(neu: Kursentwicklung, Aussagen aus Investorenkonferenz)

BONN (dpa-AFX) - Die Deutsche Post hat 2022 ein weiteres Rekordjahr hingelegt. Doch 2023 und auch die Folgejahre dürften erst einmal schwächer ausfallen, wie der Dax-Konzern am Donnerstag in Bonn mitteilte. Der scheidende Vorstandschef Frank Appel dampfte sogar seine mittelfristige Geschäftsprognose ein: Ein operativer Gewinn von mehr als 8 Milliarden Euro wie 2022 ist erst für 2025 wieder in Sicht. Dank der guten Geschäfte aus dem Vorjahr hebt der Konzern allerdings die Dividende an und weitet sein Aktienrückkauf-Programm aus.

Die Post-Aktie drehte nach zuversichtlicheren Aussagen des Vorstands in die Gewinnzone und gehörte zur Mittagszeit mit einem Plus von knapp einem Prozent zu den größten Gewinnern im Dax .

Im vergangenen Jahr erreichte die Post dank eines starken Auslandsgeschäfts den vom Management prognostizierten operativen Gewinn vor Zinsen und Steuern (Ebit) von 8,4 Milliarden Euro. Im Vergleich zum Vorjahr entsprach dies einer Steigerung um knapp sechs Prozent.

Jetzt aber dürfte sich die Geschäftsdynamik zunächst abschwächen - wie sehr, das hängt dem Vorstand zufolge von der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung ab. Mittelfristig will der Konzern wieder an das Rekordniveau von 2022 heranrücken, wenngleich das länger dauern dürfte als bislang geplant.

Erst Mitte des Jahrzehnts soll das operative Ergebnis wieder bei über 8 Milliarden Euro liegen. Damit verschiebt sich die Erholung der Geschäfte nach einem erwarteten Knick in den kommenden Monaten weiter in die Zukunft. Bislang war das Management davon ausgegangen, dass die Post im Tagesgeschäft bereits 2024 mehr als 8,5 Milliarden Euro verdient. Analysten hatten sich in dieser Hinsicht bereits zuvor skeptisch geäußert und kritisierten nun die Erwartungen des Vorstands.

Die Prognose sei wenig ermutigend, schrieb Analyst Alex Irving vom Analysehaus Bernstein. Er vermutet, dass die Anpassung der Mittelfristziele am Vertrauen der Anleger zehrt.

Der Januar sei wegen des chinesischen Neujahrsfests schwach ausgefallen, sagte Tobias Meyer, der nach der Hauptversammlung im Mai an die Konzernspitze rücken wird. Die Monate Februar und März seien aber ermutigend: Die Sendungsmengen zögen an, vor allem im europäischen Paketgeschäft.

Zudem stimmte offenbar die um fünf Cent auf 1,85 Euro je Aktie erhöhte Dividende die Anleger mitsamt des ausgeweiteten Aktienrückkaufs milde. Bis Ende 2024 will die Post nun Papiere im Wert von drei Milliarden Euro zurückkaufen und damit anderthalbmal so viel wie zuvor veranschlagt.

Die Post hatte in den vergangenen Jahren vor allem von den hohen Preisen für Luft- und See-Transporte profitiert. Zudem beflügelte der wegen der Pandemie boomende Online-Handel auch die Geschäfte des Logistikkonzerns auf dem Landweg. Dieses Jahr dürfte sich das Geschäft aber abkühlen.

So soll der operative Gewinn 2023 nur 6 bis 7 Milliarden Euro erreichen, je nachdem, ob und wie schnell sich die Konjunktur erholt. Der ungünstige Fall tritt ein, wenn eine nennenswerte Erholung der Weltwirtschaft ausbleibt. Das obere Ende der Spanne will die Post erreichen, falls sich die Weltwirtschaft zur Jahresmitte berappelt. Sollte die Erholung erst gegen Jahresende einsetzen, liegt die Erwartung in der Mitte der Spanne. Der freie Barmittelzufluss soll trotzdem mit rund 3 Milliarden Euro auf dem Niveau von 2022 liegen, was Analysten positiv überraschte.

Die Abschwächung des Geschäfts bekam die Post bereits im vierten Quartal zu spüren. Dennoch reichte es im Gesamtjahr zu neuen Bestwerten: Der Umsatz stieg um mehr als 15 Prozent auf über 94 Milliarden Euro. Unterm Strich verdiente die Post knapp 5,4 Milliarden Euro - sechs Prozent mehr als im Vorjahr und mehr als von Analysten erwartet.

Im Tagesgeschäft halfen dem Konzern dabei vor allem die internationalen DHL-Sparten. Darunter fallen das Express-Geschäft mit zeitkritischen Sendungen (DHL Express), die internationale Luft- und Seefracht und das europäische Speditionsgeschäft auf dem Land (DHL Global Forwarding, Freight). Die Lieferketten-Logistik (DHL Supply Chain) sowie das Paketgeschäft außerhalb Deutschlands, vor allem für den Online-Handel (E-Commerce Solutions), gehören ebenfalls dazu.

Das operative Ergebnis dieser Segmente stieg im Vergleich zum Vorjahr um knapp 15 Prozent auf 7,6 Milliarden Euro und schnitt damit etwas besser ab als vom Vorstand um Noch-Chef Appel erwartet. In ihrem Stammgeschäft lief es hingegen schlechter. Beim Brief- und Paketversand im Inland brach der Betriebsgewinn um mehr als 27 Prozent auf 1,27 Milliarden Euro ein. Gerechnet hatte das Unternehmen mit 1,35 Milliarden Euro. Der Rückgang lag außer an den gesunkenen Briefmengen auch an gestiegenen Kosten, die die Post nicht an die Kunden weitergeben konnte.

Das Geschäft im Heimatmarkt rückt am Donnerstag auch wegen möglicher weiterer Streiks in den Blick. Die Gewerkschaft Verdi will im Tagesverlauf das Ergebnis ihrer Urabstimmung bei dem Bonner Logistiker bekannt geben. Sie könnte danach einen unbefristeten Streik ausrufen, falls drei Viertel der befragten Post-Beschäftigten das Tarifangebot ihres Arbeitgebers abgelehnt haben./lew/stw/jha/

Quelle: dpa-Afx