TOULOUSE (dpa-AFX) - Der weltgrößte Flugzeughersteller Airbus
An der Börse kamen die Nachrichten glänzend an. Die Airbus-Aktie legte am Donnerstagvormittag zuletzt um rund siebeneinhalb Prozent auf 110,44 Euro zu und war damit Spitzenreiter im deutschen Leitindex Dax. Damit hat das Papier seine seit dem Jahreswechsel erlittenen Kursverluste fast wieder ausgeglichen. Bis zum Rekordhoch von 139,40 Euro aus der Zeit vor der Corona-Pandemie fehlt aber noch ein gutes Stück.
Hatte Airbus die Flugzeugproduktion im ersten Corona-Jahr noch deutlich gedrosselt, erwartet Konzernchef Guillaume Faury nun trotz der weltweiten Verwerfungen durch den russischen Angriff auf die Ukraine wieder deutlich bessere Geschäfte. "Für die Zeit nach 2022 sehen wir einen weiterhin starken Anstieg der Nachfrage nach Verkehrsflugzeugen", sagte er. Dabei gehe es vor allem um die Modellfamilie A320, mit deren Neuauflage A320neo der europäische Konzern seinem US-Rivalen Boeing
Schon im vergangenen Jahr hatte Airbus angekündigt, die Produktion der A320neo bis zum Jahr 2023 auf einen Rekordwert von monatlich 65 Maschinen hochzufahren. Vor der Pandemie hatte die Rate bei etwa 60 gelegen, bevor Airbus sie nach Beginn der Pandemie um ein Drittel zurückfuhr. Zuletzt verließen monatlich zwischen 45 und 50 Jets der Reihe die Airbus-Hallen. Mit der Erholung des Flugverkehrs wollen Fluggesellschaften inzwischen wieder mehr neue Flugzeuge haben. Zudem sitzt Airbus in diesem Segment auf einem dicken Auftragsbuch und muss die Bestellungen irgendwie abarbeiten.
Zur Steigerung der Produktionsraten will der Airbus-Konzern die Kapazitäten an seinen vorhandenen Standorten erhöhen und in seinem Werk in Mobile im US-Bundesstaat Alabama eine weitere Endmontage-Linie einrichten. Zudem sollen künftig alle Verkehrsflugzeug-Montagestandorte die Fähigkeit bekommen, die inzwischen besonders gefragte Langversion A321neo zu bauen.
Im ersten Quartal erholte sich Airbus ein weiteres Stück von der Corona-Krise. Der Umsatz stieg im Jahresvergleich um 15 Prozent auf 12 Milliarden Euro. Der um Sonderfaktoren bereinigte operative Gewinn (bereinigtes Ebit) sprang sogar um 82 Prozent auf knapp 1,3 Milliarden Euro in die Höhe. Dazu trug ein positiver Effekt im Zusammenhang mit Pensionsverpflichtungen des Konzerns rund 400 Millionen Euro bei. Andererseits belasteten die Russland-Sanktionen das Ergebnis mit rund 200 Millionen Euro. Unter anderem konnte Airbus zwei schon fertige A350-Großraumjets für die russische Fluggesellschaft Aeroflot
Außer im Geschäft mit Passagier- und Frachtflugzeugen ging es auch in der Hubschrauber-Sparte und im Rüstungs- und Raumfahrtgeschäft deutlich aufwärts. Unter dem Strich verdiente Airbus konzernweit 1,2 Milliarden Euro und damit sogar mehr als dreimal so viel wie ein Jahr zuvor. Zudem übertraf der Konzern die durchschnittlichen Erwartungen von Analysten.
Für das Gesamtjahr sieht Faury den Konzern auf Kurs, wie geplant einen bereinigten operativen Gewinn von etwa 5,5 Milliarden Euro zu erreichen. Dazu will der Konzern etwa 720 Verkehrsflugzeuge an seine Kunden auszuliefern. Der Löwenanteil wird auf die A320neo-Familie entfallen. Die Produktion der Großraumjets A350 und A330neo bleibt vorerst auf dem pandemiebedingt gedrosselten Niveau.
Zur A320neo-Familie zählt auch die Langstreckenversion A321XLR, die der Hersteller eigentlich Ende 2023 erstmals ausliefern wollte. Nun muss er an dem Modell aber nacharbeiten. Die Indienststellung werde nun für Anfang 2024 erwartet, um den Zulassungsbedingungen Rechnung zu tragen, hieß es in der Mitteilung. Allerdings solle der erste Testflug des Typs noch im laufenden Quartal stattfinden.
Bei der Frage der Zulassung geht es Insidern zufolge um einen besseren Brandschutz am hinteren Treibstofftank des Flugzeugtyps. Die europäische Luftfahrtbehörde Easa hatte diesen Punkt bereits Anfang vergangenen Jahres bemängelt. Ein stärkerer Brandschutz werde das Flugzeug möglicherweise schwerer machen, berichtete die Nachrichtenagentur Bloomberg. Faury sagte hingegen am Abend: Die XLR bleibe "das Produkt, das wir kennen".
Die A321XLR soll für Flugverbindungen bis zu 8700 Kilometer bewältigen können und ist bei immer mehr Fluggesellschaften gefragt. Mit dem Flugzeugtyp sollen sich auch solche Langstreckenflüge rechnen, auf denen die Ticketnachfrage für die sonst eingesetzten Großraumjets nicht ausreicht. Konkurrent Boeing hat kein Modell mit dieser Kapazität und Reichweite im Angebot.
Dem US-Konzern machen noch eine Reihe anderer Probleme zu schaffen: So darf Boeing schon seit vergangenem Jahr keine Langstreckenjets vom Typ 787 "Dreamliner" mehr ausliefern. Grund sind Produktionsmängel. Zudem musste der Hersteller die erste Auslieferung des modernisierten Großraumjets 777X kürzlich ein weiteres Mal auf das Jahr 2025 verschieben. Das alles kostet den Konzern Milliardensummen, nachdem er in den vergangenen Jahren schon wegen des Desasters um seinen Mittelstreckenjet 737 Max mit zwei tödlichen Abstürzen und langen Flugverboten bitteres Lehrgeld hatte bezahlen müssen./stw/zb/eas
Quelle: dpa-Afx