MÜNCHEN/DRESDEN (dpa-AFX) - Aus Sorge vor der extrem kritischen Lage im Nachbarland Tschechien stimmen Bayern und Sachsen ihr Corona-Management in den Grenzgebieten direkt aufeinander ab. "Wir müssen das Herz Europas unterstützen, das leidet besonders unter Corona", sagte Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) am Montag bei einer Online-Pressekonferenz mit Blick auf die Region. Sein sächsischer Kollege Michael Kretschmer (CDU) betonte, mit den bisherigen Werkzeugen könne die schwierige Corona-Situation in den Grenzregionen nicht gelöst werden.
Hintergrund ist, dass Tschechien unter allen EU-Staaten die höchste Corona-Neuinfektionsrate aufweist. Am Montag meldeten die Behörden 4557 neue Fälle innerhalb von 24 Stunden. Seit Beginn der Pandemie gab es mehr als 1,2 Millionen Infektionen und 20 469 Todesfälle. Das Land hat rund 10,7 Millionen Einwohner. Bayern und Sachsen sind durch ihre Grenzen zu Tschechien besonders herausgefordert: Landkreise in Grenznähe zählen zu den auffälligsten Corona-Hotspots in Deutschland.
Um eine weitere Ausbreitung von Corona-Infektionen aus Tschechien zu verhindern, setzen Bayern und Sachsen nicht nur auf eine konsequente Fortführung der bestehenden Grenzkontrollen samt Vorlage eines negativen Tests für Einreisende. Beide Bundesländer verabredeten zudem, dass die Testkonzepte vereinheitlicht werden sollten. Auf diese Weise sollen überall dort Tests angeboten werden, wo es die Infektionslage erforderlich macht. Ferner sollen auch auf tschechischer Seite die Testkapazitäten ausgebaut werden.
Des Weiteren setzen beide Länder bei der "Pendlerquarantäne" auf eine gemeinsame Linie. Das heißt, in den Hotspot-Regionen gelten für Grenzgänger und -pendler Auflagen für die Wege zum Arbeits- oder Schulort. Grenzpendler nach Tschechien sollen in Deutschland die Wohnung nur aus triftigen Gründen verlassen dürfen. Generell sollten alle Unternehmen im Grenzgebiet Homeoffice-Lösungen prüfen. Wo dies nicht möglich sei, brauche es strenge Hygienevorschriften und Schnelltests am Arbeitsplatz.
Sachsen, Bayern und Thüringen wollen Tschechien außerdem mit Corona-Impfstoff aushelfen. Insgesamt ist die Lieferung von 15 000 Impfstoff-Dosen geplant. Der Impfstoff soll in den Grenzregionen eingesetzt werden. Söder sprach dazu von einer Geste, die hierzulande nicht die Impfstrategie durcheinander bringe, zugleich aber auch hierzulande die Sicherheit erhöhe. Beide Länder wollten Tschechien zudem mit der Aufnahme von Corona-Patienten in Krankenhäusern und mit Schnelltests helfen. "Tschechien ist in großer Not" sagte Kretschmer.
Zugleich forderten Söder und Kretschmer aber auch Sonderhilfen für Corona-Hotspots aus Berlin und Brüssel. "Wir wünschen vom Bund und von der EU zusätzliche Impfstofflieferungen", sagte Söder. Dies sei wichtig, damit perspektivisch auch hier durch sinkende Inzidenzen Öffnungen wieder vertretbar würden. Bayern werde seine Hotspots ebenfalls "bewusst stärken" und mehr Impfstoff in die Landkreise in den Grenzregionen geben.
Beide Länderchefs betonten die Notwendigkeit, die Lage an der Grenze auch bei der Konferenz von Bund und Ländern am Mittwoch zu thematisieren. Angesichts der weiterhin schwierigen Lage warten sie eindringlich vor übereilten Öffnungsschritten. Es könne nur um kleine Schritte gehen - und um eine Teststrategie, die Klarheit schaffe.
"Aus dem System der pauschalen Kontaktvermeidung müssen wir kommen in ein System der sicheren Kontakte", sagte Kretschmer. Das gehe aber nur mit einem Schnelltestkonzept. Lockerungsschritte in der Kultur, im Sport, in der Wirtschaft, in der Bildung müsse man daran binden. Es werde auch darum gehen, Zeitachsen zu definieren, etwa bis Ostern. Entscheidend seien aber immer die Corona-Zahlen, nicht Zeitpunkte.
Kretschmer sprach sich ferner für ein neues Impfregime in den Hotspots aus. Er schlug für die betroffenen Regionen wie den Vogtlandkreis etwa Impfangebote für alle Erwachsenen über 18 Jahren vor. Das sei eine Möglichkeit, die Ausbreitung des Virus zu verhindert. Auch Söder forderte erneut ein neues Impfkonzept vom Bund. Der Astrazeneca
Mit den jetzigen Werkzeugen könne die Corona-Situation in den Grenzregionen nicht gelöst werden, sagte Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer (CDU). Hier brauche es ein besonderes Impfregime für die Hotspots. Er schlug für die betroffenen Regionen etwa Impfangebote für alle Erwachsenen über 18 Jahren vor. Das sei eine Möglichkeit, die Ausbreitung des Virus zu verhindern.
Um die Situation besser bewerten zu können, wollen Bayern und Sachsen auch ein gemeinsames Lagebild zu Mutationen erarbeiten. Hierzu sollen im Dreiländereck positive Corona-Tests auf entsprechende Varianten untersucht werden. "Der Bund ist aufgerufen, hier finanziell zu unterstützen", teilten beide Länder mit./ctt/DP/stw
Quelle: dpa-Afx