MÜNCHEN (dpa-AFX) - Der Autobauer BMW
Im laufenden Jahr geht der Konzern wegen des Kriegs in Osteuropa bei der wichtigen Gewinnmarge vor Zinsen und Steuern (Ebit-Marge) im Automobilgeschäft von einem Wert zwischen 7 und 9 Prozent aus, nach 10,3 Prozent vergangenes Jahr. Ohne die Probleme durch den Konflikt hätte sich das Unternehmen nach eigenen Angaben vom Mittwoch zum Ziel gesetzt, dass zwischen 8 und 10 Prozent des Umsatzes als operativer Gewinn hängenbleiben. Finanzanalysten hatten dem Unternehmen in ihren Schätzungen zuvor um die 9 Prozent Marge zugetraut - allerdings dürften diese die Verwerfungen durch den Krieg kaum mit einberechnet haben.
BMW ist der erste der deutschen Autobauer, der explizit die Effekte auf die eigenen Zahlen beziffert. Bei zuletzt gut 95 Milliarden Euro Umsatz in der Autosparte entspricht ein Prozentpunkt weniger Marge einer Ergebnisbelastung von rund 950 Millionen Euro. Mögliche weitere langfristige Auswirkungen wie eine Ausweitung des Krieges und nochmals verschärfte Sanktionen kann aber auch BMW derzeit nach eigenen Worten nicht abschätzen.
Aktuell plagen die Autoindustrie vorwiegend Lieferprobleme aus Osteuropa, unter anderem produziert der Autozulieferer Leoni
Die BMW-Stammaktie legte am Mittwoch um rund 2 Prozent auf 76,77 Euro zu. Insgesamt stieg der Gesamtmarkt deutlich, so auch der deutsche Leitindex Dax
Die Zahlen zum vergangenen Geschäftsjahr und den überraschend hohen Dividendenvorschlag von 5,80 Euro je Stammaktie hat BMW bereits vergangene Woche mitgeteilt, im vierten Quartal hatten die Bayern mit ihrer Rendite nicht ganz so glänzen können wie der Stuttgarter Rivale Mercedes-Benz
Allerdings war BMW im vergangenen Jahr weniger stark wegen fehlender Halbleiter unter Druck gekommen als die deutsche Konkurrenz und hatte am Ende sogar mehr Autos ausgeliefert als im Vorjahr. Die Stammmarke BMW eroberte gar von Mercedes erstmals seit der Mitte des vergangenen Jahrzehnts den Spitzenplatz im weltweiten Verkauf von Premiumautos zurück. Die Nachfrage sei weltweit hoch, hieß es vom Konzern - dennoch rechnet BMW wegen der geopolitischen Lage in Osteuropa nun nur mit Auto-Auslieferungen auf dem Niveau des Vorjahres von rund 2,5 Millionen Stück.
Chef Zispe schätzt die künftigen Marktchancen vollelektrischer Autos zunehmend besser ein. Mit ihrer ab Mitte des Jahrzehnts geplanten neuen Fahrzeuggeneration halten es die Münchener für möglich, dass der Anteil reiner Batterieautos am weltweiten Gesamtabsatz schon vor dem Jahr 2030 die Hälfte erreichen wird, wie es bisher geplant war. Da Zipse schon vor Ende des Jahrzehnts einen Gesamtverkauf von 3 Millionen Autos anpeilt, könnten die jährlichen Stückzahlen dann bei über 1,5 Millionen liegen.
In der neuen Modellgeneration - die BMW "Neue Klasse" nennt - werde auch erstmals ein neuer batterieelektrischer Antrieb zum Einsatz kommen, der die Kosten für den Antriebsstrang deutlich senken soll, hieß es vom Konzern. Für diesen neuen E-Antrieb entwickle BMW aktuell eine neue Generation von Batteriezellen. BMW gilt bislang nicht als offensivster Autobauer, was den reinelektrischen Batterieantrieb angeht. Nach wie vor geht Zipse davon aus, dass auch nach 2030 noch herkömmliche Antriebe wie Verbrenner in manchen Weltregionen erforderlich sind.
Der Konzern insgesamt dürfte den Vorsteuergewinn dieses Jahr deutlich steigern, prognostiziert das Management um Zipse. Das bedeutet mindestens zehn Prozent mehr als die 2021 erreichten 16 Milliarden Euro. Das liegt auch an der Vollkonsolidierung des chinesischen Produktions-Joint-Ventures BMW Brilliance Automotive (BBA), an dem BMW im Februar die Mehrheit übernommen hat. Denn die Neubewertung der bisherigen Anteile an dem Gemeinschaftsunternehmen dürfte im Finanzergebnis einen positiven Bucheffekt von 7 bis 8 Milliarden Euro auslösen.
In der Kasse wird dank der Übernahme mit einem deutlichen Zufluss an finanziellen Mitteln gerechnet, weswegen Vorstand und Aufsichtsrat der Hauptversammlung einen Aktienrückkauf vorschlagen. Selbst nach Abzug des Kaufpreises für die Anteile in Höhe von 3,7 Milliarden Euro landen schließlich per Saldo rund 5 Milliarden Euro zusätzlich auf den eigenen Konten der Münchener.
Auch im laufenden Geschäft soll sich die Lage weiter bessern, dieses Jahr rechnet sich Finanzchef Nicolas Peter einen Zufluss freier Mittel aus dem Autogeschäft von mehr als 7 Milliarden Euro aus. Vergangenes Jahr waren es 6,4 Milliarden Euro.
Die weiter schwierige Situation in der Belieferung mit Elektronikchips dürfte sich nicht vor dem zweiten Halbjahr entspannen, hieß es von BMW. Das Risiko von Lieferengpässen bestehe angesichts der hohen internationalen Nachfrage nach Halbleitern weiter.
Die starken Ergebnisse der Finanzdienstleistungssparte dürften sich nach Ansicht des Konzerns im neuen Jahr nicht wiederholen. Bei der Eigenkapitalrendite strebt BMW einen Wert von 14 bis 17 Prozent an, nachdem das Unternehmen im vergangenen Jahr 22,6 Prozent erzielte. Da hatte BMW insbesondere von stark gestiegenen Gebrauchtwagenpreisen profitiert, die den Wiederverkauf von Leasingrückläufern begünstigten. Das dürfte sich im zweiten Halbjahr 2022 normalisieren./men/lew/mis
Quelle: dpa-Afx