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BERLIN (dpa-AFX) - Entsetzen und Verzweiflung in der deutschen Reisebranche: Nach der Entscheidung des Corona-Gipfels, den Lockdown bis Mitte April zu verlängern, hagelt es Kritik. "Erneut lassen Bund und Länder den Deutschlandtourismus ohne jegliche Perspektive im Regen stehen", sagte Norbert Kunz, Geschäftsführer des Deutschen Tourismusverbandes, am Dienstag.
Das Ostergeschäft zwischen Rügen und Garmisch-Partenkirchen ist verloren. Den Fluggesellschaften und Pauschalreiseveranstaltern ist es zumindest gelungen, die pauschale Quarantäne für heimkehrende Passagiere aus Nichtrisikogebieten zu verhindern. Die Branche sicherte Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) zu, die Osterurlauber vor der Heimkehr zu testen. Lufthansa
Bund und Länder hatten sich bei dem Gipfel darauf verständigt, grundsätzlich weiter von touristischen Reisen im In- und Ausland abzuraten. Der Deutsche Tourismusverband kritisierte, der Branche mit fast 3 Millionen Beschäftigten sei eine Strategie versprochen worden, wann und unter welchen Bedingungen sicheres Reisen wieder möglich ist. "Davon ist weit und breit nichts erkennbar. Kein Plan, keine Strategie, nicht einmal ein kleines Signal für sicheres Reisen im eigenen Bundesland", sagte Verbandsgeschäftsführer Kunz.
Der stellvertretende Hauptgeschäftsführer des Verbandes, Dirk Dunkelberg, sagte SWR Aktuell: "Es machen sich Wut und Verzweiflung bei den Akteuren und Leistungsträgern im Tourismus breit." Zugleich äußerte er Unverständnis dafür, dass Reisen ans Mittelmeer möglich seien, die Vermietung von Ferienwohnungen beispielsweise im Schwarzwald aber verboten bleibe. "Das kann man eigentlich nicht mehr wirklich ernsthaft begründen."
Ferienhausbranche und Campingwirtschaft beklagten, dass auch in diesem Jahr das Ostergeschäft ausfalle. "Man gibt uns nicht einmal eine Erklärung, warum Ferienhausurlaub im eigenen Land als kontaktarme Urlaubsform weiterhin verboten bleibt, man sich aber in den Flieger setzen kann, um ins Ausland zu reisen", kritisierte der Deutsche Ferienhausverband.
Alle Reisende, die aus dem Ausland zurückkehren, sollen künftig einen Corona-Test machen, auch wenn sie aus einem Nichtrisikogebiet wie aktuell Mallorca kommen. Zuständigkeiten und Kostenübernahme waren am Tag nach der Ministerpräsidentenkonferenz zwar noch weitgehend unklar, von einer ausreichend vorhandenen Test-Infrastruktur in Mallorca und den anderen Gebieten gehen aber alle Beteiligten aus. Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) will die neue Testpflicht innerhalb weniger Tage per Verordnung etablieren. Die Airlines und Veranstalter werden dem Vernehmen nach auf lokale Dienstleister zurückgreifen.
Die Branche sieht das Zugeständnis allerdings als zeitlich befristete Ausnahme in der gegenwärtigen akuten Phase der Pandemie, wie BDL-Hauptgeschäftsführer Matthias von Randow in Berlin klar machte. "Nach dem geplanten Oster-Lockdown sollten wir wieder zur einer Regelung zurückkommen, die sich am tatsächlichen Infektionsgeschehen orientiert." Im Grundsatz habe sich die Unterscheidung von Risiko- und Nichtrisikogebieten bewährt.
Für die Zeit nach Ostern drängen die Touristiker sogar darauf, dass Passagiere die Quarantäne auch bei der Einreise aus einfachen Risikogebieten mit einem negativen Test verhindern können. Einen entsprechendes Vorgehen zum Frei-Testen bei Einreise ist im Abschlussentwurf einer Bund-Länder-Arbeitsgruppe enthalten, über den Scheuer nach den Feiertagen mit der Branche erneut sprechen will. Er wolle alle Fluglinien an einen Tisch bringen, sagte der CSU-Politiker. Die Priorität sei, mit Tests sicheres Reisen möglich zu machen.
Die Fluggesellschaften erklärten zudem, über die Osterfeiertage keine zusätzlichen Flüge mehr nach Mallorca zu planen. Das hatten Bund und Länder verlangt. Die Bundesregierung hatte die Lieblingsinsel der Deutschen vor einer Woche von der Liste der Risikogebiete gestrichen und die Reisewarnung wegen stark gesunkener Infektionszahlen aufgehoben. Damit entfielen die Quarantäne und zunächst auch die Testpflicht für Rückkehrer.
Der Deutsche Reiseverband (DRV) begrüßte, dass Urlauber aus Nicht-Risikogebieten bei Rückkehr weiter nicht in Quarantäne müssen. Dass sie stattdessen vor dem Abflug einen Coronatest machen müssen, hält DRV-Präsident Norbert Fiebig "in dieser sehr aufgeregten Zeit für vertretbar", wie er dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND) sagte. Fiebig plädierte dafür, auch Reisen in Deutschland zu ermöglichen, wo dies "unter gesundheitlichen Aspekten vertretbar" sei./mar/ceb/DP/jha
Quelle: dpa-Afx