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KAIRO (dpa-AFX) - Nach fast einer Woche ziehen, schieben und baggern erzielen Helfer im Suezkanal erste Erfolge. Das riesige Containerschiff "Ever Given" wurde am Montagmorgen teilweise freigelegt. Nach Informationen des Kanaldienstanbieters Leth Agencies liegt der Bug noch auf Grund. "Es bewegt sich was, das ist die gute Nachricht", sagte Peter Berdowski, der Chef des Unternehmens Boskalis, das bei der Bergung hilft, am Montagmorgen im niederländischen Radio. Aber für Entwarnung sei es zu früh. "Der Bug sitzt noch völlig fest."

Die Berger hoffen nun, mit Hilfe eines weiteren Schleppers im Laufe des Tages das Schiff völlig zu befreien. Sollte das nicht gelingen, müssten möglicherweise doch Container abgeladen werden. Das ist nach den Worten des Experten sehr zeitraubend. Der Dienstleister Inchcape Shipping hatte zuvor mitgeteilt, dass das 400 Meter lange Schiff "in schwimmenden Zustand" gebracht worden sei.

Die Kanalbehörde teilte mit, die "Ever Given", die etwa der Größe des Empire State Buildings in New York entspricht, sei zu 80 Prozent bewegt worden. Das Heck befinde sich nun etwa 100 Meter vom Ufer entfernt. Demnach hatten zehn Schlepper aus vier Richtungen seit dem Morgengrauen versucht, das gewaltige Schiff zu bewegen. Ägyptens Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte bereits angeordnet, die teilweise Entladung von Containern vorzubereiten, falls die Versuche zur Freilegung weiter erfolglos bleiben sollten. Hilfs- und Bergungsteams hatten mit Schleppern und Baggern über Tage versucht, das Schiff eines japanischen Eigentümers zu befreien, das am Dienstag auf Grund gelaufen war.

Trotz der Fortschritte könne es noch sechs Tage oder länger dauern, bis die gesamte Warteschlange abgelaufen ist, hieß es von der dänischen Reederei Maersk. Der Kanalbehörde zufolge warteten zuletzt rund 370 Schiffe auf beiden Seiten des Kanals auf Durchfahrt. Der Finanznachrichtendienst Bloomberg berichtete am Montag von 450 Schiffen im Stau. Mehrere Reedereien hatten bereits begonnen, ihre Schiffe über das Kap der Guten Hoffnung in Afrika zu schicken.

Von der Blockade sind in Deutschland insbesondere die Chemie- und Autoindustrie sowie der Maschinen- und Anlagenbau betroffen. Die Branchen bekommen Bestandteile für ihre Produktion aus Asien, die über den Suezkanal transportiert werden, hieß es aus dem Deutschen Industrie- und Handelskammertag. Unternehmen planen demnach bei Seetransporten zwar zwei bis fünf Tage als Puffer ein. Bei einer längeren Sperrung drohe aber zeitweise ein Stillstand der Produktion. Die Lage für die deutsche Industrie sei auch ohne die Sperrung bereits angespannt.

"Die Lieferketten waren schon vor dem Ereignis unter Druck und werden es auch noch mehrere Wochen bleiben, auch weil der bestehende Engpass an Containern sich durch den Rückstau vor dem Kanal zunächst vergrößert", sagte Henrik Meincke, Chefvolkswirt des Chemiebranchenverbands VCI, am Montag der Deutschen Presse-Agentur. Nach Einschätzung des Instituts für Weltwirtschaft (IfW) könnte die Blockade die Transportkosten für aus Asien importierte Waren weiter nach oben treiben. "Schon die Corona-Krise hat für Verwerfungen im maritimen Handel gesorgt und die Preise für den Container-Transport explodieren lassen", sagte Vincent Stamer, Experte für maritimen Handel beim IfW. "Die Schiffshavarie im Suezkanal und ihre Nachwirkungen kommen nun noch als zusätzliche Belastung hinzu."

Die Ölpreise sanken unterdessen unter anderem wegen der Fortschritte im Kanal zu Beginn der Woche. Der Suezkanal ist eine wichtige Route für den Transport von Erdöl.

Wann die "Ever Given" ihre Fahrt in nördlicher Richtung auf dem Weg nach Rotterdam im Kanal fortsetzen kann, war zunächst unklar. Laut Admiral Rabi, Vorsitzender der Kanalbehörde, soll das Containerschiff zunächst am Großen Bittersee am nördlichen Ende des Suezkanals untersucht werden. Zudem sollen Ermittlungen die Ursache für den Unfall klären. Das Schiff war vergangenen Dienstag auf Grund gelaufen.

Am Montagmorgen kursierten im Internet Videos von erleichterten Crewmitgliedern anderer Schiffe im Kanal. "Das Boot schwimmt", sagte ein Mann an Bord eines Schiffs und streckt seinen Daumen nach oben. Auf einem der Videos ist immer wieder der Ausspruch "Alhamdulillah" (Gott sei Dank) zu hören.

Der Suezkanal verbindet das Mittelmeer mit dem Roten Meer und bietet damit den kürzesten Schifffahrtsweg zwischen Asien und Europa. 2020 durchfuhren nach Angaben der Suezkanal-Behörde fast 19 000 Schiffe die Wasserstraße. Durch die Blockade gingen dem Kanal bisher täglich Einnahmen von rund 13 bis 14 Millionen Dollar verloren./cir/DP/fba

Quelle: dpa-Afx