(neu: Aussagen aus der Telefonkonferenz, Analysten, Aktienkurs)

ESSEN (dpa-AFX) - Der Chemikalienhändler Brenntag bekommt auch im dritten Quartal die harte Konkurrenz und den Preisdruck zu spüren. "Für den weiteren Verlauf des Jahres gehen wir von nach wie vor schwierigen wirtschaftlichen Umfeld aus", sagte Unternehmenschef Christian Kohlpaintner am Dienstag in einer Telefonkonferenz. Die Märkte dürften aufgrund eines Überangebots in bestimmten Endmärkten und einer verhaltenden Nachfrage sehr wettbewerbsintensiv bleiben. Das erst im August gesenkte Gewinnziel bestätigte er. Dabei verwies Kohlpaintner auf den Sparkurs des Unternehmens sowie einen "ermutigenden Start ins vierte Quartal".

Am Aktienmarkt kam die Vorlage der Quartalsbilanz nicht gut an. Die Aktie gab im frühen Handel um bis zu zehn Prozent nach und sank damit auf den tiefsten Stand seit Ende 2022. Zuletzt verlor das Papier um 7,7 Prozent auf 56,80 Euro.

Im dritten Quartal sank der um Sondereffekte bereinigte Gewinn vor Zinsen, Steuern und Firmenwertabschreibungen (operatives Ebita) im Jahresvergleich um gut sieben Prozent auf 281,1 Millionen Euro, wie das im Dax notierte Unternehmen in Essen mitteilte. Bereinigt um Währungseffekte betrug der Rückgang knapp fünf Prozent. Analyst Chris Counihan vom Analysehaus Jefferies zeigte sich enttäuscht vom Geschäftsbereich Essentials. Die anderen Bereiche hätten die Erwartungen erfüllt oder sogar übertroffen.

Den Angaben zufolge peilt der Konzern 2024 einen operativen Gewinn (operatives Ebita) von 1,1 bis 1,2 Milliarden Euro an. Mit diesen Zielen erwartet Brenntag einen Rückgang gegenüber dem Vorjahreswert. Chetan Udeshi von der US-Bank J.P. Morgan erwartet, dass der Konsens für das operative Ergebnis für das Schlussquartal um bis zu 10 Prozent sinken wird.

Unter dem Strich verdiente das Unternehmen nach Minderheiten im Berichtszeitraum 118,2 Millionen Euro nach 176,3 Millionen im Vorjahr. Der Umsatz verharrte dank höherer Absatzmengen mit knapp 4,1 Milliarden Euro fast auf Vorjahresniveau. Analysten hatten mit besseren Ergebnissen und höheren Erlösen gerechnet.

Analyst Christian Obst von der Baader Bank sprach von einem erneut schwierigen Quartal für Brenntag. Es habe unter dem Einfluss starken Wettbewerbs und unter Druck stehenden Verkaufspreisen gestanden. Brenntag sei dem mit internen Verbesserungen an der Preis- und Kostenstruktur begegnet.

Derweil passt das Unternehmen seine ursprünglichen Pläne zur Entflechtung der beiden Sparten Prozesschemikalien (Essentials) und Spezialchemikalien für bestimmte Branchen (Specialties) an. Eine schnelle und vollständige Entflechtung werde in dieser Form nicht weiterverfolgt, teilte das Unternehmen dazu mit.

Brenntag Specialties werde seine Performancelücke im Vergleich zu Wettbewerbern nicht vor 2027 schließen können. Zudem würde eine vollständige Entflechtung der stark miteinander verquickten Geschäftsbereiche zu hohen Einmalkosten sowie zu negativen Effekten bei den Abläufen im Konzern führen.

Vielmehr müsse wegen der anhaltend schwierigen Marktbedingungen der Fokus auf Profitabilität und Verbesserung der Geschäftsergebnisse gelegt werden, hieß es weiter. Angesichts des schwierigen Umfeldes hatte das Unternehmen seinen Sparkurs verschärft.

Finanzchefin Kristin Neumann will dafür Ausgaben verschieben sowie Investitionen in IT und digitale Transformation über einen längeren Zeitraum strecken. Standortschließungen und der Abbau von Arbeitsplätzen zählten bereits zum Sparprogramm.

"Für 2024 streben wir Einsparungen von rund 50 bis 60 Millionen Euro an", sagte Neumann laut Mitteilung. Im Jahr 2025 sollen diese etwa verdoppelt werden. Insgesamt will der Konzern bis 2027 jährlich 300 Millionen Euro einsparen. Die Einmalkosten hatte das Unternehmen früher auf 250 Millionen Euro beziffert.

Brenntag handelt international mit Industrie- und Spezialchemikalien sowie Inhaltsstoffen. Das Unternehmen kauft die Stoffe bei Chemiekonzernen in größeren Mengen ein und verkauft sie in kleineren Mengen. In den vergangenen Jahren ist Brenntag durch zahlreiche kleinere Übernahmen gewachsen.

Konjunkturabschwünge treffen das Unternehmen in der Regel weniger stark als Chemiekonzerne, weil Kunden dann weniger Chemikalien benötigen und diese vermehrt beim Händler statt beim Produzenten kaufen. Zuletzt beschäftigte Brenntag gut 17.700 Menschen./mne/men/jha/

Quelle: dpa-Afx