FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Deutsche Börse hat weiter vom regen Handel an den Finanzmärkten und der gestiegenen Unsicherheit infolge der Corona-Pandemie profitiert. Nettoerlöse und operativer Gewinn legten im zweiten Quartal erneut zu - allerdings konnte das hohe Wachstumstempo zu Jahresbeginn nicht gehalten werden. In den drei Monaten bis Ende Juni stiegen die Nettoerlöse um sieben Prozent auf 777,5 Millionen Euro, wie der Konzern am Mittwochabend mitteilte. Das um Sondereffekte bereinigten Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) stieg um vier Prozent auf 483 Millionen Euro. Damit schnitt der Konzern in etwa so ab, wie es Experten erwartet hatten. An der Börse war das nicht genug - der Aktienkurs sackte ab.

Daran änderte auch die bestätigte Prognose nichts, obwohl das gerade in Krisenzeiten oft von Investoren goutiert wird. Demnach soll der um Sondereffekte bereinigte Gewinn im laufenden Jahr im Vergleich zum Vorjahr um acht Prozent auf 1,2 Milliarden Euro steigen. Die Erlöse sollen strukturell - also ohne Sondereffekte wie günstige Marktbedingungen oder Übernahmen - um fünf Prozent wachsen. Die Prognose basiere auf der Erwartung, dass die volatilitätsbedingt höher als erwartet ausgefallene Aktivität im ersten Quartal durch Rückgänge in einzelnen Bereichen, wie bei den Nettozinserträgen im Segment Clearstream, im weiteren Jahresverlauf größtenteils kompensiert werde.

Die seit Wochen und Monaten sehr gefragte Aktie gab am Nachmittag um rund fünf Prozent auf 157,10 Euro nach und war damit einer der schwächsten Werte im Eurozonen-Auswahlindex EuroStoxx 50 . Vergangene Woche hatte das Papier mit 170,15 Euro den bisher höchsten Stand seiner fast 20-jährigen Börsengeschichte erreicht. Wegen der coronabedingt guten Geschäfte befinden sich die Anteile der Deutschen Börse seit einiger Zeit auf dem Höhenflug - seit Beginn des Jahres verteuerte sich die Aktie um etwas mehr als zehn Prozent und zählt damit zu den stärksten Standardwerten in Deutschland und Europa.

Seit dem Amtsantritt von Konzernchef Theodor Weimer Anfang 2018 beläuft sich das Plus auf mehr als 60 Prozent. Der Manager will den Konzern unabhängiger von den starken Schwankungen an den Aktienmärkten machen und daher unter anderem das Geschäft mit dem Devisenhandel oder Datendiensten ausbauen. Immer wieder betont er, dass Größe für den Erfolg von Börsenbetreibern sehr wichtig ist. Gleichzeitig bremst er aber die Erwartungen an große Übernahmen oder Fusion. Diese stünden nicht auf der Agenda. Rund um die Vorlage der Quartalszahlen gab es da keine Neuigkeiten.

Das hören Investoren gerne, schließlich scheiterten bisher alle Versuche eines großen Zusammenschlusses wie etwa mit der Londoner Börse. Die Notwendigkeit, die Richtung fundamental zu ändern oder das Ruder herumzureißen, gebe es nicht. Stattdessen bleibe Wachstum aus eigener Kraft eine Priorität. Wichtigste Sparte ist und bleibt aber erst einmal die Derivatebörse Eurex, an der sich Investoren gegen Kursschwankungen an den Finanzmärkten weltweit absichern können. Hier legten die Erlöse im zweiten Quartal um sechs Prozent auf knapp 272 Millionen Euro und der um Sondereffekte bereinigte Gewinn um vier Prozent auf 192 Millionen Euro zu.

Im Segment Xetra, in dem unter anderem der Aktienhandel läuft, setzte die Deutsche Börse im vergangenen Quartal 94 Millionen Euro um und damit 19 Prozent mehr als im Vorjahr. Das operative Ergebnis der Sparte legte um ein Viertel auf 60 Millionen Euro zu. Unter dem Strich ging der Gewinn konzernweit um vier Prozent auf 257 Millionen Euro zurück. Die etwas gestiegenen Wertminderungen gingen vor allem auf das Segment Qontigo, die Indexsparte des Unternehmens, zurück. Dieses Geschäft hatte die Deutsche Börse erst 2019 durch die Übernahme von Axioma gestärkt.

Finanzvorstand Gregor Pottmeyer zeigte sich mit dem Ergebnis zufrieden. "Auch in einem Umfeld mit leichtem zyklischem Gegenwind im zweiten Quartal konnten wir erneut unser geplantes strukturell bedingtes Nettoerlöswachstum erreichen", sagte er laut Mitteilung. "Um auch in Zukunft weiter aus eigener Kraft zu wachsen investieren wir nach wie vor verstärkt in organisches Wachstum, neue Technologien und Regulierungsanforderungen." Wie sich Weimer die mittelfristige Zukunft der Deutschen Börse vorstellt, will er bei einem Investorentag am 18. November bekanntgeben. Dieser war eigentlich für den Mai geplant, musste dann aber wegen der Corona-Pandemie verschoben werden./zb/he/fba

Quelle: dpa-Afx