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BERLIN (dpa-AFX) - Die Bundesregierung hat den Rüstungsexportstopp für Saudi-Arabien um ein Jahr bis Ende 2021 verlängert und sogar noch verschärft. Bereits erteilte Genehmigungen, die bisher nur auf Eis lagen, werden widerrufen - mit Ausnahme von Zulieferungen für europäische Kooperationsprojekte. Das teilte eine Regierungssprecherin der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage mit.
Neue Genehmigungen für Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien erteilt die Bundesregierung im kommenden Jahr weiterhin nicht. Aber auch hier sind wie bisher Gemeinschaftsproduktionen mit europäischen Partnern ausgenommen. Allerdings müssen die deutschen Unternehmen bei solchen Projekten darauf bestehen, dass die endmontierten Güter zunächst nicht nach Saudi-Arabien oder in die Vereinigten Arabischen Emirate ausgeliefert werden.
Der Widerruf der bereits erteilten Genehmigungen könnte die Bundesregierung teuer zu stehen kommen, denn die Rüstungsindustrie fordert Entschädigung. "Mit der Bundesregierung ist jetzt darüber zu sprechen, wie der wirtschaftliche Schaden der Unternehmen, die von dem endgültigen Widerruf der Genehmigungsentscheidungen betroffen sind, angemessen kompensiert werden kann", sagte der Hauptgeschäftsführer des Bundesverband der Deutschen Sicherheits- und Verteidigungsindustrie, Hans Christoph Atzpodien.
Der seit 2018 geltende Exportstopp für Saudi-Arabien ist bereits mehrfach verlängert worden und wurde zuletzt bis zum 31. Dezember 2020 befristet. Die Maßnahme geht auf den Koalitionsvertrag von Union und SPD zurück, in dem ein Rüstungsexportstopp für alle "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligten Länder festgeschrieben wurde. Weitgehend durchgesetzt wurde der Beschluss für Saudi-Arabien aber erst im November 2018 nach der Tötung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul.
Das Königreich führt seit mehr als fünf Jahren eine Allianz arabischer Staaten an, die im Jemen gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft. Der Krieg hat zu einer der schwersten humanitären Katastrophen weltweit geführt.
Die saudische Führung begründet das Eingreifen der von ihr geführten Koalition damit, dass die legitime Regierung im Jemen darum gebeten habe. Der saudische Staatsminister Adel al-Dschubair hatte den deutschen Exportstopp deswegen erst vor kurzem während eines Deutschlandbesuchs als "falsch" und "unlogisch" kritisiert. Gleichzeitig stellte er aber klar: "Wir brauchen keine deutschen Waffen, um unser Militär zu betreiben."
Saudi-Arabien ist nach der jüngsten Statistik des Friedensforschungsinstituts Sipri der größte Waffenimporteur weltweit. Zwischen 2015 und 2019 wurden zwölf Prozent aller Waffeneinfuhren von der mit dem Iran konkurrierenden Regionalmacht getätigt - die meisten kamen aus den USA.
Aber auch deutsche Waffenschmieden machten vor dem Lieferstopp gute Geschäfte mit den Saudis. 2017 stand das autoritär geführte Land mit einem Exportvolumen von 254 Millionen Euro noch auf Platz 6 der wichtigsten Empfängerländer deutscher Rüstungsgüter.
Ganz verschwunden ist der ölreiche Wüstenstaat allerdings nicht aus der Exportstatistik. Wegen der Ausnahmen für Gemeinschaftsprojekte wurden in den vergangenen Jahren immer noch einzelne Exporte von der Bundesregierung genehmigt. So erlaubte sie 2019 und 2020 Zulieferungen für "Eurofighter"- und "Tornado"-Kampfjets, die für Saudi-Arabien bestimmt sind.
Die SPD hatte bereits vor Wochen eine Verlängerung des Exportstopps mindestens bis zum Ende der Legislaturperiode im Herbst gefordert. Die stellvertretende Fraktionschefin Gabriela Heinrich nannte die jetzige Entscheidung der Regierung am Donnerstag ein "Gebot der Stunde". "Solange es keine grundlegende Kehrtwende Saudi-Arabiens im Jemen-Krieg gibt, darf es auch keine Rüstungsexporte geben."
Der Linken geht der Exportstopp dagegen nicht weit genug. "Solange über andere Länder Software, Technologie und andere Komponenten für Kampfjets an Saudi-Arabien weiter geliefert werden, ist die Verlängerung des Waffenembargos trügerisch", sagte die Außenpolitikerin Sevim Dagdelen. "Die Diktatur Saudi-Arabien darf keine einzige Waffe "Made in Germany" bekommen."
Die Grünen begrüßten die Entscheidung der Bundesregierung und forderten Transparenz bei den jetzt anstehenden Entschädigungszahlungen. "Wer erst gar keine Kriegswaffen an Drittstaaten genehmigt, kann Steuergeld sparen für den Fall, dass sich die scheinbaren Partner wie so oft am Ende als Sicherheitsrisiko erweisen", sagte die Rüstungsexpertin Katja Keul.
Für das am härtesten vom Exportstopp getroffene Unternehmen hat die Bundesregierung bereits eine Teillösung gefunden. Saudi-Arabien hatte bei der zum Bremer Unternehmen Lürssen gehörenden Peene-Werft im vorpommerschen Wolgast 35 Patrouillenboote bestellt. Bis zum Exportstopp waren erst 15 davon ausgeliefert, 7 weitere aber schon fertig produziert. Nun sollen neun Patrouillenboote und ein Küstenschutzbootes für etwa 130 Millionen Euro an Ägypten geliefert werden. Allerdings ist auch damit noch nicht das komplette Geschäft mit Saudi-Arabien ausgeglichen./mfi/DP/eas
Quelle: dpa-Afx