KARLSRUHE (dpa-AFX) - Der "Goldhase" von Lindt ist der mit Abstand meistverkaufte Schoko-Osterhase in Deutschland - und seine Farbe ist so bekannt, dass sie Markenschutz genießt. Der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe stellte am Donnerstag höchstrichterlich fest, dass sich der charakteristische Goldton der Folie als sogenannte Benutzungsmarke durchgesetzt hat. (Az. I ZR 139/20)
Das Urteil ist ein Erfolg für den Schweizer Traditionshersteller, bedeutet aber noch nicht automatisch, dass Konkurrenten keine goldenen Schokohasen im Sortiment haben dürfen. Dafür muss jeweils gerichtlich festgestellt sein, dass die Lindt-Marke tatsächlich verletzt wird - zum Beispiel weil Verwechslungsgefahr besteht. Im laufenden Streit mit der schwäbischen Confiserie Heilemann, der Anlass für die BGH-Entscheidung war, muss das Münchner Oberlandesgericht (OLG) nun prüfen, ob das der Fall ist.
Der Lindt-Hase wird seit seinen Anfängen 1952 in Goldfolie angeboten, seit 1994 im aktuellen Ton. Mit einem Anteil von über 40 Prozent (2017) ist der "Goldhase" unangefochtener Marktführer.
Lindt versucht seit Jahren, allzu ähnliche Konkurrenzprodukte aus den Süßigkeitenregalen zu verbannen. Aber das ist gar nicht so einfach: Zwischen 2002 und 2013 bissen sich die Schweizer an den goldenen Schokohasen der fränkischen Confiserie Riegelein die Zähne aus. Der Streit landete gleich zweimal in höchster Instanz beim BGH. Am Ende durfte der Riegelein-Hase bleiben, wie er ist.
Damals ging es darum, ob der sitzende "Goldhase" mit rotem Halsband und Glöckchen insgesamt Markenschutz genießt. Diesmal setzt Lindt allein auf die Farbe. Reine Farbmarken - also ohne Kontur oder Form - sind relativ selten, denn die Hürden für die Eintragung sind hoch. Beim Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) in München sind derzeit etwas mehr als 100 abstrakte Farbmarken und Farbkombinationsmarken registriert, immer für bestimmte Waren oder Dienstleistungen.
Auch Lindt hat die Farbmarke "gold (Pantone Premium Metallics coated 10126 C)" im Mai 2017 für Schokohasen beim Markenamt eintragen lassen, sich vor dem BGH aber nicht darauf berufen. In Karlsruhe ging es ausschließlich um die Frage, ob sich der Goldton durch seine lange und intensive Benutzung am Markt durchgesetzt hat. Experten sprechen davon, dass eine Benutzungsmarke "Verkehrsgeltung erlangt".
Dazu hatte Lindt in den Vorinstanzen die Ergebnisse einer Marktstudie vorgelegt, bei der Verbraucherinnen und Verbrauchern eine Farbkarte mit Goldtönen vorgelegt wurde. Knapp 80 Prozent aller potenziellen Schokohasen-Käufer hätten die Farbe mit Lindt in Verbindung gebracht.
Das Oberlandesgericht (OLG) München war mit diesen Zahlen allerdings nicht zu überzeugen gewesen. Das Gold sei für Lindt keine klassische Hausfarbe, urteilten die Richter vor genau einem Jahr am 30. Juli 2020 - wie zum Beispiel das Milka-Lila, das Sparkassen-Rot oder das Nivea-Blau. Der Wiedererkennungseffekt des "Goldhasen" beruhe obendrein auf einer Kombination von Form und Farbe.
Das ist dem BGH deutlich zu streng: Nach dessen Rechtsprechung muss mindestens jeder Zweite die fragliche Farbe dem Unternehmen zuordnen können. Das Lindt-Ergebnis reiche hier "dicke", hatte der Senatsvorsitzende Thomas Koch schon in der Verhandlung Ende Mai gesagt. Für die obersten Zivilrichterinnen und -richter spielt es keine Rolle, dass Lindt das Gold nicht für alle Produkte verwendet. Dass der "Goldhase" noch andere charakteristische Merkmale hat wie das rote Halsband mit Glöckchen, tut ebenfalls nichts zur Sache.
Ein Sprecher von Lindt & Sprüngli teilte mit, es sei nicht das Ziel, "einen anderen Schokoladenhasen-Hersteller aus dem Markt zu verdrängen". Das Unternehmen wehre sich aber "gegen widerrechtliche Nachahmer, die den guten Ruf der über viele Jahre hinweg aufgebauten und berühmten Produktausstattung ausnutzen". Maßgeblich sei, dass sich der Gesamteindruck ausreichend unterscheide. "Es gibt eine Vielzahl von Gestaltungsmöglichkeiten für Schokoladenhasen, die die Rechte von Lindt & Sprüngli nicht tangieren."
Heilemann wiederum argumentiert, Gold gehöre zu den österlichen Farben und sei außerdem ganz besonders. Konkurrenten hätten nicht viele Ausweichmöglichkeiten. Der mittelständische Hersteller aus Woringen im Allgäu, der zur thüringischen Viba Gruppe gehört, hat auch die Löschung der eingetragenen Farbmarke beantragt. Im Streit um die Benutzungsmarke hofft der Viba-Beiratsvorsitzende Karl Heinz Einhäuser nun auf das OLG: "Vor Gericht ist es wie auf hoher See, man kommt durch oder man geht unter. Wir wollen natürlich durchkommen."/sem/DP/nas
Quelle: dpa-Afx