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FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Deutsche Börse
Der seit Anfang 2018 amtierende Deutsche-Börse-Chef Theodor Weimer schaut sich schon länger nach geeigneten Übernahmezielen um - zuletzt hatte er bei größeren Deals allerdings immer den Kürzeren gezogen und sich eher kleinere Fische geangelt. Mit Zukäufen vor allem außerhalb des Aktiengeschäfts oder dem dazugehörigen Derivate-Bereich will er den Konzern noch unabhängiger von den starken Schwankungen an diesen Märkten machen. Die Deutsche Börse ist im Vergleich zu Konkurrenten wie der Euronext
Der Datenanbieter und Stimmrechtsberater ISS ist ein weiterer Zukauf, der in diese Strategie passt. Gemessen am erwarteten Nettoerlös für 2020 von mehr als 280 Millionen US-Dollar (236 Mio Euro) wird ISS weniger als zehn Prozent zum Umsatz beisteuern. Das bis 2023 prognostizierte organische Erlösplus von durchschnittlich mehr als fünf Prozent passt zur Wachstumsstrategie Weimers. Die um Sondereffekte bereinigte Marge auf Basis des Gewinns vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) bei ISS in Höhe von zirka 35 Prozent liegt deutlich unter dem Konzernwert. Weimer sieht hier aber Potenzial durch die Übernahme.
So sollen die Umsatzsynergien bis 2023 zu einem zusätzlichen operativen Gewinn von 15 Millionen Euro pro Jahr führen. Die Partnerschaft würde beiden Unternehmen Wachstumschancen eröffnen, weil die Aktivitäten sich ergänzten. ISS liefert institutionellen Investoren Daten und Dienstleistungen im Bereich der Unternehmensführung und nachhaltigen Anlagen (ESG - Environment, Social, Governance). "Die ESG-Expertise und das Leistungsspektrum von ISS auf der Datenseite ergänzen das Geschäftsmodell der Deutschen Börse über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg perfekt", sagte Weimer am Dienstagabend laut Mitteilung.
Am Mittwochnachmittag will er den Investoren seine Ziele und Strategie für die kommenden Jahre vorstellen. In den vergangenen drei Jahren ist es Weimer gelungen, den Konzern nach der turbulenten Phase unter dem früheren Chef Carsten Kengeter zu beruhigen. In der Amtszeit seines Vorgängers war die Fusion mit der London Stock Exchange (LSE)
Damit zählt die Deutsche-Börse-Aktie in diesem Zeitraum zu den erfolgreichsten deutschen Standardwerten. International gesehen sieht es aber nicht so gut aus. Die LSE-Aktie legte in diesem Zeitraum mehr als 100 Prozent zu. Der Londoner Börsenbetreiber, der kurz vor der 27 Milliarden Dollar teuren Übernahme des Datenanbieters Refinitiv steht, wird derzeit umgerechnet mit 30 Milliarden Euro bewertet. US-Börsenbetreiber wie die CME
Händler lobten den Schritt der Deutschen Börse als strategisch sinnvoll, auch wenn der Preis hoch erscheine. Dennoch macht der Zukauf vielen Experten zufolge Sinn, da er zu dem Ziel passt, einer der führenden ESG-Datenanbieter zu werden. Berenberg-Bank-Analyst Chris Turner sieht allerdings die Gefahr, dass neue Auflagen der US-Wertpapierbehörde SEC das Geschäft der sogenannten Stimmrechtsberater wie ISS erschweren und die Kosten wegen eines höheren Personalaufwands nach oben treiben könnten. Zuletzt beschäftigte das 1985 gegründete Unternehmen fast 2000 Mitarbeiter vor allem in den Vereinigten Staaten.
Turner bestätigte seine "Hold"-Einstufung für die Aktie. Sein Kursziel liegt weiter bei 153 Euro. Er geht davon aus, dass Weimer bei dem Investorentag wegen des abnehmenden Rückenwinds durch Marktentwicklungen etwas geringere Wachstumsziele ausruft. Im Fokus dürfte zudem die Entwicklung der Kosten beziehungsweise der Ziele dafür stehen. JPMorgan-Experte Gurjit Kambo sieht in dem Zukauf von ISS, der bis Mitte 2021 abgeschlossen sein sollte, vor allem wegen der Ausweitung des US-Geschäfts einen guten Schritt. Er bekräftigte seine "Overweight"-Einstufung und das Kursziel von 170 Euro./zb/men/stk
Quelle: dpa-Afx