DARMSTADT (dpa-AFX) - Die Software AG
Das Papier verlor nach Handelsstart am Vormittag 9,1 Prozent auf 35,16 Euro. Die Nachrichtenagentur Bloomberg hatte kürzlich berichtet, die Software AG prüfe derzeit die Optionen am Kapitalmarkt, darunter auch einen Verkauf. Die Spekulation um ein mögliches Übernahmeangebot hatte dem Kurs mehrfach Schwung verliehen. Nun bezeichnete ein Händler die strategische Kooperation als "eher enttäuschend".
DZ-Bank-Analyst Armin Kremser rechnete in einer ersten Einschätzung mit Gewinnmitnahmen bei der Aktie. Die Suche nach Übernahmezielen durch die Software AG selbst dürfte sich schwierig gestalten. Der Experte empfiehlt weiterhin den Verkauf der Aktie. Florian Treisch von Oddo BHF hingegen sprach von einer positiven Überraschung, auch durch die Neubesetzung der Aufsichtsratsspitze.
Silver Lake wird der Mitteilung vom Montagabend zufolge Wandelschuldverschreibungen des Unternehmens zeichnen, die für rund 10 Prozent des derzeit ausgegebenen Grundkapitals stehen. Das Investment sei Teil einer strategischen Partnerschaft, die das Wachstum des Unternehmens im Rahmen der von Vorstandschef Sanjay Brahmawar initiierten Strategie beschleunigen soll.
Ziel sei es, die nächste Phase der "Helix" genannten Strategie einzuläuten, sagte Finanzchef Matthias Heiden im Gespräch mit der Finanz-Nachrichtenagentur dpa-AFX. "Wir wollen weiter investieren und das Wachstum unserer cloudfähigen Produkte beschleunigen - da haben wir auch schon erfolgreich gearbeitet im ersten Teil des Umbaus. Das Wachstum zeigt sich ja schon im Produktumsatz", sagte der Manager. "Außerdem wollen wir Nordamerika als Absatzmarkt weiter stärken."
Die Partnerschaft mit Silver Lake wird auch von der Software-AG-Stiftung von Unternehmensgründer Peter Schnell mitgetragen, die mit über 30 Prozent der größte Aktionär bei den Darmstädtern ist. "Wir freuen uns, dass das Team bei der weiteren Transformation des Unternehmens hin zu nachhaltigem, profitablem Wachstum mitwirken wird", sagte Schnell laut Mitteilung. Die Stiftung habe die Strategie von Brahmawar von Beginn an unterstützt und stehe weiter voll dahinter.
Im Zuge der Partnerschaft räumt man den US-Investoren sogar Plätze im Aufsichtsrat frei. Aufsichtsratschef Karl-Heinz Streibich (69), der bis 2018 das Unternehmen 15 Jahre lang als Vorstandschef geführt hatte, und der Prüfungsausschussvorsitzende Ralf Dieter legen ihre Ämter Ende Januar nieder. Übernehmen sollen der Silver-Lake-Europamanager Christian Lucas und Jim Whitehurst, der früher Chef des Softwareherstellers Red Hat war. Lucas soll zum Vorsitzenden des Kontrollgremiums gewählt werden.
"Mit Silver Lake als unserem Partner begrüßen wir einen weltweit führenden Technologieinvestor, der nachweislich das Wachstum von Softwareunternehmen vorantreibt und dabei Wert schafft", sagte Software-AG-Chef Brahmawar. Der Belgier steht seit gut drei Jahren an der Spitze des Managements, die er von Streibich übernommen hatte. Er war geholt worden, um das Unternehmen wieder auf Wachstumskurs zu bringen. Derzeit steckt der Spezialist für IT-Integrations- und Datenbanksoftware noch im Umbau. Die hohen Wachstumsinvestitionen belasten die Profitabilität.
Ob das mit dem Einstieg von Silver Lake auch weiter der Fall sein wird, wollte Finanzchef Heiden noch nicht verraten. "Heute ist nicht der Zeitpunkt darüber zu spekulieren, wie sich die Finanzkennzahlen im nächsten Jahr konkret entwickeln", sagte Heiden. "Jetzt geht es erst einmal darum, das vierte Quartal sauber zu Ende zu bringen und den Investor Anfang kommenden Jahres an Bord zu bringen." Dann werde man mit Silver Lake auch die nächsten Schritte zur Umsetzung der Strategie erarbeiten.
Dazu hatte das Unternehmen auch bisher schon Zukäufe ins Auge gefasst. "Das erarbeitete Akquisitionsprogramm wollen wir mit den zusätzlichen Investitionen nun umsetzen", sagte Heiden. "Wir stärken mit den Mitteln die ohnehin schon starke Bilanz, werden aber auch nochmal flexibler und widerstandsfähiger. Wie groß Zukäufe ausfallen, dazu möchte ich aktuell nicht spekulieren", sagte der Manager. Mit Silver Lake als Investor bekomme man auch Zugang zu dessen Netzwerk.
Rund ein Jahrzehnt lang war die Software AG kaum gewachsen - ungewöhnlich für die Softwarebranche und für einen Anbieter, der von der zunehmenden Digitalisierung der Wirtschaft profitieren können sollte. Das Unternehmen ist mit Datenbanksoftware für Großrechner groß geworden, hat sich aber mittlerweile auf Integrationssoftware spezialisiert, die in Unternehmen verschiedene IT-Systeme miteinander verzahnen soll. Das Unternehmen setzt darauf, dass die Nachfrage nach solchen Produkten nachhaltig anzieht.
Die Software AG hat aber fast schon traditionell Probleme, ihren eingeschlagenen Kurs auch mit entsprechenden Geschäftszahlen zu untermauern. Oft schwankt der Aktienkurs nach Zwischenberichten oder Prognoseänderungen stark - das hat sich auch unter Brahmawar bis dato nicht nachhaltig geändert. Das Geschäft war in der Vergangenheit recht vertriebslastig und projektabhängig. Bekamen größere Deals aus der Vertragspipeline nicht rechtzeitig vor Quartalsende eine Unterschrift des Kunden, hatte das oft Enttäuschungen bei Börsianern zur Folge.
Unter anderem deshalb baut das Management das Geschäftsmodell auch auf das in der Branche zum Standard gewordene Abonnement-Modell um. Das soll die Einnahmen verstetigen und für eine höhere Kundenbindung sorgen. Weil große Einmalbeträge aus Softwareverkäufen fehlen, sorgt das zunächst für Belastungen beim Umsatz - soll sich aber mittelfristig in mehr Wachstum und Gewinn auszahlen./men/mis/stk
Quelle: dpa-Afx