KARLSRUHE (dpa-AFX) - Diesel-Kläger haben am Bundesgerichtshof (BGH) gleich in zwei Fragen einen Dämpfer bekommen. Die obersten Zivilrichterinnen und -richter in Karlsruhe entschieden am Donnerstag, dass Leasing-Kunden mit einem vom VW
Kein Geld zurück für Leasing-Kunden des VW-Konzerns
Beim Leasen kauft der Kunde das Auto nicht, sondern zahlt über einen vereinbarten Zeitraum monatliche Raten für die Nutzung, wie eine Miete. Hier sehen die Richter einen wichtigen Unterschied zum Kauf: Während ein gekauftes Auto unter Umständen gefahren werde, bis es schrottreif ist, habe die Fahrzeugnutzung beim Leasing "einen eigenen, grundsätzlich zeitraumbezogenen Wert".
Für den Senat gilt deshalb der Grundsatz: Wer seinen Diesel über den gesamten Leasing-Zeitraum "ohne wesentliche Einschränkung" nutzen konnte, hat keinen Anspruch auf Schadenersatz. Der Kunde habe einen Vorteil gehabt und dafür Raten gezahlt, beides wiege sich auf.
Eine Ausnahme wäre dem Urteil zufolge höchstens dann denkbar, wenn im Voraus fest vereinbart wurde, dass der Kunde oder die Kundin das Auto nach der Leasing-Zeit übernimmt. Das war hier aber nicht der Fall.
Volkswagen
Der Kläger, ein Mann aus dem Ostalbkreis in Baden-Württemberg, hatte seinen Audi mit dem Skandalmotor EA189 vier Jahre lang geleast und dann gekauft. Außer den Leasing-Raten wollte er den Kaufpreis zurück.
Das wäre nach der Karlsruher Rechtsprechung zum VW-Abgasskandal eigentlich auch möglich. Betroffene können ihr Auto zurückgeben, bekommen allerdings nicht den vollen Kaufpreis wieder. Abgezogen wird eine Nutzungsentschädigung für die gefahrenen Kilometer.
Das Problem hier: Der Mann hatte nicht die Konzernmutter VW, sondern die Tochter Audi verklagt. Und der Motor EA189 mit der illegalen Abgastechnik wurde zwar auch bei Audi eingesetzt, aber bei VW entwickelt. Für eine Verstrickung von Audi-Verantwortlichen in die Kundentäuschung fehlen dem BGH bisher hinreichende Anhaltspunkte. Der Kläger bekommt aber noch einmal die Möglichkeit, dazu am Stuttgarter Oberlandesgericht (OLG) Konkreteres vorzutragen.
Volkswagen hatte in Millionen Diesel-Autos heimlich eine Betrugssoftware eingesetzt, die in Behördentests verschleierte, dass eigentlich zu viele Schadstoffe ausgestoßen wurden. Seit Donnerstag müssen sich deshalb vier frühere Manager und Ingenieure in einem Strafprozess vor dem Landgericht Braunschweig verantworten.
Kein Schadenersatz wegen des Daimler-Thermofensters
Tausende Klägerinnen und Kläger werfen dem Stuttgarter Autobauer Daimler vor, in Diesel-Autos ebenfalls eine illegale Abschalteinrichtung verwendet zu haben - das "Thermofenster".
Die Technik, die auch von anderen Herstellern standardmäßig eingesetzt wurde, kommt bei der Abgasreinigung ins Spiel. Damit die Fahrzeuge weniger giftige Stickoxide ausstoßen, wird ein Teil der Abgase direkt im Motor verbrannt. Herrschen draußen kühlere Temperaturen, wird dieser Mechanismus automatisch gedrosselt. Die Hersteller sagen, das sei notwendig, um den Motor zu schützen.
Der BGH hatte sich schon mehrfach mit dem Thermofenster befasst und meint, dass der Vergleich mit VW hinkt. Die Betrugssoftware von VW schaltete auf dem Prüfstand in einen anderen Modus. Das Thermofenster dagegen arbeitet immer gleich - ob auf der Straße oder im Test.
Diesmal war ein anderer Senat am Zug, aber er bekräftigte frühere Entscheidungen, wonach Daimler nur wegen Verwendung der Technik nicht gleich Betrugsabsichten unterstellt werden können. Dafür müsste den Verantwortlichen nachzuweisen sein, dass sie die Behörden bewusst hinters Licht führen wollten. Konkrete Anhaltspunkte dafür wurden bisher nicht vorgebracht, auch nicht von den vier Autokäufern, deren Klagen jetzt abgewiesen wurden. Sie hatten in der Vorinstanz am OLG Koblenz behauptet, Daimler habe den Mechanismus exakt auf die Prüfbedingungen abgestimmt, um die Grenzwerte einhalten zu können. Dafür sahen die BGH-Richterinnen und -Richter aber keine Belege.
Daimler begrüßte die Entscheidung. Sie habe "Leitcharakter für Tausende von Gerichtsverfahren in Deutschland".
Der BGH-Anwalt der Kläger, Siegfried Mennemeyer, kritisierte, von den Verbrauchern würden Informationen verlangt, die sie gar nicht haben könnten. Es sei an der Zeit, ein Sachverständigen-Gutachten einzuholen. "Es muss doch mal Licht ins Dunkel kommen."/sem/DP/nas
Quelle: dpa-Afx