(neu: Aussagen aus Video-Konferenz, Kurs, Analysten und mehr Hintergrund.)

GÖTTINGEN (dpa-AFX) - Der Pharma- und Laborausrüster Sartorius stellt sich nach einem starken Jahr auf ein gedrosseltes Tempo ein. Die wegen der Pandemie stark gestiegene Nachfrage kommt inzwischen auf ein Normalmaß zurück. Dennoch florieren die Geschäfte bei den Göttingern - auch weil der Konzern seine Produktpalette durch Zukäufe stetig erweitert, um mit Trends in der Pharma- und Biotechindustrie mitzuhalten. 2023 will Firmenlenker Joachim Kreuzburg weiter in den Ausbau der Kapazitäten investieren und auch weiter zukaufen. Zudem hob Sartorius zur Vorlage vorläufiger Jahreszahlen seine Mittelfristziele bis 2025 an. An der Börse sorgte dies für einen Kurssprung.

Die im Dax notierte Vorzugsaktie erklomm kurz nach dem Handelsstart mit mehr als acht Prozent ein Hoch seit September - zuletzt führte das Papier den deutschen Leitindex noch mit einem Plus von rund 5,7 Prozent auf 430,60 Euro an. Seit dem Jahreswechsel hat die Aktien damit gut 16 Prozent gewonnen. Dennoch dürfte die Entwicklung nicht alle zufriedenstellen, denn vom Rekordhoch im Zuge der Corona-Pandemie bei knapp 632 Euro gegen Ende 2021 hat sich das Papier inzwischen weit entfernt.

Analyst Odysseas Manesiotis von der Privatbank Berenberg sprach von soliden Resultaten für 2022 und einem ordentlichen Geschäftsausblick in Relation zu den Markterwartungen. Warburg-Experte Michael Heider bemängelte zwar den etwas schwächer als erwartet ausgefallenen Ausblick für 2023, die aktualisierte mittelfristige Zielsetzung deutet für ihn aber auf eine Fortsetzung des Wachstums hin.

Ähnlich lautete der Tenor bei der US-Investmentbank JPMorgan: Branchenkenner Richard Vosser schätzt, dass die Markterwartungen für das Betriebsergebnis 2023 um sechs Prozent zurückgehen werden. Die Aussagen des Laborausrüsters für die Entwicklung bis 2025 sollten hingegen für Zuversicht am Markt sorgen, so der Analyst.

Für 2023 peilt Sartorius einen Umsatzanstieg auf Basis konstanter Wechselkurse im unteren einstelligen Prozentbereich an, wie Sartorius in Göttingen mitteilte. Hintergrund ist auch ein gesunkener Auftragseingang, nachdem die Niedersachsen in der Corona-Pandemie noch außergewöhnlich stark von der Nachfrage von Impfstoffherstellern profitiert hatten. Das coronabezogene Geschäft herausgerechnet soll der Umsatz 2023 im oberen einstelligen Prozentbereich zulegen. 2022 hatte Sartorius allerdings noch prozentual zweistellige Zuwächse verbucht.

Dabei rechnet der Konzern im neu angelaufenen Jahr damit, nahezu keinerlei Umsatz mehr aus Geschäften rund um Corona zu machen, wie Kreuzburg weiter erläuterte. 2021 hatte Sartorius noch rund eine halbe Milliarde pandemiebedingten Umsatz erwirtschaftet - im vergangenen Jahr sank der Erlös hieraus bereits auf rund 220 Millionen Euro.

Das übrige Geschäft jedoch brummte. Trotz des aktuell herausfordernden Umfelds sei Sartorius über das gesamte Portfolio und alle Regionen gewachsen, hieß es. Der Umsatz beim Dax-Konzern stieg 2022 vorläufigen Berechnungen zufolge im Vorjahresvergleich um 21 Prozent auf knapp 4,2 Milliarden Euro, wechselkursbereinigt war dies ein Plus von 15 Prozent. Das bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (bereinigtes Ebitda) kletterte um ein Fünftel auf gut 1,4 Milliarden Euro.

Unter dem Strich erreichte der bereinigte Konzerngewinn 655 Millionen Euro, ein Plus von gut 18 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Seinen Geschäftsbericht mit den endgültigen Zahlen will der Konzern am 17. Februar vorlegen.

Die vergleichsweise zurückhaltenden Äußerungen zu 2023 erklärte Kreuzburg neben dem Verlust des Corona-Geschäfts mit noch einem weiteren Effekt: In der Pandemie hatte Sartorius zusätzlich von einem veränderten Bestellverhalten der Kunden profitiert, die gleich größere Aufträge erteilt und weiter im Voraus bestellt hatten als üblich. Diese Situation ändere sich nun, auch weil die gestressten Lieferketten sich weitgehend entspannt hätten, sagte Kreuzburg. "Die Kunden fahren ihre Lager wieder auf Normalniveaus zurück." Der Auftragseingang sank dadurch 2022 insgesamt um gut sechs Prozent auf etwa vier Milliarden Euro.

Vor allem die Biotechnologiesparte, die hauptsächlich unter dem Dach der französischen Tochter Sartorius Stedim Biotech geführt wird, bekam die geringeren Buchungen maßgeblich zu spüren. Sie hatte aber auch stärker von der Pandemie profitiert. Gleichwohl konnte der Bereich mit Technologien für die Herstellung von Impfstoffen und pharmazeutischen Produkten 2022 Umsatz und Betriebsergebnis jeweils prozentual zweistellig steigern.

Auch die wesentlich kleinere Laborsparte florierte 2022 - hier zog der Auftragseingang im Gegensatz zum größeren Biotech-Standbein an. Besonders stark wuchs den Angaben zufolge das Geschäft mit bioanalytischen Instrumenten. Dabei rechnet der Vorstand um Kreuzburg damit, dass die Laborsparte 2023 stärker wachsen wird als das Biotechnologiegeschäft.

Sartorius hatte zuletzt auf die gestiegenen Kosten und die Inflation mit Preiserhöhungen reagiert - der Konzern hob daher sein Umsatzziel bis zum Jahr 2025 von rund 5 auf nun 5,5 Milliarden Euro an. Die bereinigte operative Marge (bereinigte Ebitda-Marge) soll unverändert bei rund 34 Prozent herauskommen. Der Konzern sei aktuell seinem Mittelfristplan durch die positiven Effekte der Corona-Pandemie um ein Jahr voraus, führte Kreuzburg weiter aus. Mit dem nachlassenden Rückenwind nähere sich der Konzern dem wieder an.

Um seine Ziele zu erreichen, nahm Sartorius in den vergangenen Jahren viel Geld für neue Technologien und Übernahmen in die Hand. Mit dem Schwung der Corona-Pandemie wurden die Kapazitäten weltweit nochmals kräftig ausgebaut und die Investitionen deutlich aufgestockt. 2022 lagen sie bei 523 Millionen Euro, rund eine halbe Milliarde Euro peilt Kreuzburg auch 2023 an. Ausgebaut würden vorrangig Kapazitäten in Deutschland, Frankreich und Korea.

Zudem will der Konzern seine Einkaufstour fortsetzen. Aktuell sei Sartorius etwa an Technologien zur Beschleunigung von Analytikprozessen interessiert, sagte der Vorstandsvorsitzende. Erst kürzlich hatte Sartorius im Rahmen einer Kooperation zu 3D-Zell-Druckverfahren eine zehnprozentige Beteiligung an der schwedischen Bico Group verkündet./tav/mis/jha/

Quelle: dpa-Afx