BERLIN/HAMBURG/HANNOVER/BREMEN (dpa-AFX) - Zehntausende Flugreisende müssen sich am Montag erneut auf erhebliche Verspätungen und Ausfälle an mehreren Flughäfen in Deutschland einstellen. Dann werden die norddeutschen Flughäfen Hamburg, Hannover, Bremen sowie der Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg BER von Verdi ganztägig bestreikt. Dies dürfte auch Auswirkungen auf andere Airports haben. Die Gewerkschaft hat Sicherheitspersonal sowie andere Beschäftigte zu einem Arbeitskampf aufgerufen. Es sei mit längeren Wartezeiten bis hin zu Flugausfällen zu rechnen, teilte Verdi am Wochenende weiter mit.

Nach Angaben des Flughafenverbandes ADV werden nach aktuellem Stand insgesamt 351 Abflüge gestrichen. 45 000 Passagiere seien direkt betroffen. Insgesamt sei mit knapp 100 000 betroffenen Passagieren zu rechnen, da auch Flüge von anderen Flughäfen ausfallen werden. Erneut würden Reisende zum Spielball des Arbeitskampfes, kritisierte der Verband und monierte, die Ankündigung sei kurzfristig gekommen. Die Passagiere hätten kaum eine Chance, sich Alternativen zu suchen.

Hintergrund sind laut Gewerkschaft die erfolglosen Tarifverhandlungen für die Bezahlung der Luftsicherheitsbeschäftigten für Arbeiten zu ungünstigen Uhrzeiten. Aber auch Verhandlungen für Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste sowie für Beschäftigte des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen spielten eine Rolle. Verdi steht nach eigenen Angaben seit Jahren mit dem Bundesverband der Luftsicherheitsunternehmen (BDLS) in Verhandlungen. Die Zuschläge seien seit 2006 nicht mehr verbessert worden, seit 2013 werde über eine Erhöhung gesprochen. Die Arbeitgeber hätten bisher kein Angebot vorgelegt. Vom BDLS lag zunächst keine Stellungnahme vor.

Am Hauptstadtflughafen BER soll der Warnstreik am Montag um 3.30 Uhr beginnen und um 24.00 Uhr enden. Nach Angaben des Airports gibt es keine regulären Abflüge. Rund 200 Starts und etwa 27 000 Passagiere seien betroffen, teilte ein Flughafensprecher mit. Viele Airlines strichen auch ihre Flüge zum Flughafen Berlin-Brandenburg an diesem Montag, wie am Sonntag auf der Website des Flughafens ersichtlich war. Die Situation sei in Bewegung, sagte der Flughafensprecher. Reisende wurden gebeten, sich bei ihrer Airline zum Flugstatus zu informieren. Die Fluggesellschaft Eurowings teilte auf Anfrage mit, den Kundinnen und Kunden seien - soweit möglich - Alternativen oder Umbuchungen auf die Bahn angeboten worden.

In Hamburg sind nach Gewerkschaftsangaben rund 2000 Beschäftigte mit Beginn der Nachtschicht am Sonntag gegen 22.00 Uhr zu der Aktion aufgerufen. Laut Flughafen fallen deshalb alle 123 geplanten Flüge aus, zudem waren am Sonntag 50 der 121 für Montag geplanten Flüge nach Hamburg gestrichen. An den Flughäfen in Hannover und Bremen ist laut Verdi davon auszugehen, dass am Montag keine Passagierflugzeuge starten oder landen können. In Hannover waren ursprünglich für Montag 35 Abflüge und 34 Ankünfte geplant. Der Ausstand ist von Mitternacht an für 24 Stunden angekündigt. In Bremen waren ursprünglich 20 Abflüge und 19 Ankünfte terminiert.

ADV-Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel warf Verdi vor, die Flughäfen im Tarifkonflikt des öffentlichen Dienstes als öffentlichkeitswirksame Bühne zur Durchsetzung ihrer Forderungen zu missbrauchen. Nicht hinnehmbar für die Flughafenbetreiber sei auch, dass Verhandlungen mit den Arbeitgebern der Luftsicherheitsbranche von Verdi mit den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst vermischt würden.

Die Warnstreiks an den Flughäfen könnten nur der Auftakt für weitere Arbeitsniederlegungen auch in anderen Bereichen des Verkehrssektors sein. So befindet sich die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG derzeit in Verhandlungen mit der Deutschen Bahn und 50 weiteren Bahnunternehmen über neue Tarifverträge. Bis zum 23. März wird sie mindestens einmal mit jedem dieser Unternehmen zusammengekommen sein. Dann werde Bilanz gezogen und über weitere Maßnahmen entschieden, sagte ein EVG-Sprecher am Wochenende.

Die "Bild am Sonntag" hatte zuvor berichtet, dass die EVG und Verdi für den 27. März bereits einen gemeinsamen Warnstreik planten, bei dem der Verkehrssektor lahmgelegt werden solle. EVG-Verhandlungsführerin Cosima Ingenschayder sagte der Zeitung: "Wenn wir das tun, werden wir Streiks rechtzeitig ankündigen. Selbstverständlich verzahnen wir uns mit Verdi. Wir möchten keinen Wettbewerb auf dem Rücken der Beschäftigten, sondern gute Löhne für alle Beschäftigten in der Mobilitätsbranche."

Der EVG-Sprecher bestätigte den Warnstreik-Termin allerdings nicht. Auch Verdi wollte sich dazu nicht äußern. "Solche Planungen sind uns nicht bekannt. An Spekulationen beteiligen wir uns nicht", sagte ein Sprecher der Gewerkschaft. Die Deutsche Bahn, die dem "BamS"-Bericht zufolge bereits Notfallpläne erstelle, äußerte sich ebenfalls nicht und verwies auf die anstehenden Verhandlungen mit der EVG am Dienstag./mvk/DP/he

Quelle: dpa-Afx