STUTTGART (dpa-AFX) - Der Autobauer Mercedes-Benz
Das Papier sank in den ersten Handelsminuten um fast drei Prozent auf 56,64 Euro. Der Kurs war mit der Prognosekappung im September deutlich eingeknickt, hatte sich aber auch vorher schon einige Monate lang schwach entwickelt. Im Jahresverlauf steht ein Minus von neun Prozent zu Buche. Seit dem Jahreshoch über 77 Euro im April beträgt der Kursverlust rund ein Viertel.
Analysten hatten nach den Warnungen bereits ein deutlich schlechteres Quartal erwartet. Dass Mercedes im Kerngeschäft mit Pkw aber vor Zinsen, Steuern und Sondereffekten nur 4,7 Prozent operative Gewinnmarge erzielte, hatten sie nicht vorhergesehen. Ein Jahr zuvor waren es noch 12,4 Prozent gewesen. Konzernchef Ola Källenius hatte die Experten für das zweite Halbjahr auf eine Marge von um die 6 Prozent eingestellt. Nach der Enttäuschung im dritten Quartal stellte Finanzchef Wilhelm in einer Telefonkonferenz mit Analysten für das vierte Quartal eine Marge von 6 bis 7 Prozent in Aussicht.
Analyst Philippe Houchois vom Investmenthaus Jefferies sprach von einem enttäuschenden Resultat in der Pkw-Sparte, verwies aber auch auf einen starken Finanzmittelzufluss. Tom Narayan von der kanadischen Bank RBC äußerte sich ähnlich.
Mercedes hat Schwierigkeiten vor allem in China, weil die teuren Modelle mit dem Stern dort nicht so gut laufen wie gedacht und sich für das laufende Jahr auch keine Besserung abzeichnet. Die teuren Autos sind das Kernelement der Strategie von Källenius und haben in den vergangenen Jahren die Umsatzrendite der Schwaben auf Rekordhöhen getrieben. Mit der Wirtschaftsflaute in der Volksrepublik insbesondere am Immobilienmarkt sind die wohlhabenden Mercedes-Kunden aber unerwartet sparsam geworden.
Zudem wächst die Konkurrenz heimischer Autobauer in dem Land, das für die deutschen Hersteller über viele Jahre der Wachstumsgarant war. Im Elektrobereich, der in China stark wächst, wartet Mercedes immer noch auf durchschlagenden Erfolg mit seinen Modellen wie etwa dem EQS, dem vollelektrischen Pendant zur S-Klasse. Mercedes gab im dritten Quartal insgesamt einen mittleren dreistelligen Millionen-Euro-Betrag aus, um unter anderem die Bestände an Elektroautos auf den Höfen der Autohändler über Rabatte zu senken und in China mit Zuschüssen den Vertrieb zu stützen, wie Wilhelm sagte.
Die Prognosesenkung im September war bereits das zweite Mal in diesem Jahr, dass das Management die Gewinnerwartungen dämpfen musste. Vor dem Wochenende senkte Mercedes folgerichtig nun auch die Umsatzerwartung für den Gesamtkonzern und die Absatzerwartung für die Pkw-Sparte - beide sollen nun statt auf Vorjahresniveau leicht darunter liegen.
Bei den im September gesenkten Gewinnprognosen bleibt es derweil. Sowohl der freien Mittelzufluss (Free Cashflow) als auch das Ergebnis vor Zinsen und Steuern dürften deutlich unter dem Vorjahreswert landen. Die bereinigte Marge im Pkw-Geschäft plant Wilhelm noch mit 7,5 bis 8,5 Prozent ein.
Das Ergebnis vor Zinsen und Steuern sackte im vergangenen Quartal konzernweit im Jahresvergleich um fast die Hälfte auf 2,52 Milliarden Euro ab, wie der Dax
Mercedes hatte im dritten Quartal 503.573 Pkw abgesetzt, das waren 1,4 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Der Autobauer konnte aber nicht mehr so hohe Preise erzielen und verkaufte einen kleineren Anteil teurerer Autos, sodass die Gewinne abstürzten. Bei den Lieferwagen fiel zwar der Absatzrückgang größer aus, das Minus beim operativen Ergebnis der Vans konnte Mercedes aber im Zaum halten. Auch das Geschäft mit Finanzdienstleistungen und Mobilitätsdiensten steht vor Problemen. Durch die allgemeine Zinsentwicklung im Wettbewerb verdiente das Unternehmen weniger an Finanzierungen und Leasing.
Besser als gemeinhin gedacht schnitt Mercedes beim Free Cashflow im Industriegeschäft ab - also ohne die Finanzdienstleistungen gerechnet. Die Kennzahl ist für Anleger wichtig, weil Mercedes zusätzlich zur regulären Dividende die darüber hinaus noch verfügbaren freien Mittel für Aktienrückkäufe einsetzen will. Diese sind bei vielen Profianlegern beliebt, weil sie rechnerisch den Gewinnanteil je Aktie erhöhen und daher den Kurs stützen können.
Finanzchef Wilhelm sprach von einem "soliden Cashflow". Dieser lag mit 2,39 Milliarden etwas über dem Wert von vor einem Jahr, insbesondere dank gesunkener Vorräte, welche Kapital binden./men/mis/jha/
Quelle: dpa-Afx