(neu: Mit Aussagen aus Call, Kurs, weitere Analystenstimme)
DARMSTADT (dpa-AFX) - Die Software AG
Den Hackerangriff mit Schadsoftware hat das MDax-Unternehmen zwar nach eigenen Angaben eingedämmt, doch gerieten von den Angreifern erbeutete Daten inzwischen an die Öffentlichkeit, wie das Unternehmen einräumte. Trotz der schwerwiegenden Störung seien keine Kundendienste unterbrochen worden, die Geschäfte hätten in allen wesentlichen Belangen fortgeführt werden können, hieß es.
Einige IT-Systeme für den normalen Geschäftsbetrieb würden wieder normal funktionieren, viele liefen aber noch hoch, sagte Brahmawar in einer Telefonkonferenz. Finanzchef Matthias Heiden ergänzte, er kalkuliere zur Bekämpfung mit Kosten von rund 5 Millionen Euro. Weiter wollte sich das Unternehmen auch wegen der Beteiligung von Strafverfolgungsbehörden nicht äußern. Unbekannte hatten Daten mit sogenannter Ransomware verschlüsselt. Unter Analysten hieß es, die Angreifer hätten ein "Lösegeld" von rund 23 Millionen Dollar gefordert, um die betroffenen Daten wieder zu entschlüsseln.
Aus dem dritten Quartal konnten die Darmstädter wegen der Attacke vorerst nur Eckdaten zu den Geschäftszahlen vorlegen. JPMorgan-Analystin Stacy Pollard bezeichnete diese als "durchwachsen". Der Auftragseingang sei solide ausgefallen, Umsatz und Ergebnis hingegen schwach. Die Schwäche und Schwankungsbreite bei Erlösen und Gewinnen sowie die andauernden Untersuchungen des Hackerangriffs ließen Raum für Unsicherheit bei den Investoren.
Knut Woller von der Baader Bank monierte, dass die vom Software-Unternehmen genannten Bandbreiten für Umsatz und Profitabilität unter den Erwartungen lägen. Dies lasse einen höheren Anteil an Abonnements mit jährlichen Kündigungsrechten vermuten als vom Markt und ihm bislang erwartet.
Brahmawar trimmt den Konzern stark auf das in vergangenen Jahren chronisch schwächelnde Wachstum, dazu werden die Kunden auch auf Abonnementmodelle umgestellt und sie bezahlen die Software nicht mehr in Einmalbeträgen. Mehr als noch im zweiten Quartal lastete das auf dem Umsatz, der zwischen Juli und Ende September nur bei 180,5 bis 185 Millionen Euro gelegen haben dürfte. Das sind bis zu ein Fünftel weniger als ein Jahr zuvor und auch weniger als von Experten gedacht.
"Im dritten Quartal haben wir weiter in Wachstum investiert und unsere geplante Umstellung auf Subskriptionen weiter vorangetrieben", erläuterte Finanzchef Heiden. "Dies zeigt sich jetzt zwar in den technischen Auswirkungen, die wir auf unseren ausgewiesenen Umsatz erwartet haben, aber das Wachstum des Auftragseingangs ist der aussagekräftigere Maßstab für unsere Fortschritte."
Bei den Auftragseingängen, die das Volumen abgeschlossener Verträge beschreiben, konnte die Software AG denn auch bessere Zahlen vorweisen und schnitt besser ab als von Experten erwartet.
Doch die Investitionen in den Umbau gehen weiter ins Geld. Brahmawar hatte die Vertriebsteams in Nordamerika, Asien und Europa gestärkt, außerdem steckt der Konzern mehr Geld in Werbung und Partnerschaften. Um Sondereffekte bereinigt und vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (Ebita) erwartet das Management für das Quartal nur 28 bis 32 Millionen Euro Gewinn nach 68,4 Millionen im Vorjahr. Die operative Marge dürfte bei 16 bis 17 Prozent liegen - vor einem Jahr waren es noch über 30 Prozent.
Brahmawar warb dennoch weiter für seinen Kurs. Er hatte mit seiner Strategie Geschäftsmodell und Führungsetage umgekrempelt: "Unsere Produkte sind für unsere Kunden geschäftskritisch, unser Marktangang ist präziser geworden, unsere operativen Fähigkeiten sind gestärkt und wir setzen uns weiterhin gegen den Wettbewerb durch."
Im vierten Quartal hat die Software AG rund 30 Millionen Euro Auftragseingang gebucht, darunter ein großer Deal mit dem US-Pharmagroßhändler und Apothekenbetreiber Walgreens Boots Alliance. Zum Vergleich: Im gesamten dritten Quartal lag der Auftragseingang bei bis zu 101,5 Millionen Euro. Das Schlussquartal ist in der Softwarebranche üblicherweise eh das saisonal stärkste, weil Firmen und Behörden dann ihre IT-Budgets ausschöpfen.
Die Aktie der Software AG hatte sich recht zeitig wieder aus dem Corona-Crash gekämpft, zwischenzeitlich war sie bis auf 21,60 Euro gefallen. Dann ging es bis auf 44,50 Euro im September nach oben. Auch wenn die Aktie danach infolge der Hackerattacke wieder unter Druck geriet, steht seit Jahresbeginn noch ein Plus von rund 10 Prozent zu Buche./men/jha/mis
Quelle: dpa-Afx