ESSEN (dpa-AFX) - Sinkende Stahlpreise im Handelsgeschäft haben dem Industriekonzern Thyssenkrupp im ersten Quartal einen Ergebnisrückgang eingebrockt. Verbesserungen in den anderen Bereichen wie dem klassischen Stahlgeschäft, der Automobilzulieferung oder Marine Systems konnten die Rückgänge nicht ausgleichen. Für das zweite Quartal bleibt Thyssenkrupp vorsichtig, auch, weil in der Stahlsparte Kundenverträge neu verhandelt wurden. Die Jahresprognose bekräftigte Thyssenkrupp und geht für 2022/23 (per Ende September) von einem deutlich niedrigeren Ergebnis aus.

Trotz einem insgesamt besser als befürchtet ausgefallenem Ergebnis verlor die Aktie am Dienstag am späten Vormittag über acht Prozent. Damit war das Papier der größte Verlierer des Mittelwertesegments MDax . Analyst Christian Obst von der Baader Bank bezeichnete den Jahresstart zwar als "solide". Jedoch gehe der Konzern von einem schwächeren Ergebnis und einem weiter negativen Barmittelfluss im zweiten Quartal aus. Mit einer starken Erholung rechne Thyssenkrupp hingegen in der zweiten Jahreshälfte. Auch Analyst Dominic O'Kane von JPMorgan monierte, dass das operative Ergebnis im zweiten Quartal im Vergleich zu den ersten drei Monaten sinken dürfte. Der Barmittelfluss dürfte in etwa auf dem Niveau des Vorquartals verharren.

Das bereinigte operative Ergebnis (Ebit) ging in den drei Monaten bis Ende Dezember um ein Drittel auf 254 Millionen Euro zurück, wie das Unternehmen am Dienstag in Essen mitteilte. Das war deutlich mehr als von Analysten erwartet. Unter dem Strich verdiente Thyssen mit 75 Millionen Euro 29 Prozent weniger. Neben dem schwächeren Ergebnis im Handelsgeschäft wirkte sich der Verkauf von Randbereichen aus, wie etwa das Bergbaugeschäft.

So verdiente Thyssenkrupp im Stahlhandel erheblich weniger als ein Jahr zuvor, als dieser dank des Preisbooms noch den Löwenanteil zum operativen Ergebnis beigetragen hatte. Kunden hätten zunächst Lagerbestände abgebaut, erklärte Finanzchef Klaus Keysberg in einer Telefonkonferenz. Seit Beginn des Jahres sehe das Unternehmen wieder steigende Spotpreise, was auf erste Anzeichen eines erneuten Aufbaus der Bestände deute. Stark gestiegene Kosten sorgten zudem für schwächere Ergebnisse im Geschäft mit Industriekomponenten.

Das klassische Stahlgeschäft hingegen konnte sein Ergebnis trotz deutlich höherer Rohstoff- und Energiekosten sowie rekordniedriger Auslieferungen verbessern. Hier wirkten längerfristige Verträge noch positiv, sodass der Bereich nur geringfügig von den niedrigeren Spotmarktpreisen betroffen war. Dies dürfte sich jedoch im zweiten Quartal ändern, da Verträge neu verhandelt worden seien, die Kosten aber weiterhin hoch blieben. Thyssenkrupp geht daher davon aus, dass das zweite Quartal durch die Preisneuverhandlungen negativ geprägt werden wird.

Dazu profitierte die Stahlsparte von einem Sondereffekt - die Neubewertung von CO2-Zertifikaten, die 80 Millionen Euro zum Stahlergebnis beitrugen. Rechne man dies heraus, würde das Ergebnis der Stahlsparte unter der Konsenserwartung der Analysten liegen, relativierte JPMorgan-Experte O'Kane die Ergebnisentwicklung des Bereichs.

Der Konzernumsatz lag im ersten Geschäftsquartal mit neun Milliarden Euro auf Vorjahresniveau. Der Auftragseingang ging um zwölf Prozent auf knapp 9,2 Milliarden Euro zurück. Dagegen verbesserte sich der bei Analysten viel beachtete Mittelfluss vor Fusionen und Übernahmen deutlich, blieb aber negativ.

Die Prognose für das Geschäftsjahr 2022/23 bekräftigte Thyssenkrupp und rechnet weiter mit einem bereinigten operativen Ergebnis im mittleren bis hohen dreistelligen Millionen-Euro Bereich - nach 2,1 Milliarden Euro im Vorjahr. Den Jahresüberschuss sieht das Management weiterhin "mindestens" ausgeglichen. "Und wir setzen alles daran, unser Cashflow-Ziel im laufenden Geschäftsjahr zu erreichen", sagte Finanzvorstand Keysberg. Dieser soll vor Fusionen und Übernahmen ebenfalls "mindestens" ausgeglichen sein./nas/lew/jha/

Quelle: dpa-Afx