HANNOVER (dpa-AFX) - Der Rückversicherer Hannover Rück
Für die Hannover-Rück-Aktie ging es nach den Neuigkeiten vom Donnerstag abwärts. Am Nachmittag lag das Papier zuletzt mit rund anderthalb Prozent im Minus und gehörte damit zu den schwächsten Titeln im Dax
Branchenexperte Derald Goh von der kanadischen Bank RBC bemängelte die Entwicklung im Schaden- und Unfallgeschäft. Dort habe der Konzern schwächer abgeschnitten als gedacht, in der Personen-Rückversicherung hingegen besser.
So hatte Hannover Rück im vergangenen Jahr hohe Belastungen durch Naturkatastrophen, den Ukraine-Krieg und die Corona-Pandemie mit höheren Gewinnen aus Kapitalanlagen und einem Gewinnsprung in der Personen-Rückversicherung wettgemacht. Die Brutto-Prämieneinnahmen stiegen auch dank günstiger Währungskurse um ein Fünftel auf 33,3 Milliarden Euro. Währungsbereinigt lag der Anstieg bei knapp 13 Prozent.
Allerdings reichten die Prämieneinnahmen im Schaden- und Unfallgeschäft nur gerade so aus, um die Aufwendungen für Schäden, Verwaltung und Vertrieb zu decken. Die kombinierte Schaden-Kosten-Quote verschlechterte sich von 97,7 auf 99,8 Prozent und lag damit nur knapp unter der kritischen 100-Prozent-Marke. So hätten die Großschäden mit 1,7 Milliarden Euro bereits das sechste Jahr in Folge höher gelegen als veranschlagt, sagte Vorstandsmitglied Michael Pickel.
Besonders kräftig schlugen die Zerstörungen durch Hurrikan "Ian" bei Hannover Rück mit 322 Millionen Euro zu Buche. Die Überschwemmungen in Australien kosteten den Konzern 233 Millionen Euro, und für erwartete Spätschäden durch den russischen Angriffskrieg in der Ukraine legte der Rückversicherer 331 Millionen Euro zur Seite. Dabei sind bereits solche Schäden herausgerechnet, die Hannover Rück wiederum bei anderen Unternehmen rückversichert oder an Anleger am Kapitalmarkt abgegeben hat.
Während der Gewinn im Schaden- und Unfallgeschäft um knapp ein Fünftel auf 880 Millionen Euro zurückging, erzielte die Personen-Rückversicherung einen Rekordgewinn von 588 Millionen Euro und damit rund dreimal so viel ab wie im Vorjahr. Denn 2022 halbierten sich die Belastungen durch die Corona-Pandemie in dieser Sparte in etwa von 582 Millionen auf 276 Millionen Euro.
Die Aktionäre sollen mit einer höheren Dividende an dem Erfolg teilhaben. Die Ausschüttung für 2022 soll von 5,75 auf 6 Euro je Aktie steigen. Dabei klettert die Basisdividende von 4,50 auf 5 Euro, die Sonderdividende sinkt hingegen von 1,25 auf 1 Euro. Damit können sich die Anteilseigner auch künftig auf eher höhere Ausschüttungen einstellen, da Hannover Rück die Basisdividende nie kürzen will. Hauptprofiteur ist Mehrheitsaktionär Talanx.
Angesichts des schweren Erdbebens in der Türkei und in Syrien stell sich bei Talanx und Hannover Rück bereits die erste hohe Belastung des neuen Jahres ein. Hannover Rück rechnet für ihr Geschäft mit einem Nettoschaden von etwa 200 Millionen Euro, wie deren Vorstandsmitglied Michael Pickel in einer Telefonkonferenz mit Journalisten sagte. Bei Talanx kommen noch Schäden aus der HDI-Erstversicherung hinzu. Diese dürften netto einen mittleren zweistelligen Millionenbetrag erreichen, sagte ein Sprecher.
Insgesamt dürften die Zerstörungen durch das Beben die Versicherungsbranche nach Einschätzung von Hannover Rück etwa 3,5 bis 4 Milliarden Euro kosten. Die gesamtwirtschaftlichen Schäden gingen aber voraussichtlich weit über dieses Maß hinaus, sagte Vorstandschef Jean-Jacques Henchoz.
Erst am Dienstag hatte die Vertreterin des UN-Entwicklungsprogramms (UNDP) in der Türkei, Louisa Vinton, die Schäden durch das Beben allein in dem Land auf mehr als 100 Milliarden US-Dollar (etwa 95 Mrd Euro) beziffert. An der Schätzung hätten unter anderem die Weltbank, UNDP und die EU mitgewirkt. Der weltgrößte Rückversicherer Munich Re
Bei dem Erdbeben Anfang Februar waren mehr als 50 000 Menschen in beiden Ländern ums Leben gekommen und Millionen obdachlos geworden. Allein gut 46 000 starben in der Türkei. Auch in Nordsyrien sind die Schäden erheblich./stw/ngu/he
Quelle: dpa-Afx