(neu: Aussagen aus Telefonkonferenz, mehr Hintergrund, Kurs)
GÖTTINGEN (dpa-AFX) - Der Pharma- und Laborausrüster Sartorius
Zur Mittagszeit verloren Sartorius rund ein halbes Prozent auf 323,30 Euro, nachdem sie zwischendurch einen Erholungskurs eingeschlagen und bis auf 328,20 Euro gestiegen waren. Generell geht der Trend für die Aktie seit Langem nach unten, nachdem Sartorius als "Pandemiegewinner" Ende November 2021 noch ein Hoch bei fast 632 Euro markiert hatte. In diesem Jahr hat das Papier bisher 13 Prozent eingebüßt.
Sartorius beliefert unter anderem die biopharmazeutische Industrie und Labore. In der Pandemie hatte der Dax
Doch nach den starken Pandemiejahren leiden die Niedersachsen nun seit Monaten unter der geringen Ausgabefreudigkeit ihrer Kunden. Viele davon hatten in der Corona-Zeit aus Sorge um angespannte Lieferketten Vorräte angelegt und bauen diese Bestände erst einmal ab. Auch halten sich laut Sartorius die Unternehmen mit Investitionen zurück, weil sie selbst nicht ausgelastet seien. Dem außerordentlich steilen Nachfrageanstieg in der Pandemie folge somit aktuell eine ebenso ungewöhnlich deutliche Korrektur nach unten, sagte Kreuzburg. In den ersten Monaten lag dadurch der Auftragseingang bei Sartorius mit 1,5 Milliarden Euro um rund ein Drittel unter dem Vorjahreswert.
"Die schwache Entwicklung des Auftragseingangs hält in beiden Sparten insgesamt länger an als ursprünglich erwartet", sagte der Konzernlenker. Inzwischen geht das Management für die zweite Jahreshälfte von einer "schrittweisen Belebung der Auftragslage" aus. Die Kunden hätten Sartorius signalisiert, dass sie im Laufe des dritten Jahresviertels ihre Lager "auf Zielniveau" sehen, erläuterte der Manager in der Konferenz. Zum Quartalsende sei daher mit Auftrieb zu rechnen.
Sartorius hatte wegen der Nachfrageschwäche vor rund vier Wochen seine Umsatz- und Margenziele für das Jahr gesenkt. Die Unternehmensführung rechnet mit einem Umsatzrückgang im niedrigen bis mittleren Zehn-Prozent-Bereich. Von Januar bis Juni sank der Konzernerlös um rund 16 Prozent auf 1,74 Milliarden Euro. Besonders hart traf es die Biotech-Sparte, aber auch im Laborgeschäft ging der Umsatz zurück.
Konzernweit fielen die Einbußen beim Gewinn noch deutlicher aus als beim Umsatz, auch weil höhere Kosten belasteten. Der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) verringerte sich um über ein Viertel auf knapp 517 Millionen Euro. Der auf die Aktionäre entfallende bereinigte Gewinn kam bei 202,5 Millionen Euro heraus, das waren etwa 40 Prozent weniger als noch vor einem Jahr.
Sartorius steuerte zuletzt mit personellen Maßnahmen gegen. Nach dem Aufbau von rund 6000 Arbeitsplätzen in der Pandemie baute der Konzern weltweit 900 Stellen ab, rund 200 davon in Deutschland. Dies geschah laut Kreuzburg im Wesentlichen über inzwischen beendete Freiwilligenprogramme, in geringem Maße über die natürliche Fluktuation. Betriebsbedingte Kündigungen habe es nicht gegeben. Die Kosten für anfallende Abfindungen bezifferte der Sartorius-Chef auf einen niedrigen zweistelligen Millionenbetrag.
"Wir sehen uns in den nächsten Jahren weiter als einen Arbeitgeber, der einstellt", betonte der Manager ferner mit Blick auf das angepeilte mittelfristige Wachstum. Dazu dürften auch die Investitionen hoch bleiben, sagte Kreuzburg, ohne Zahlen zu nennen. Zweifel am Markt hinsichtlich der Mittelfristziele wischte er beiseite. Dank der Boom-Phase habe Sartorius zeitweise rund eineinhalb Jahre vor seinem Plan gelegen, inzwischen sei der Konzern wieder im Plan.
Sartorius will seinen Umsatz bis 2025 auf 5,5 Milliarden Euro steigern, Analysten rechnen jedoch mit deutlich weniger. Kreuzburg zeigte sich zuversichtlich: Der für Sartorius relevante Markt werde "sehr nachhaltig wachsen", betonte er. In diesem Zug setzt auch Sartorius auf neue Trends, wie etwa die Gen- und Zelltherapie. Hier hat der Konzern laut Kreuzburg inzwischen ein "extrem wettbewerbsfähiges" Portfolio als Zulieferer aufgebaut.
Nach bereits mehreren Zukäufen in dem Bereich schloss Sartorius erst kürzlich die Übernahme des französischen Unternehmens Polyplus ab, das mit rund 2,4 Milliarden Euro die bisher teuerste in der Unternehmensgeschichte ist. Polyplus stellt wichtige Komponenten für die Herstellung viraler Vektoren her, die wiederum als Vehikel in Gen- und Zelltherapien eingesetzt werden. In diesem Jahr sollen Übernahmen inklusive des französischen Unternehmens zwei Prozentpunkte zum Konzernwachstum beisteuern.
Zwar will Sartorius zügig seine durch die Übernahme stark angeschwollene Verschuldung senken, doch schloss Kreuzburg auch für die Zukunft weitere Übernahmen nicht aus. Kurzfristig dürften diese aber nicht einen ähnlichen Umfang wie Polyplus haben, so der Manager./tav/lew/jha
Quelle: dpa-Afx