FRANKFURT (dpa-AFX) - Die deutsche Chemie- und Pharmaindustrie steht trotz einer Abkühlung der Geschäfte vor einem Rekordjahr. Mit der weltweit immensen Nachfrage nach Corona-Impfstoffen und stark steigenden Chemikalienpreisen rechnet sie 2021 mit einem Umsatzsprung um 15,5 Prozent auf 220 Milliarden Euro, wie der Branchenverband VCI am Dienstag in Frankfurt mitteilte. Mit der nochmals erhöhten Prognose soll der bisherige Bestwert aus dem Jahr 2018 von 203 Milliarden Euro Umsatz übertroffen werden. Zugleich belasten teure Energie und Materialengpässe zunehmend die Industriebranche mit gut 466 000 Beschäftigten hierzulande. Der Ausblick für den Winter fällt daher weniger zuversichtlicher aus.
Die Chemie- und Pharmabranche hatte sich nach dem Dämpfer im Corona-Krisenjahr 2020 im ersten Halbjahr rasant erholt. Nun kühlte sich das Wachstum im dritten Quartal ab: Engpässe bei Material und Logistik sowie hohe Strom- und Gaspreise dämpften die Produktion, die Chemieanlagen seien nur noch im unteren Normalbereich ausgelastet gewesen, so der VCI. So hätten manche Chemieunternehmen Anlagen etwa für Ammoniak gedrosselt, weil sie höhere Energiepreise aktuell nicht an Kunden weitergeben könnten. Nur dank der starken Pharmabilanz wuchs die Produktion noch um 0,8 Prozent zum zweiten Quartal.
In der Chemie allein hingegen fiel die Produktion leicht, alle Bereiche bis auf Petrochemikalien verbuchten Rückgänge. Auf der anderen Seite gelang es der Branche teilweise, stark steigende Chemikalienpreisen an Kunden weiterzureichen. Zudem bestellten vor allem im Ausland die Industriekunden mehr Chemieprodukte, um Materialengpässen vorzubeugen und Lager aufzustocken. Diese Zusatznachfrage konnte die Chemiebranche nur teilweise bedienen.
Als starke Stütze für die Branche erwies sich einmal mehr die Pharmaindustrie, die von der Nachfrage nach Corona-Impfstoffen, etwa vom Mainzer Hersteller Biontech
Christian Kullmann, Präsident des Verbands der Chemischen Industrie (VCI), warnte vor Gegenwind für die Branche in den kommenden Monaten. "Weder bei der Materialknappheit noch bei den hohen Energiekosten ist eine schnelle Besserung in Sicht", sagte Kullmann. "Diese Faktoren belasten die Wirtschaft und führen dazu, dass das Chemiegeschäft im kommenden Winter weiter abkühlen wird."/als/DP/stw
Quelle: dpa-Afx