MÜNCHEN (dpa-AFX) - Bundesbauministerin Klara Geywitz (SPD) wird am Montag zur Eröffnung der internationalen BAU-Messe (11.00) in München erwartet. Die Branche leidet unter gestiegenen Baukosten, steigenden Zinsen und Fachkräftemangel. Laut Ifo-Institut gibt es eine wachsende Stornierungswelle, jeder vierte Wohnungsbaubetrieb berichtete von zu wenig Aufträgen. Laut Statistischem Bundesamt wurden zu Beginn des Jahres 26 Prozent weniger Baugenehmigungen für neue Wohnungen erteilt als vor einem Jahr. Ein Thema auf der Messe dürfte auch das umstrittene Verbot neuer Öl- und Gasheizungen ab kommendem Jahr werden. Branchenvertreter hatten vor einer Klimapolitik mit der Brechstange gewarnt.
Das Pestel-Institut präsentiert auf der Messe eine Studie über "Graue Wohnungsnot". Deutschland werde alt und ärmer. "Wenn die Wohnkosten - auch durch die notwendigen Klimaschutzmaßnahmen - weiter wie im Tempo der letzten Jahre steigen, werden viele Senioren, die damit heute längst noch nicht rechnen, ihren Konsum einschränken müssen", sagte Institutsleiter Matthias Günther. Die Zahl der Senioren, die auf Sozialhilfe angewiesen sind, werde in den kommenden 15 Jahren deutlich steigen. Die Konsequenz wären eigentlich Umzüge in kleinere, günstigere Wohnungen. Aber "Seniorenwohnungen sind Mangelware Nummer eins", sagte Günther. Beim altersgerechten Umbau und Neubau passiere zu wenig.
Die Studie "Wohnen im Alter" hat das Pestel-Institut im Auftrag des Bundesverbandes Baustoff-Fachhandel (BDB) erstellt. BDB-Präsidentin Katharina Metzger sagte vor der Messe, statt Wohnhäuser erst für den Klimaschutz, dann fürs Seniorenwohnen zu sanieren, müsse beides gekoppelt werden. Die Bundesregierung konzentriere sich stark auf den Klimaschutz. Das seniorengerechte Bauen und Sanieren drohe dabei in Vergessenheit zu geraten.
Nach Einschätzung von Bauexperten könnten mit einer stärker industrialisierten Bauweise Wohnhäuser deutlich schneller und mit geringeren Kosten errichtet werden. Der Hebel dafür sei das Bauen in Serie mit vorgefertigten Bauteilen und digitaler Prozessoptimierung, heißt es in einer Studie der Strategieberatung EY-Parthenon und des Baywa-Konzerns
"Das Bauen der Zukunft muss deutlich digitaler, standardisierter und damit kosteneffizienter werden", sagt BayWa-Manager Steffen Mechter. "Indem wir jedes Gebäude wie bisher von Grund auf neu planen und neu bauen, verschwenden wir vorhandene Ressourcen."
Kaum eine Branche unterliege so strengen gesetzlichen Vorgaben wie die deutsche Baubranche. Zudem seien sehr viele Akteure und Gewerke an einem Bauprojekt beteiligt und fast jedes Gebäude ein individuelles Einzelstück. Der wirkungsvollste Hebel für mehr Produktivität ist laut Studie die industrielle Vorfertigung.
Wenn Arbeitsschritte von der Baustelle in eine Fabrik verlagert würden, würde das Bauen unabhängiger vom Wetter, einfacher und schneller. Das reiche vom Einsatz vormontierter Baugruppen bis zu technisch komplett ausgestatteten Raummodulen. Bei einem Mehrfamilienhaus mit 25 Wohnungen etwa ließen sich so 15 Prozent der Kosten sparen, sagte Björn Reineke, Unternehmensberater bei EY-Parthenon. Die Verlagerung eines Teils der Wertschöpfung in die Werkshalle könne die Bauzeit um 30 Prozent verkürzen./rol/DP/zb
Quelle: dpa-Afx