BERLIN (dpa-AFX) - Nach jahrelangen Diskussionen soll die Werbung für gesundheitsschädliches Rauchen in Deutschland weiter eingeschränkt werden. Der Bundestag soll dazu am Donnerstagabend Pläne der großen Koalition beschließen, die ein schrittweises Verbot der Plakatwerbung ab 2022 vorsehen. Ins Visier kommen auch Elektro-Zigaretten. Weitere Beschränkungen sind für Kinowerbung und Marketingaktionen geplant. Mediziner fordern seit langem zusätzliche Werbeverbote, um vor allem junge Leute vor dem Einstieg ins Rauchen zu schützen. In der vorigen Wahlperiode war ein Anlauf dazu am Widerstand der Union gescheitert.
SPD-Fraktionsvize Matthias Miersch sagte der Deutschen Presse-Agentur: "Werbung für Zigaretten gehört bald der Vergangenheit an - das ist gut und richtig so. Gesundheitsschutz muss Vorrang vor Wirtschaftsinteressen haben." Die SPD habe lange für das Werbeverbot gekämpft, das auch für nikotinfreie und nikotinhaltige E-Zigaretten gelten solle. "E-Zigaretten und Tabakerhitzer sind keinesfalls die gesunde Alternative des Rauchens", betonte Miersch. Neben dem Werbeverbot müssten Inhaltsstoffe von E-Zigaretten besser erforscht, kontinuierlich kontrolliert und, wo notwendig, klar verboten werden.
Die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Daniela Ludwig (CSU), sagte der dpa: "Endlich sind wir beim Tabakwerbeverbot auf direktem Weg zum Ziel." Dass E-Zigaretten und Erhitzer mit im Verbot seien, sei ihr von Anfang an wichtig gewesen. Auch bei der unübersichtlichen Produktvielfalt von Aromastoffen sei zu prüfen, inwiefern weitere Aromen in die Liste verbotener Inhaltsstoffe aufgenommen werden müssten. "Wir sind verpflichtet, die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen in Deutschland zu schützen", sagte Ludwig.
Konkret sollen Reklamemöglichkeiten gestaffelt unterbunden werden. Zuerst soll ab 1. Januar 2022 ein Werbeverbot auf Außenflächen wie Plakatwänden oder Haltestellen für herkömmliche Tabakprodukte kommen. Für Tabakerhitzer soll es ab 1. Januar 2023 greifen, für E-Zigaretten ab 1. Januar 2024. Schon ab 1. Januar 2021 tabu sein soll Kinowerbung fürs Rauchen, wenn der Film für unter 18-Jährige freigegeben ist. Schluss sein soll dann auch mit dem Verteilen von Gratis-Proben außerhalb von Fachgeschäften etwa bei Musikfestivals und Tabakprodukten als Gewinne bei Preisausschreiben.
Die Verabschiedung kommt vier Jahre nach einem gescheiterten ersten Versuch. Das Kabinett hatte 2016 zwar Plänen des damals zuständigen Ernährungsministers Christian Schmidt (CSU) zugestimmt. Im Bundestag wurden sie aber nie beschlossen. Ende 2019 gab die Unionsfraktion den Weg für einen zweiten Anlauf frei. Schmidt sagte der dpa: "Ich freue mich und bin dankbar, dass nach längerer Verzögerung endlich der Gesetzentwurf zu einem weitgehenden Tabakwerbeverbot vor der Verabschiedung steht." Er betrachte das auch als späten Sieg. "Ich bin froh, dass elektronische Zigaretten und Verdampfer mit einbezogen sind." Hier hätte er sich aber eine raschere Lösung gewünscht.
Auch der Bundesrat muss den neuen Werbebeschränkungen noch zustimmen. Verboten ist Tabakwerbung etwa schon in Radio und Fernsehen, Zeitungen und Zeitschriften./sam/DP/zb
Quelle: dpa-Afx