(weitere Aussagen aus der Konferenz, Hintergrund zur Dividende, weiterer Analyst, Aktienkurs aktualisiert.)

GÖTTINGEN (dpa-AFX) - Der Pharma- und Laborausrüster Sartorius hat auch im zweiten Jahr der Corona-Pandemie stark abgeschnitten. Das Unternehmen profitierte von der Nachfrage von Impfstoff- und Testherstellern. Doch auch das Basisgeschäft abseits Corona florierte und dürfte im neuen Jahr kräftig wachsen. Positiv hinzu kommen Übernahmen. Im neuen Jahr rechnet der Konzern zwar mit weniger Wachstum als bisher, angesichts des kräftigen Umsatzsprungs 2021 sprach Konzernchef Joachim Kreuzburg am Donnerstag jedoch von "nicht unanspruchsvollen" Zielen. Gleichzeitig wird der Konzern mittelfristig optimistischer.

An der Börse zeigten sich die Anleger jedoch nicht überzeugt. Die Aktien standen am Nachmittag mit über vier Prozent im Minus bei rund 423 Euro und gehörten damit zu den größten Verlierern im Dax . Nach der Kursrally der vergangenen Jahre machen Anleger zunächst also weiter Kasse. Seit die Vorzugsaktie Ende November einen weiteren Rekord bei fast 632 Euro markiert hatte, ebbte der Rückenwind für viele Corona-Profiteure an der Börse deutlich ab - so auch bei Sartorius. Seit Jahresbeginn ist der Kurs um fast 30 Prozent abgerutscht, die Aktie notiert inzwischen auf dem Niveau von Juni 2021.

Analyst Richard Vosser von der US-Bank JPMorgan lobt indes die vorläufigen Resultate und den Ausblick für 2022. Die Gewinnerwartungen des Marktes könnten nun um bis zu zehn Prozent steigen, erklärte der Experte. Auch Warburg-Experte Michael Heider lobte in einer ersten Reaktion die Prognose für das neue Jahr. Auch die mittelfristigen Aussichten gestalteten sich nach Ansicht des Analysten günstig, weswegen er die Aktie weiter als Kauf mit einem Kursziel von 640 Euro empfiehlt.

Sartorius-Lenker Kreuzburg wies darauf hin, dass die beiden vergangenen Jahre für die Firma "außergewöhnlich" gewesen seien. 2021 kletterte der Erlös vorläufigen Berechnungen zufolge im Jahresvergleich um knapp 48 Prozent auf 3,45 Milliarden Euro, der Auftragseingang wuchs um gut die Hälfte. Der Corona-Beitrag zum Umsatzplus habe jedoch mit 16 Prozentpunkten eine "verstärkende, aber keine dominante Rolle" gespielt, betonte der Manager vor Journalisten erneut. Das größte Wachstum sei aus dem Basisgeschäft gekommen.

Das um Sondereffekte bereinigte Ergebnis vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebitda) erhöhte sich um fast 70 Prozent auf rund 1,18 Milliarden Euro. Unter dem Strich blieb ein bereinigter Gewinn von 553 Millionen Euro übrig nach 299 Millionen Euro in 2020.

Nach dem Umsatz- und Ertragssprung in 2021 rechnet der Konzern nun für das neu angelaufene Geschäftsjahr zwar mit einer nachlassenden Wachstumsdynamik, aber immerhin soll der Erlös um 14 bis 18 Prozent anziehen - bei einer bereinigten Ebitda-Marge "auf dem hohen Niveau des Vorjahres von etwa 34 Prozent". Dabei soll das Wachstum in diesem Jahr komplett aus dem Basisgeschäft kommen, so der Sartorius-Chef, während die Corona-Umsätze in etwa auf dem 2021er-Niveau bei rund 500 Millionen Euro liegen dürften.

Damit rechnet sich Sartorius gute Chancen vor allem in seinem Biotechnologiegeschäft aus, das unter dem Dach der französischen Sartorius Stedim Biotech läuft. Der Bereich mit Einweg-Materialien wie Bioreaktoren und Membranbeuteln ist schon seit einigen Jahren gefragt, da in der Medizin biologisch hergestellte Medikamente und neue Behandlungsmethoden wie etwa Gen- und Zelltherapien auf dem Vormarsch sind.

"Wir befinden uns derzeit in einer sehr dynamischen und innovativen Phase, unsere Kunden arbeiten an einer Vielzahl neuer Therapieansätze", sagte Kreuzburg. Auch die Laborsparte, die etwa Pipetten für Corona-Tests liefert, soll weiter wachsen - allerdings weniger stark.

Dabei beschäftigen den Konzern aktuell auch die weltweiten Lieferkettenprobleme. Dies zeige sich vor allem in gestiegenen Frachtkosten. Auch gebe es einige Spannungen dort, wo der Konzern Elektronikbauteile benötige. Hier gelte es oft, anders zu disponieren und beispielsweise andere Zulieferer zu finden. "Wir gehen davon aus, dass diese Problematik noch mindestens für den Rest des Jahres anhält."

Die starke Nachfrage soll Sartorius auch mittelfristig ordentliches Wachstum bescheren. Der Konzern bestätigte seine bereits vor rund einem Jahr angehobene Umsatzprognose bis 2025, dann wollen die Göttinger rund 5 Milliarden Euro Umsatz erwirtschaften. Dabei bleibt Kreuzburg in seinen Annahmen nach eigener Darstellung wie in der Vergangenheit bewusst vorsichtig. Die Pandemie und das aktuell stark veränderte Bestellverhalten der Kunden, die etwa Lager aufstockten, machten genaue Prognosen "sehr schwierig bis fast unmöglich". So kalkuliert der Konzern für 2025 bisher keinerlei Erlösbeitrag durch Corona ein. Viel hänge aber von der Weiterentwicklung der Virus-Varianten ab und wie in Zukunft geimpft werde.

Mit Blick auf die operative Marge wird das Management dennoch optimistischer. Nachdem der Konzern deutliche Skaleneffekte erreicht habe, soll die bereinigte Ebitda-Marge auch im Jahr 2025 bei rund 34 Prozent herauskommen. Ein höheres Margenziel traut sich Sartorius indes nicht zu, da der Konzern die steigenden Ausgaben für die geplante Senkung der CO2-Emissionen zu berücksichtigen habe, so Kreuzburg. Auch Zukäufe dürften anfangs weniger profitabel arbeiten.

Der Konzern, der in der Vergangenheit bereits regelmäßig Übernahmen getätigt hat, will auch in Zukunft durch Zukäufe weiter wachsen. Dabei werde Sartorius den Fokus auf Zell- und Gentherapien legen, sagte der Manager. Hier hatten sich die Niedersachsen 2021 mit gleich drei Übernahmen in Deutschland verstärkt. Wegen des regen Interesses in der Branche sei die Suche nach jungen und innovativen Übernahmezielen allerdings wettbewerbsintensiv.

Auch abseits von Zukäufen weitet Sartorius seine Kapazitäten derzeit weltweit aus, bereits 2021 nahm der Konzern dafür deutlich mehr Geld als bisher in die Hand. Neben Deutschland wurden etwa Standorte in Puerto Rico, China und Südkorea ausgebaut. In diesem Jahr soll die Investitionssumme in die bestehenden Projekte wie etwa Zellkulturmedien oder die Beutelproduktion weiter erhöht werden auf 550 bis 600 Millionen Euro - nach 400 Millionen Euro im vergangenen Jahr. Auch in Deutschland wird weiter investiert. Die Zahl der Mitarbeiter soll weiter wachsen, 2021 war die Belegschaft zum Jahresende um etwa ein Drittel auf weltweit rund 14 000 gestiegen.

Seine endgültigen Zahlen will der Konzern am 17. Februar präsentierten. Offen blieb bislang die Dividende. Hierzu will der Aufsichtsrat in Kürze tagen, wie Kreuzburg erklärte. Im Vorjahr hatte Sartorius die Ausschüttung nahezu verdoppelt, nachdem der Konzern ein Jahr zuvor die Dividende wegen der coronabedingten Unsicherheiten noch erheblich eingedampft hatte.

Das frühere MDax-Schwergewicht Sartorius war mit der Index-Erweiterung im September in den Dax aufgestiegen. Das Aktienkapital ist zu gleichen Teilen in Stamm- und Vorzugsaktien aufgeteilt. Das Unternehmen hält von jeder Aktiengattung circa neun Prozent. Von den übrigen rund 34 Millionen Stammaktien gehören gut 55 Prozent einer Erbengemeinschaft und rund 38 Prozent dem US-Unternehmen Bio-Rad Laboratories. Rund sieben Prozent sind im Streubesitz.

Ganz anders sieht es bei den im Dax notierten Vorzugsaktien aus: Hier werden rund 72 Prozent der Anteile, die nicht im Besitz des Unternehmens selbst sind, im Streubesitz gehandelt; 28 Prozent liegen nach Sartorius-Angaben bei Bio-Rad Laboratories. Sartorius' Börsenwert liegt aktuell bei rund 30 Milliarden Euro./tav/jcf/zb/mis/mis

Quelle: dpa-Afx