BERLIN (dpa-AFX) - Die Apotheken in Deutschland müssen sich im vergangenen Jahr gefühlt haben wie die Feuerwehr. Ob bei der Produktion von Desinfektionsmitteln, bei der Verteilung von Masken und Corona-Tests und zuletzt bei der Lieferung von Impfstoffen an die Ärzte: Wann immer es in der Krise zu Engpässen kam, blickte die Politik in ihre Richtung. Und die Apotheken lieferten. Sie beschafften hochwertige Masken oder fanden kreative Lösungen bei der Suche nach Bio-Ethanol für Desinfektionsmittel.
"Die Pandemie hat unseren Berufsstand in der Wahrnehmung durch die Öffentlichkeit entscheidend gestärkt", sagte am Donnerstag deshalb Thomas Dittrich, Vorsitzender des Deutschen Apothekerverbands (DAV), bei einer Branchenkonferenz in Berlin. "Unsere pharmazeutische Kompetenz ist gefragter denn je, wir leisten in unseren Apotheken einen wichtigen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie."
Die Apotheker bekamen aber nicht nur Anerkennung, sondern verdienten auch gut: 56,71 Milliarden Euro Umsatz machte die Branche im Jahr 2020, mehr als je zuvor. Das hat zum einen mit dem Verkauf der Corona-Produkte zu tun, aber auch mit Vorzieheffekten, weil viele Verbraucher zu Beginn der Krise Medikamente horteten.
Nicht immer wurde das Geld den Apothekern gegönnt. Gerade mit Blick auf die Masken wurde Kritik laut, die Apotheker hätten günstig eingekauft und dafür eine zu üppige Vergütung seitens des Bundes bezogen. "Das ist Unsinn", sagte am Donnerstag Claudia Korf, Geschäftsführerin für den Bereich Ökonomie bei der Bundesvereinigung Deutscher Apothekerverbände (ABDA). "Es gab genau vier Wochen, in denen die Regierung eine Möglichkeit gesucht hat, diese Masken an die Bevölkerung zu verteilen." Einzig die Apotheken seien dazu in der Lage gewesen, "aus dem Nichts" Strukturen aufzubauen und den Einkauf zu organisieren.
Zudem habe die Krise bei den Unternehmern auch Kosten verursacht: Im Schnitt hat jeder Apotheker laut Zahlen des ABDA in Deutschland rund 2500 Euro ausgegeben, um die Filialen coronatauglich umzubauen und das Personal entsprechend einzuteilen.
Hinzu kommt, dass der aktuelle Erfolg an den langfristigen Herausforderungen für die Branche kaum was ändert. Den gestiegenen Umsätzen steht eine weiter abnehmende Zahl an Apotheken in Deutschland gegenüber. Insgesamt zählte die ABDA in den ersten drei Monaten dieses Jahres rund 18 670 Filialen und Einzelapotheken. Das waren demnach 82 Apotheken weniger als Ende 2020. Während 103 Einrichtungen schließen mussten, wurden lediglich 21 neu eröffnet.
"Leider ist der Rückgang der Betriebsstätten eine Sache, die sich unabhängig von der Pandemie fortgesetzt hat", sagte Korf. Es gebe weiter einen Trend zur Marktkonzentration und zur Filialisierung.
Während die Digitalisierung aus Sicht der Verbände viele Möglichkeiten bietet, schafft sie auch Probleme: Der Anteil des Versandhandels von Medikamenten steigt stetig. Jede fünfte Verpackung wurde im vergangenen Jahr online bestellt und versendet. Hier sind es vor allem ausländische Online-Apotheken, die den heimischen Verbänden Sorgen bereiten.
Auf lange Sicht rechnet der Essener Gesundheitsforscher David Matusiewicz mit einer Konzentration von Gesundheitsdienstleistungen auf digitalen Plattformen. Große Konzerne wie Amazon
Als nächste große Änderung muss sich die Branche im kommenden Jahr auf die Einführung des E-Rezepts einstellen. Per App sollen die Patienten dann ihre Rezepte vom Arzt erhalten und diese an Vor-Ort-, oder Online-Apotheken weiter leiten können. Bisher müssen sie das Rezept bei rezeptpflichtigen Online-Bestellungen per Post einreichen. Noch gibt es dabei vor allem technische Probleme auf der IT-Seite zu bewältigen.
Doch der DAV-Vorsitzende Dittrich verbreitete am Donnerstag Optimismus: Nicht nur die Umstellung auf das E-Rezept würde die Branche meistern, sondern auch die langfristigen Risiken und Chancen der Digitalisierung./maa/DP/eas
Quelle: dpa-Afx