(neu: Aktienkurs, Analysten und Aussagen von Chef Kullmann.)
ESSEN (dpa-AFX) - Robuste Geschäfte mit der Pharma- und Lebensmittelbranche haben beim Spezialchemiekonzern Evonik
Vom bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) sollen 2020 nun mindestens 33,3 Prozent als freier Mittelzufluss hängen bleiben, nachdem bisher rund 30 Prozent angestrebt worden waren. "Inzwischen sehen wir in einigen Märkten erste Erholungstendenzen", sagte Finanzchefin Ute Wolf laut Mitteilung. Von einer generellen wirtschaftlichen Erholung könne bislang aber noch keine Rede sein.
Im Gesamtjahr sollen weiterhin ein Umsatz von 11,5 bis 13,0 Milliarden Euro und ein bereinigtes Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) von 1,7 bis 2,1 Milliarden Euro erreicht werden, nach 13,1 Milliarden Euro beziehungsweise 2,15 Milliarden Euro 2019.
Wir sehen uns auf einem guten Weg, die Mitte der prognostizierten Spanne - das sind 1,9 Milliarden Euro - zu erreichen", sagte Kullmann der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX mit Blick auf das operative Ergebnis. Zuversichtlich stimmt den Manager die aktuelle Entwicklung. Er sieht "eine gute Chance, das bereinigte Ebitda vom zweiten zum dritten Quartal steigern zu können."
Dabei sieht der Evonik-Chef zwar weiter Risiken durch die Corona-Pandemie, hält einen zweiten Lockdown mit einem weitgehenden Stillstand großer Teile der Wirtschaft wie phasenweise im ersten Quartal für unwahrscheinlich. "Ich glaube, dass wir in den nächsten Wochen und Monaten aufgrund der Urlaubssaison und der Nachlässigkeit einzelner Gruppen in der Öffentlichkeit einen Anstieg der Corona-Infektionszahlen erleben werden. Ich bin aber auch überzeugt, dass wir einen zweiten Lockdown werden vermeiden können, weil die wirtschaftlichen Schäden dramatisch ausfallen würden, aber auch weil wir mittlerweile gut vorbereitet sind und mit einem Anstieg der Infektionen gut werden umgehen können."
Der Umsatz sank von April bis Ende Juni im Sog der Corona-Krise im Jahresvergleich um 14 Prozent auf 2,83 Milliarden Euro. Das bereinigte Ebitda fiel um 19 Prozent auf 456 Millionen Euro. Allerdings übertraf der MDax
Unter dem Strich blieb mit 114 Millionen Euro halb so viel hängen wie vor einem Jahr. Der freie Mittelzufluss belief sich auf 96 Millionen Euro.
Bei den Aktionären kamen die Resultate gut an. Die Evonik-Aktien kletterten am Dienstag um 2,66 Prozent auf 23,93 Euro nach oben, was einen der vorderen Plätze im MDax bedeutete. Damit blieben die Papiere aber vorerst in der Bandbreite von 22 bis 25 Euro, in der sie seit Anfang Juni pendeln. Seit dem Corona-Tief Mitte März haben sich die Papiere um etwa 58 Prozent erholt und damit seither rund zehn Prozentpunkte besser abgeschnitten als der europäische Branchenindex Stoxx Europe 600 Chemicals.
"Im zweiten Quartal haben wir die Folgen der Pandemie durchaus zu spüren bekommen", sagte Kullmann. Allerdings zahlten sich der Portfolioumbau und Effizienzprogramme aus. So setzt Evonik auf die Spezialchemie, die gerade in tristen Konjunkturzeiten oftmals robuster und profitabler ist als das Geschäft mit Standard- und Massenchemikalien. Der Spezialitätenanteil stieg von rund einem Fünftel im Jahr 2017 bis heute auf rund vier Fünftel.
Dieser Wandel spiegelt sich auch in der neuen Konzernstruktur wieder, die mit Beginn des dritten Quartals umgesetzt wurde. Evonik gliedert sich nun in die vier Sparten Specialty Additives, Nutrition & Care, Smart Materials und Performance Materials. Die ersten drei Segmente sieht das Management als Wachstumsfelder. Sie bedienen unter anderem die Tierfutter- und Lebensmittelindustrie und die Pharmabranche, stellen aber auch Desinfektionsmittel, Materialien für den 3D-Druck und Flammschutzmittel her.
Im vierten Segment Performance Materials wurden hingegen die Bereiche neu zusammengefasst, für die im Grunde keine Wachstumsinvestitionen mehr geplant sind wie etwa das Baby-Care-Geschäft rund um saugstarke Materialien etwa für Windeln. Stattdessen soll die Sparte auf höhere Gewinnmargen getrimmt werden. Damit würden die Geschäfte attraktiver für potenzielle Käufer.
Die aktuelle Krise könnte die Pläne zur Veräußerung der verbleibenden Massenchemikalienaktivitäten beschleunigen, glaubt Analyst Oliver Schwarz von Warburg Research. Er rechnet allerdings erst für 2021 mit einem Beginn des Verkaufsprozesses, da die Bereiche wohl erst profitabler werden müssten, um attraktivere Preise erzielen zu können./mis/knd/jha/
Quelle: dpa-Afx