LEVERKUSEN (dpa-AFX) - Hohe Kosten und negative Wechselkurseffekte machen dem Argarchemie- und Pharmakonzern Bayer
Für bis zu zwei Milliarden US-Dollar übernimmt der deutsche Konzern das auf die Analyse krankmachender Proteine spezialisierte US-Biotechunternehmen Vividion Therapeutics. Dieses forscht an Wegen, um krankheitsauslösende Eiweiße mit Medikamenten angehen zu können, für die es bisher keine Behandlungsmöglichkeiten gibt. Dazu zählen bestimmte Krebsarten und immunologische Erkrankungen wie etwa der Reizdarm.
Bayer hatte bereits zuletzt einiges Geld für Akquisitionen ausgegeben, die die Perspektiven der Pharmasparte stärken sollen. So baute das Unternehmen unlängst eine Plattform für die Entwicklung von Gen- und Zelltherapien auf. Neben neuen Krebsmedikamenten und Herz-Kreislauf-Mitteln soll das helfen, das Wachstum nach der 2024 erwarteten Umsatzdelle wieder anzutreiben. So werden in verschiedenen Ländern nach und nach die Patente für den Gerinnungshemmer Xarelto und das Augenmedikament Eylea auslaufen.
Die beiden Kassenschlager legten im abgelaufenen zweiten Quartal deutlich zu. Insgesamt wuchs die Pharmasparte im Jahresvergleich um fast 13 Prozent auf 4,5 Milliarden Euro. Allerdings hatte sie vor einem Jahr die Corona-Pandemie zu spüren bekommen - viele Menschen hatten den Gang zum Arzt gescheut. Auch das Geschäft rund um rezeptfreie Medikamente der Sparte Consumer Health wuchs deutlich.
Im Agrargeschäft ging es von April und Juni mit einem Plus von 4,6 Prozent auf gut 5 Milliarden Euro nicht ganz so stark nach oben. Hier bekam Bayer negative Wechselkurseffekte besonders deutlich zu spüren. Insgesamt profitierte das Unternehmen aber von einer guten Nachfrage nach Mais- und Sojasaat sowie nach Unkrautvernichtern und Fungiziden.
Der Umsatz des Bayer-Konzerns wuchs im zweiten Quartal um acht Prozent auf knapp 10,9 Milliarden Euro. Negative Wechselkurseffekte sowie Zu- und Verkäufe von Unternehmensteilen herausgerechnet entspricht das einem Plus von fast 13 Prozent.
Allerdings konnte Bayer die Umsatzentwicklung gewinnseitig nicht ummünzen: höhere Herstellungskosten in der Agrarsparte, Rückstellungen für variable Vergütungsbestandteile der Mitarbeiter und Währungseffekte belasteten. Der operative Gewinn (bereinigtes Ebitda) fiel daher um rund elf Prozent auf knapp 2,6 Milliarden Euro und damit stärker als von Analysten im Durchschnitt erwartet.
Für die Aktien von Bayer ging es daraufhin am Donnerstagvormittag als abgeschlagenes Schlusslicht im Dax um bis zu sechs Prozent auf rund 47 Euro abwärts. Für 2021 steht nun wieder ein Minus auf dem Kurszettel, nachdem die Aktie im vergangenen Jahr bereits ein Drittel an Wert verloren hatte. Im Mai hatten sich die Papiere noch bis auf gut 57 Euro erholt. Seither stehen sie aber unter Druck, vor allem weil es nach wie vor keine Lösung im Rechtsstreit um angebliche Krebsrisiken glyphosathaltiger Unkrautvernichter gibt.
Erst Ende Juni hatte Bayer-Chef Werner Baumann eine zusätzliche Risikovorsorge in Höhe von brutto 4,5 Milliarden US-Dollar (3,8 Milliarden Euro) vor Steuern und Abzinsung bekannt gegeben. Der Schritt erfolgte als Vorsorge, sollte der Supreme Court als oberstes US-Gericht einen wegweisenden Glyphosat-Fall entweder nicht zur Verhandlung annehmen oder im Sinne des Klägers urteilen. Denn dann will Bayer ein eigenes Programm aufsetzen, um mit weiteren Klagen in der Causa Glyphosat umzugehen. Eine Entscheidung des Supreme Court wird im kommenden Jahr erwartet.
Das Management von Bayer versucht mit dem Schritt perspektivisch einen Schlussstrich unter den milliardenteuren Rechtsstreit zu ziehen, für den Bayer nun insgesamt schon mehr als 15 Milliarden Dollar vorsieht. Unter dem Strich stand wegen erneuter Rückstellungen im abgelaufen zweiten Quartal sogar ein Verlust von gut 2,3 Milliarden Euro. Derweil gibt sich Konzernchef Baumann mit Blick auf die Umsatzentwicklung im laufenden Jahr nun zuversichtlicher. Er stellt etwa 44 Milliarden Euro in Aussicht nach bisher bestenfalls 43 Milliarden. Allerdings sind hierbei Wechselkurseffekte ausgeklammert, inklusive derer das Dax-Unternehmen laut Mitteilung vom Donnerstag Erlöse von 43 Milliarden Euro erwartet.
Als operatives Ergebnis (bereinigtes Ebitda) sollen von den 44 Milliarden Euro rund 26 Prozent hängen bleiben und damit ein Prozentpunkt weniger als bislang kalkuliert. Das würde für das Gesamtjahr einen operativen Gewinn von 11,2 bis 11,5 Milliarden Euro bedeuten und damit trotz aufgehellter Umsatzperspektiven nur so viel wie bisher in Aussicht gestellt./mis/mne/zb
Quelle: dpa-Afx