LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Der Pharma- und Agrarchemiekonzern Bayer
Das geschehe, falls der Supreme Court als oberstes US-Gericht einen wegweisenden Fall entweder nicht zur Verhandlung annehme oder im Sinne der Kläger urteile. In diesem Fall würde Bayer ein eigenes Programm aufsetzen, um mit weiteren Klagen in der Causa Glyphosat umzugehen. Gleichwohl zeigte sich der Konzern zuversichtlich, dass der Supreme Court ein für das Unternehmen vorteilhaftes Urteil fällt.
Konzernchef Werner Baumann setzt große Hoffnungen auf die Entscheidung des obersten US-Gerichts. Dabei geht es um den Fall des Klägers Edwin Hardeman, der Glyphosat für seine Krebserkrankung verantwortlich macht und dem insgesamt gut 25 Millionen Dollar Schadenersatz zugesprochen wurden. Bayer will den aktuellen Angaben zufolge den Antrag auf Überprüfung des Hardeman-Falls im August einreichen, eine endgültige Entscheidung sei dann vermutlich 2022 zu erwarten. Von einem für Bayer positiven Urteil versprechen sich die Leverkusener eine Signalwirkung.
Das Management von Bayer versucht mit dem Schritt perspektivisch einen Schlussstrich unter den milliardenteuren Rechtsstreit zu ziehen. So wurde in einem umfangreichen Vergleich der Umgang mit bereits vorliegenden Klagen geregelt, wovon laut Angaben vom Mai 96 000 Fälle endgültig beigelegt sind. Offen ist dagegen weiterhin der Umgang mit künftigen Klagen. Hierfür hatte Bayer jüngst einen Fünf-Punkte-Plan vorgelegt, nachdem ein Richter vorherige Lösungsvorschläge abgelehnt hatte.
Alles in allem hatte Bayer für das Gesamtpaket bisher mehr als elf Milliarden Dollar vorgesehen, zu denen nun weitere 4,5 Milliarden hinzukommen. In der kommenden Woche, am 5. August, wird dann die Veröffentlichung der Halbjahreszahlen einen tieferen Blick in die Bilanz des Unternehmens erlauben.
Bayer kündigte zudem an, den Unkrautvernichter Glyphosat perspektivisch nicht mehr an Privatkunden in den USA zu verkaufen. Das Unternehmen hatte den Schritt bereits im Mai in Aussicht gestellt, um das Risiko künftiger Klagen zu reduzieren. Die Glyphosat-basierten Produkte im US-Privatkundenmarkt würden durch Produkte mit neuen Formulierungen ersetzen, hieß es nun. Der genaue Zeitpunkt hänge von der Genehmigung durch die Behörden ab. "Dieser Schritt ist ausschließlich der Minimierung von Rechtsrisiken geschuldet und reflektiert in keinerlei Hinsicht etwaige Sicherheitsbedenken", betont Bayer.
Mit den Ankündigungen vom Donnerstag will die Bayer-Führung auch verlorenes Vertrauen der Aktionäre zurückgewinnen. "Wir wollen damit gegenüber unseren Investoren deutlich machen, dass die Risiken des Glyphosat-Rechtsstreits angemessen in der Bilanz abgebildet sind", sagte der Vorstandsvorsitzende Werner Baumann bei einer Telefonkonferenz mit Analysten.
Der Aktienkurs sackte indes in einer ersten Reaktion ab, erholte sich dann aber wieder. Mit einem Kursplus von knapp 1,8 Prozent auf 51,41 Euro notierten die Anteilscheine zuletzt aber immer noch tiefer als vor der Ankündigung. Seit der ersten Niederlage in einem Glyphosat-Prozess im Sommer 2018 haben sie rund 45 Prozent ihres Wertes eingebüßt. Noch etwas schlechter ist die Bilanz für die Amtszeit von Baumann, der das Ruder in Leverkusen im Mai 2016 übernommen hatte. Nur weniger Tage später hatte er den Plan zum Kauf des US-Saatgutkonzerns und Glyphostat-Herstellers Monsanto verkündet. 2018 wurde die über 60 Milliarden US-Dollar teure Übernahme dann abgeschlossen, mit dem sich Bayer die Glyphosat-Klagewelle ins Haus holte./mis/ngu/he
Quelle: dpa-Afx