(Neu: Äußerungen aus Telefonkonferenz zu US-Zöllen und Übernahmespekulationen)

DÜSSELDORF (dpa-AFX) - Der Pharma- und Kosmetik-Verpackungshersteller Gerresheimer ist zum Jahresbeginn dank der Übernahme der italienischen Bormioli Pharma kräftig gewachsen. Aus eigener Kraft fielen Erlöse und operatives Ergebnis zwar, allerdings hatte Unternehmenschef Dietmar Siemssen zuletzt bereits wegen Verschiebungen im Geschäft mit Spritzen einen trägen Auftakt ins Geschäftsjahr in Aussicht gestellt. Hinzu kam eine schleppende Nachfrage der Kosmetikindustrie. Am Ende blieb der Umsatz zwar hinter der mittleren Analystenschätzung zurück, das operative Ergebnis lag aber leicht darüber.

An der Börse reichte das für einen Erholungsversuch der im Index der mittelgroßen Werte, dem MDax , notierten Aktien. Sie waren zuletzt von schwindender Übernahmefantasie und allgemeinen Marktturbulenzen wegen des US-Zollchaos stark gefallenen.

Im ersten Geschäftsquartal bis Ende Februar stieg der Umsatz im Jahresvergleich um 11,6 Prozent auf gut 520 Millionen Euro, wie der Konzern am Freitag in Düsseldorf mitteilte. Als um Sondereffekte bereinigter Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) blieben mit 91,5 Millionen Euro 13 Prozent mehr hängen als vor einem Jahr.

Aus eigener Kraft fielen Umsatz und operatives Ergebnis allerdings um 6,5 Prozent respektive 9,3 Prozent. Bei dieser organischen Entwicklung werden Wechselkurseffekte herausgerechnet und es wird zu Vergleichzwecken so getan, als hätte Bormioli bereits vor einem Jahr zu Gerresheimer gehört. Konsolidiert werden die Italiener seit Beginn des laufenden Geschäftsjahres, also seit Dezember.

Unter dem Strich entfiel auf die Anteilseigner im ersten Quartal wegen deutlich höherer Zinsaufwendungen und ein Verlust von 18 Millionen Euro - nach einem Überschuss von 13 Millionen Euro vor einem Jahr.

Die Jahresziele bestätigte das Unternehmen. Demnach soll der Umsatz -einschließlich Bormioli Pharma - gegenüber den kombinierten Pro-forma-Zahlen 2024 organisch um 3 bis 5 Prozent zulegen. Die bereinigte operative Marge soll rund 22 Prozent erreichen.

Dabei setzt Gerresheimer-Chef Siemssen auf anziehende Geschäfte ab dem laufenden zweiten Geschäftsquartal. "Unser profitables Wachstum werden wir ab dem zweiten Quartal auch auf organischer Ebene wieder fortsetzen", sagte er laut Mitteilung. "Dazu beitragen werden unter anderem Spritzenumsätze, die wir nun im zweiten und dritten Quartal erwarten. Insgesamt werden vor allem unsere High Value Solutions für Biopharmazeutika und der Anlauf neuer Produktionslinien aus unseren Wachstumsprojekten wichtige Wachstumstreiber im Jahr 2025 sein."

Mit Blick auf die von den USA ausgelösten internationalen Zollkonflikte sieht der Konzernlenker kaum direkte Folgen. Die Zölle wären unter dem Strich im Grund neutral, auch durch Preisanpassungen. Und: Die Gerresheimer-Produktion in Mexiko falle unter die Ausnahmeregelungen des USMCA-Vertrages zwischen den USA, Kanada und Mexiko.

Für den Gerresheimer-Aktienkurs ging es am Vormittag um 2,6 Prozent auf 55,25 Euro nach oben. Damit setzte sich die Erholung in einem sehr schwachen Gesamtmarkt fort, nachdem der Kurs erst vor wenigen Tagen mit 50,90 Euro auf den tiefsten Stand seit Oktober 2022 abgesackt war. Neben allgemeinen Wirtschaftssorgen im Zuge des von den USA angezettelten internationalen Zollkrieges hatte jüngst auch eine schwindende Übernahmenfantasie belastet.

Diese Hoffnungen auf eine für Anleger lukrative Offerte hatte den Kurs im Februar noch bis auf gut 85 Euro nach oben getrieben. Anfang April berichtete dann aber die Nachrichtenagentur Bloomberg unter Berufung auf mit der Sache vertraute Personen, die Beteiligungsgesellschaft KKR habe das mit dem Branchenkollegen Warburg Pincus gebildete Interessentenkonsortium verlassen. Damit wäre nur noch Warburg Pincus als Übernahmeinteressent übrig.

Gerresheimer hält sich zu dem Thema weiterhin bedeckt. Siemssen sagte in einer Telefonkonferenz mit Analysten am Freitag darauf lediglich, dass es nichts Neues gebe und Gespräche noch liefen.

Entsprechende Spekulationen hatte es in der Vergangenheit immer mal wieder gegeben. So wird eine Aufspaltung des Konzerns mit seinen durchaus unterschiedlichen Geschäftsbereichen als Möglichkeit gesehen, Werte zu steigern. Das Unternehmen produziert Glasprodukte wie Tiegel und Fläschchen für die Kosmetikindustrie, aber auch komplexe Spezialglas- und Kunststoffverpackungen sowie Systeme für die Verabreichung von Medikamenten.

Für Fantasie sorgt zudem die Neuaufstellung des Behälterglas-Geschäfts im Zuge der Bormioli-Übernahme. Hier läuft die Integration in den Gerresheimer-Konzern, der zudem die strategischen Optionen für den Geschäftsbereich prüft./mis/nas/lew

Quelle: dpa-Afx