotline für die wenigen Flüge sei ständig belegt, Menschen hätten wegen stundenlanger Handytelefonate aus Israel teils Telefonrechnungen in deutlich vierstelliger Höhe. Mit Blick auf die Vorabbezahlung mittels telefonisch durchgegebener Kreditkartennummer sagte der CDU-Politiker: "Unpraktikabler geht es vor allem für Schulklassen, Kinder und alte Leute kaum." Zudem finde offenbar keine Priorisierung der Menschen für die Flüge statt, obwohl sich die Deutschen am Ort extra in Listen des Auswärtigen Amts eingetragen hätten. "Geschäftsleuten kommt das Windhundprinzip aber deutlich mehr entgegen als Familien mit Kindern, die nicht ununterbrochen und zu allen Zeiten in der Hotline warten können."

Die Linken-Bundestagsabgeordnete Cornelia Möhring kritisierte, acht Flüge reichten bei weitem nicht aus, um alle Ausreisewilligen auszufliegen. Die Bundesregierung müsse alles in die Wege leiten, "um die Menschen mit deutscher Staatsbürgerschaft schnellstmöglich aus dem Kriegsgebiet auszufliegen"./bk/DP/he

Quelle: dpa-Afx