WEIMAR (dpa-AFX) - Es geht um sehr viel Geld: Seit Jahren streiten Thüringen und der börsennotierte Bergbaukonzern K+S
Über Stunden legte Richterin Barbara von Saldern Details aus Treuhandverträgen sowie Vereinbarungen zwischen Thüringen und dem Unternehmen auf den Tisch und stellte viele Fragen an die Streitparteien. Unter anderem ging es darum, ob es je eine verbindliche Kostenprognose für die unterirdischen Arbeiten gab. Die Crux: Erst die Treuhandanstalt und ab 1999 das Land Thüringen haben K+S von den Kosten für die Sicherungsarbeiten in bis zu 700 Meter Tiefe in den Gruben Merkers und Springen (Wartburgkreis) freigestellt, weil die Hohlräume und Umweltschäden noch durch den DDR-Kalibergbau entstanden.
Erstmals bei dem Rechtsstreit, der seit 2013 läuft, wurden nicht nur Vertreter von K+S und dem Land, sondern auch einer Treuhand-Nachfolgegesellschaft gehört. Prompt machte der Anwalt des Landes deutlich, dass auch der Bund ins Boot gehöre, um die Sicherungsarbeiten noch über viele Jahre finanzieren zu können. Thüringen wolle 30 Jahre nach der Wiedervereinigung nicht mehr allein dafür geradestehen.
"Thüringen geht davon aus, dass das Kosten der Einheit sind, die vom Bund und anteilig vom Land getragen werden", sagte der Anwalt. Dem Freistellungsvertrag bescheinigte er eine "Störung der Geschäftsgrundlage", weil die angenommenen Kosten von 409 Millionen Euro plus 20 Prozent längst überschritten seien. Nötig sei deshalb mindestens eine Vertragsanpassung. Die Anwälte des Kali-Konzerns zeigten sich gesprächsbereit, machten aber deutlich, dass sie auf die Zahlungen für die unterirdischen Arbeiten bestehen und Vertragstreue erwarten.
In dieser Haltung hatte sie das Verwaltungsgericht Meiningen mit einem Urteil von 2015 bestätigt. Danach darf Thüringen die Zahlungen nicht auf knapp eine halbe Milliarde Euro begrenzen und muss weiter zahlen - auf unabsehbare Zeit. Gegen die Entscheidung des Verwaltungsgerichts legte das Land Berufung ein.
Die Sicherungsarbeiten in den stillgelegten Gruben sind nötig, um riesige unterirdische Hohlräume aus DDR-Zeit zu stabilisieren und so Senkungen oder gar Bergschläge in der Region zu verhindern. Dabei kam es zu einer Kostenexplosion, weil in die Grube Springen Lauge eindringt und abgepumpt werden muss. Das Grubengebiet Merkers hat nach K+S-Angaben eine Ausdehnung, die mit der der Landeshauptstadt Erfurt vergleichbar ist.
Ein Sprecher des Umweltministeriums erklärte auf Anfrage, Thüringen überweise trotz des laufenden Verfahrens weiter die Kosten für die Sicherungsarbeiten in den beiden stillgelegten Gruben. "Wir zahlen unter Vorbehalt", sagte Ministeriumssprecher Tom Wetzling. Damit seien die Arbeitsplätze der Bergleute gesichert, die mit den Arbeiten beschäftigt sind. Im vergangenen Jahr seien dafür 16,4 Millionen Euro aus der Landeskasse überwiesen worden.
Nach Angaben des Sprechers flossen für Sicherungsarbeiten seit den 1990er Jahren bis August 2020 insgesamt etwa eine halbe Milliarde Euro an K+S. Thüringens Finanzministerium hatte vor einiger Zeit das finanzielle Risiko für den Landesetat in den nächsten Jahrzehnten auf 2,9 bis 3,6 Milliarden Euro geschätzt. Aber auch die juristische Auseinandersetzung ist teuer: Allein der verlorene Rechtsstreit vor dem Verwaltungsgericht Meiningen soll das Land etwa 775 000 Euro gekostet haben./rot/DP/fba
Quelle: dpa-Afx