(neu: Aussagen aus Presse- und Analystenkonferenz, Analysten, Details zu Russlandgeschäft und Aktienrückkauf-Programm.)

BONN (dpa-AFX) - Die Deutsche Post hat im zweiten Quartal weiter von ihrem Frachtgeschäft profitiert. Auch dank hoher Transportpreise im internationalen Geschäft mit Firmenkunden glich der Konzern die rückläufigen Sendungsmengen von Privatkunden mehr als aus. Insgesamt sei es das erfolgreichste Quartal gewesen, das die Post jemals hatte, sagte Finanzchefin Melanie Kreis in einer Telefonkonferenz am Freitag in Bonn. Umsatz und Gewinn stiegen um zweistellige Prozentsätze und fielen besser aus als von Analysten erwartet.

Die Post-Aktie legte zeitweise mehr als sechs Prozent zu, zuletzt stand sie mit 41,91 Euro knapp 5 Prozent im Plus und war damit Spitzenreiter im Dax . Die Bonner hätten im zweiten Quartal beruhigend gut abgeschnitten, schrieb JPMorgan-Analyst Samuel Bland in einer ersten Reaktion auf den Zwischenbericht. Er rechnet mit leicht steigenden Markterwartungen. Sorgen um das mittelfristige Gewinnniveau dürfte es aber weiter geben.

Bis 2024 will die Deutsche Post als Ergebnis vor Zinsen und Steuern 8,5 Milliarden Euro einfahren. Das Management bestätigte diese Prognose sowie die für das laufende Jahr. Dabei erwartet die Unternehmensführung um Konzernchef Frank Appel einen operativen Gewinn zwischen 7,6 und 8,4 Milliarden Euro - und damit bis zu fünf Prozent weniger oder mehr als im Vorjahr.

Allerdings wird der Vorstand jetzt etwas konkreter: Je nach wirtschaftlicher Entwicklung - also einer drastischen Abkühlung der Weltwirtschaft oder einer nur allmählichen Verlangsamung des Wirtschaftswachstums - läge der operative Gewinn eher in der unteren oder oberen Hälfte. Sollte sich die Geschäftsentwicklung unverändert fortsetzen, sei sogar ein operativer Gewinn von mehr als 8,4 Milliarden Euro möglich.

Analyst Johannes Braun von der Investmentbank Stifel spricht deshalb von einer "verschleierten Prognoseerhöhung". So hätten die Bonner zwar an ihrem operativen Ergebnisziel (Ebit) für 2022 festgehalten, erklärte er. Wenn die aktuelle Dynamik anhalte, verspreche man aber, darüber zu landen.

Im zweiten Quartal steigerte die Post ihren Umsatz im Jahresvergleich um fast ein Viertel auf gut 24 Milliarden Euro. Davon blieben als operatives Ergebnis vor Zinsen und Steuern (Ebit) 2,3 Milliarden Euro übrig, gut 12 Prozent mehr als ein Jahr zuvor. Nach sechs Monaten summiert sich der operative Gewinn auf 4,5 Milliarden Euro.

Branchenexperte Alex Irving vom Analysehaus Bernstein Research zeigte sich von den Zahlen positiv überrascht. Das Geschäft der Post scheine von den konjunkturellen Sorgen kaum bis gar nicht betroffen zu sein, schrieb er am Morgen. Gleiches gelte für die Abschwächung des Online-Handels, der die gesamte Branche beeinträchtigt habe.

Den Großteil des Post-Ergebnisses steuerte von April bis Juni, wie schon im ersten Quartal, vor allem das Firmenkundengeschäft der Logistik-Sparten bei. Dabei wirkte sich auch der Ende März abgeschlossene Kauf des Seefracht-Spezialisten Hillebrand positiv aus.

Gleichzeitig normalisierte sich das vom Online-Handel bestimmte Privatkundengeschäft, weil die Menschen nicht mehr so viele Waren im Internet bestellten wie noch vor einem Jahr, als Corona-Maßnahmen das Leben eingeschränkt hatten. Dies hatte der Vorstand allerdings auch so erwartet. Unterm Strich entfiel auf die Aktionäre im zweiten Quartal ein Gewinn von knapp 1,5 Milliarden Euro und damit 15 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum.

Für das laufende dritte Quartal kündigte die Post weitere Wertminderungen im Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg an, denn der Konzern stellt sein nationales Geschäft in Russland ein. Man werde die Mitarbeiter entlassen, weil man entschieden habe, "dass wir das Geschäft auf gar keinen Fall weiterbetreiben werden", sagte Appel. Nur noch bestimmte internationale Sendungen sollen weiter ausgeführt werden, zu denen die Post vertraglich verpflichtet ist.

Laut Vorständin Kreis wird die Wertberichtigung auf einem ähnlichen Niveau liegen wie schon die im ersten Quartal vorgenommene Minderung, damals waren es 31 Millionen Euro. Vor Beginn des Ukraine-Krieges hatte die Post 3500 Beschäftigte in Russland. Das dortige Geschäft kam auf einen Anteil von circa einem Prozent des Konzernumsatzes.

Die Post-Aktie kann mit den Kursgewinnen am Freitag ihre Erholung fortsetzen, nachdem sie Mitte Juni bei 33,44 Euro ihr Jahrestief erreicht hatte. Die Aktie steht seit September 2021 unter Druck. Seit dem Rekordhoch von 61,38 Euro Ende August 2021 ging es um fast ein Drittel nach unten.

Das niedrige Kursniveau nutzt der Konzern auch für Aktienrückkäufe. Die erste Tranche des Anfang des Jahres verkündeten Programms soll bis zum 7. November abgeschlossen sein und hat ein Volumen von 800 Millionen Euro. Bis Ende August sollen davon eigene Aktien mit einem Volumen von 500 Millionen Euro zurückgekauft sein, sagte Kreis in einer Telefonkonferenz mit Analysten. Insgesamt plant der Post-Vorstand bis zu 50 Millionen Aktien im Wert von bis zu 2 Milliarden Euro zurückzukaufen. Der Rückkauf soll spätestens im Dezember 2024 enden./lew/mis/jha/

Quelle: dpa-Afx