BAD HOMBURG (dpa-AFX) - Fresenius-Chef Stephan Sturm verteidigt die aktuelle Aufstellung des Krankenhaus- und Medizinkonzerns. Spekulationen über einen möglichen Verkauf des Anteils am Dialyseanbieter Fresenius Medical Care (FMC) erteilte er am Freitag auf der nur digital veranstalteten Hauptversammlung eine Absage. "FMC gehört zum Kerngeschäft von Fresenius", betonte Sturm. Der Konzern plane derzeit nicht, seinen Anteil zu reduzieren.

Erst am Donnerstag hatte ein Bericht über eine mögliche Aufspaltung des Konzerns die Fresenius-Aktie an der Börse befeuert und das Papier auf den höchsten Stand seit Juli 2020 geschickt. Das "Manager Magazin" hatte ohne Quellen berichtet, der Konzern lote auf Druck seiner Großaktionärin, der Else Kröner-Fresenius-Stiftung, eine Aufspaltung aus. Als Kandidat für den möglichen Verkauf war in dem Bericht FMC genannt worden. Fresenius hält rund 32 Prozent an dem ebenfalls im Dax notierten Dialyseanbieter, kann das Unternehmen aber wegen der Rechtsform AG & Co. KGaA trotzdem kontrollieren und konsolidieren.

Tatsächlich sieht sich Sturm nach der geplatzten Übernahme des US-Generikaherstellers Akorn 2018, mehreren Gewinnwarnungen in den Folgejahren und auch angesichts des schwachen Kursverlaufs der Aktie schon länger Forderungen nach einer Aufspaltung des Konzerns gegenüber. Der Fresenius-Lenker hat sich bislang offiziell strikt hinter die aktuelle Konzernstruktur gestellt, aber auch deren Umbau nicht grundsätzlich ausgeschlossen.

Sollte Fresenius zu der Entscheidung kommen, "strukturelle Veränderungen" seien "nötig" und brächten uns "schneller zum Ziel", "dann werden wir unsere Optionen sehr gründlich bewerten", sagte Sturm in seiner Rede auf der Online-Hauptversammlung. "Zumindest bis auf weiteres halte ich aber unsere aktuelle Struktur für die richtige", ergänzte Sturm.

Mit den Aussagen verflogen auch vor dem Wochenende die Abspaltungsfantasien an der Börse. Am Freitagnachmittag notierten Fresenius-Anteile nahezu leicht tiefer auf gut 46 Euro, womit sie im freundlichen Dax einer der wenigen Verlierer waren. FMC-Titel rutschen um ein Prozent auf knapp 67 Euro ab.

Auch der scheidende Aufsichtsratsvorsitzende Gerd Krick verabschiedete sich auf der HV mit einem Bekenntnis zur aktuellen Konzernstruktur. Die vier Geschäftsbereiche des Konzerns mit der Klinikgesellschaft Helios, dem Dialysespezialisten FMC, dem Generika- und Infusionshersteller Kabi und der Service- und Projektgesellschaft Vamed bildeten die "Grundlage für den Erfolg und die weitere Entwicklung des Unternehmens", betonte Krick, der von 1992 bis 2003 Vorstandschef von Fresenius und seit 2003 Vorsitzender des Aufsichtsrats war.

Krick selbst, der zum Ehrenvorsitzenden des Aufsichtsrats ernannt wurde, stellte die Weichen etwa für die Gründung der Dialysetochter FMC und den Einstieg in das Krankenhausgeschäft. Neuer Aufsichtsratschef bei Fresenius ist der frühere Vorstandschef der DZ Bank, Wolfgang Kirsch.

Sturm äußerte sich auf der Veranstaltung auch zu dem im Frühjahr angekündigten Effizienzprogramm. Mit zahlreichen Maßnahmen will der Konzern seine Kosten senken und sein Ergebnis nach Steuern und Minderheitsanteilen bis 2023 um jährlich mindestens 100 Millionen Euro verbessern. Bislang haben die Bad Homburger hierzu jedoch nur wenig konkrete Details veröffentlicht, die Überprüfung der einzelnen Sparten läuft noch. "Im Wesentlichen wird es darum gehen, unsere bestehenden Strukturen und Geschäftsmodelle anzuschauen", bekräftigte Sturm.

Schon jetzt aber sei klar, dass sich etwa Beschaffungsprozesse noch optimieren ließen und Servicefunktionen stärker gebündelt werden könnten. Zudem plant Fresenius Kapazitätsanpassungen etwa in seinen deutschen Krankenhäusern, wo rund drei Prozent der Stellen im Ärztlichen Dienst wegfallen sollen, weil der Dax-Konzern im Gegenzug stärker auf ambulante Versorgung und Telemedizin setzen will. Sturm schloss in seiner Rede abermals die Trennung von einzelnen Bereichen oder Standorten nicht aus. "Das ist aber weder sicher. Noch ist es der Schwerpunkt. Es geht nicht um eine Verschlankung um der Verschlankung willen. Es geht um mehr Effizienz. Um eine größere Schlagkraft", so der Fresenius-Chef.

Wie ebenfalls bekannt wollen die Bad Homburger gleichzeitig Wachstumsfelder ausbauen. Dazu zählt der Konzern neben digitalen medizinischen Angeboten die Heimdialyse für Nierenpatienten, das Geschäft mit Kinderwunschkliniken sowie Nachahmermedikamente von Biotech-Arzneien (Biosimilars).

Kritik an den geplanten Einsparungen im Ärztlichen Dienst kam unterdessen von der Ärztegewerkschaft Marburger Bund. "Es ist zynisch, einerseits den beispiellosen Einsatz der Beschäftigten hervorzuheben, andererseits aber durch Personalabbau eben diese Beschäftigten massiv zusätzlich zu belasten", sagte die Vorsitzende des Marburger Bunds, Susanne Johna laut Mitteilung vom Freitag. Offensichtlich sei dem Konzern der Shareholder-Value wichtiger als eine für die Patientenversorgung angemessene Personalausstattung. "Den Preis für die Operation Rendite zahlen nicht nur die bei Helios beschäftigten Ärztinnen und Ärzte, sondern auch die Patienten, für deren Bedürfnisse dann noch weniger Zeit zur Verfügung steht."

Die Hauptversammlung verabschiedete ferner ein neues Vergütungssystem für den Vorstand. Künftig berücksichtigt es neben den finanziellen Kennzahlen auch Nachhaltigkeitsziele im Hinblick auf Umwelt, Soziales und Governance-Aspekte./tav/gl/he

Quelle: dpa-Afx